Ulbig: Leipziger Demo-Verbot war überzogen

Erstveröffentlicht: 
11.02.2015

Minister kritisiert OBM Jung und Polizeichef Merbitz

Von Jürgen Kochinke


Dresden. Tagelang hat er geschwiegen und seinen Pressesprecher nach vorne geschickt, jetzt aber nahm Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) erstmals Stellung zum umstrittenen Leipziger Demo-Verbot. Tenor: Jene 1000 Polizisten, die am Montagabend zur Verfügung standen, hätten die Legida-Kundgebung samt Gegen-Demos absichern können. "Das ist eine ganze Menge Holz", meinte Ulbig und wurde prinzipiell: "Es kann doch nicht sein, dass wir das Recht auf Versammlungsfreiheit nur noch dann gewährleisten, wenn wir 3000 oder 4000 Bereitschaftspolizisten zur Verfügung haben." Das ist genau die Größenordnung, die der Leipziger Polizeichef Bernd Merbitz gefordert, aber nicht erhalten hatte.


Was Ulbig damit durch die Blume sagt, ist eindeutig. Die Lageeinschätzung von Merbitz war überzogen, weniger Sicherheitskräfte hätten es auch getan. Allerdings zählte er auch OBM Burkhard Jung (SPD) gleich mit an. Die Stadt habe als Genehmigungsbehörde ihren "Gestaltungsauftrag" nicht erfüllt und sofort den Legida-Auftritt verboten, statt diesen mit entsprechenden Auflagen zu entschärfen. Darüber hinaus sei das Ganze "einseitig" gewesen, weil nur Legida verboten worden sei.


Auch wenn Ulbig gestern mit hochrotem Kopf versuchte, kein weiteres Öl ins Feuer zu gießen, so zeigt sich doch, dass das Schwarze-Peter-Spiel weitergeht. Eine Seite schiebt der anderen die Schuld zu, und Parteipolitik sowie Wahlkampf kommen auch mit hinzu. Schließlich hatte Jung von "Polizei-Notstand" gesprochen, was in der CDU für Empörung sorgte; und zur Wahl in Dresden tritt Ulbig gegen SPD-Ministerin Eva-Maria Stange an. Zudem hatten nach dem Demo-Verbot in Dresden alle Seiten bis hin zu Regierungschef Stanislaw Tillich (CDU) von einem "Einzelfall" gesprochen, der sich nicht alle paar Wochen wiederholen dürfe.


Wie sehr es derzeit im Innenbereich klemmt, demonstriert auch eine weitere Facette. Ganz offenbar war selbst Christian Hartmann, CDU-Innenexperte im Landtag, vom eigenen Ministerium nicht ausreichend informiert worden. So musste Hartmann eine Mitteilung vom Wochenende mit einer herben Attacke gegen Jung korrigieren, nachdem bekannt geworden war, dass Jung sein Verbot auf die Lageeinschätzung von Merbitz gestützt hatte. Pointe: Hartmann ist zugleich CDU-Kreischef in jener Stadt, in der Ulbig Stadtoberhaupt werden will.