Legida-Bündnis zieht nur 650 Anhänger an / Gegendemonstranten laufen über den kompletten Ring
Von Klaus Staeubert, Jens Rometsch und Sabine Kreuz
Der fünfte Auftritt von Legida-Anhängern in Leipzig ist gestern Abend
ruhig verlaufen. Nach Behördenangaben konnte das islamkritische Bündnis
650 Leute auf dem Platz vor der Oper versammeln. Eine von Legida
angemeldete Demo auf dem Ring war von der Stadt hingegen aus
Sicherheitsgründen untersagt worden, Gerichte bestätigten diese
Entscheidung gestern. Fünf Gegendemonstrationen brachten es Augenzeugen
zufolge auf 2000 Menschen.
Mit dem 18-Uhr-Glockenschlag der Nikolaikirche setzte sich nach dem
Friedensgebet, an dem 350 Menschen teilnahmen, ein Demonstrationszug für
ein weltoffenes Leipzig vom Nikolaikirchhof über die Reichsstraße auf
den Innenstadtring in Bewegung. Zuvor war durch die Nikolaistraße
bereits das studentische Bündnis "Legida? Läuft nicht!" mit 300 bis 400
Teilnehmern gezogen. Eine halbe Stunde später liefen die
No-Legida-Sympathisanten am Augustusplatz vorbei. Es gab keinerlei
Auseinandersetzungen mit den dort versammelten Legida-Anhängern, die von
der Polizei abgeschirmt wurden. "Es ist wichtig, Montag für Montag zu
zeigen, dass es in Leipzig ausreichend Menschen gibt, die sich für eine
weltoffene Stadt der Vielfalt einsetzen", sagte der evangelische
Superintendent Martin Henker, der den Demonstrationszug anführte. Mit
ihm zogen schätzungsweise 600 bis 800 Menschen über den Ring. Sie trugen
Kerzen und Transparente, viele mit der Aufschrift "Courage zeigen".
Die Gegendemonstranten zogen einmal komplett um den Ring und hielten am
Richard-Wagner-Platz ihre Abschlusskundgebung ab. Frank Kimmerle vom
Bündnis 8. Mai sagte, es sei wichtig, "dass die Symbole der Friedlichen
Revolution - das Friedensgebet, die Nikolaikirche, der Ring und der
Montag - in den Händen derer bleiben, die für ein Leipzig der
Willkommenskultur stehen". Superintendent Henker lud zum Ende der
Veranstaltung für nächsten Montag erneut ein. Der Verkehr auf dem Ring
lief mehr oder weniger reibungslos, die Polizei sperrte ihn
abschnittsweise ab. Auch die Straßenbahnen fuhren.
Auf dem Augustusplatz trafen kurz vor 19 Uhr - von Polizisten vom
Hauptbahnhof aus über die Goethestraße begleitet - weitere
Legida-Anhänger ein, darunter viele Hooligans und Auswärtige. Eine halbe
Stunde später sprach der Chef des Anti-Islam-Bündnisses, Silvio Rösler.
Er hielt unter anderem eine kurze Ansprache auf Russisch, machte für
die Probleme zwischen Russen und Ukrainern die USA verantwortlich. "Ami,
go home", schallte es aus der Anhängerschaft. Röslers neuer Vize Markus
Johnke, eigenen Angaben zufolge Discjockey und Internethändler,
erklärte, dass Legida seit gestern ein eingetragener Verein sei. Im
Anschluss wurden die so genannten "Dresdner Thesen" verlesen.
Derweil zogen auf der anderen Seite des Augustusplatzes 300 Anhänger
der Satire-Partei "Die Partei" eine skurril-schräge Demonstration durch.
So gab es eine Ansprache auf Tschechisch. Direkt am Polizeikordon, der
in der Mitte des Augustusplatzes verlief, versammelten sich etwa 700
No-Legida-Sympathisanten. Sie versuchten lautstark, die Kundgebung vor
der Oper zu stören. Die Versammlungsbehörde sprach am späten Abend von
insgesamt nur 600 Legida-Gegnern.
Die Bundespolizei überwachte mit 300 Beamten Bahnanlagen in und um
Leipzig. "Bei der An- und Abreise der Demonstranten gab es keinerlei
Vorkommnisse", sagte Sprecher Jens Damrau. Das Konzept, insbesondere
Haltepunkte, Streckenabschnitte und den Hauptbahnhof ins Visier zu
nehmen, sei aufgegangen. Bei zwei vorangegangenen Legida-Demos war es zu
Anschlägen auf Bahnanlagen gekommen. Bis Redaktionsschluss blieben laut
Polizeisprecherin Katharina Geyer befürchtete Krawalle aus. Die
Ordnungshüter waren mit 15 Hundertschaften im Einsatz, nahmen sieben
Strafanzeigen wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verstößen
gegen das Versammlungsgesetz auf. Bereits in der Nacht zum Montag war
auf den Volvo des Legida-Rechtsanwaltes in Grimma ein Anschlag verübt
worden. Unbekannte hatten Seiten-Scheiben eingeschlagen, die
Frontscheibe mit brauner Farbe beschmiert, das Kennzeichen abgerissen.