Kurdische Studenten zeigen in Rojava Plakate gegen Legida Die Union kurdischer Studierender in Deutschland und Syrien zeigt mit einer Plakataktion, was sie von Legida halten. Und das ziemlich deutlich.
»Legida, keiner von uns geht freiwillig nach Deutschland, das könnt ihr uns glauben«, steht auf einem Plakat, das von einem Mann hochgehalten wird. In bunter Schrift, unterzeichnet mit Rojava – Qamishlo – UKSSD. Ein deutliches Statement an Legida und gegen die rassistische Mobilisierung der vergangenen Monate. Auf weiteren Plakaten heißt es in ähnlich deutlichem Ton: »Ganz ehrlich Legida, was soll der Scheiß? Wir kämpfen für unsere Rechte, ihr nur gegen die Rechte anderer« oder »Wir kämpfen gegen IS. Legida sind scheiß Rassisten. Lasst die Flüchtlinge in Ruhe!«
Die Frauen und Männer, die die Plakate präsentieren, sind Menschen, die in den umkämpften kurdischen Gebieten von Rojava leben und sich seit Monaten gegen die Angriffe des Islamischen Staates verteidigen müssen. Initiiert wurde die Aktion von der Union kurdischer Studierender in Syrien und Deutschland (UKSSD), die sich 2012 zunächst in Syrien, 2013 dann auch in Deutschland gründete. Die UKSS in Syrien ist ein Verein unabhängiger syrischer und kurdischer Studierender, deren Ziel »ein freies und würdevolles Leben sowie die Rechte von SchülerInnen und StudentInnen« ist, wie es auf der Homepage heißt. Der deutsche Ableger, eine Vereinigung aus kurdischen und deutschen Studierenden, gründete sich daraufhin in Leipzig. Seitdem sind die Aktivisten in regem Austausch, organisieren Spendencafés, Infoveranstaltungen, Workshops. Aktuell werden Spenden für die Durchführung therapeutischer Workshops für kriegstraumatisierte Menschen in den kurdischen Gebieten gesammelt.
Doch wie kommen sie dazu, eine Aktion gegen Legida zu starten? »Wir sind in ständigem Kontakt. Als die Menschen in Rojava von Legida hörten, wollten sie unbedingt ihre Stimme dagegen erheben«, erklärt Aziz Al-Ayyoobi, einer der Initiatoren der Aktion und UKSSD-Mitglied. »Sie waren total überrascht, dass so etwas in Deutschland passiert. Wenn eine Familie nach Europa kommt, denkt man doch, sie würden durch Menschenrechte und Demokratie geschützt und nicht, dass sie so verurteilt werden.« Man habe doch genug Probleme in Kurdistan, warum denn nun auch noch in Deutschland?, fragt er sich. Viele Menschen in Kurdistan hätten zudem Angst um ihre in Deutschland lebenden Familien. Und Benjamin Ruß, ebenfalls UKSSD-Mitglied, ergänzt: »Wir mussten ihnen erst mal zurückmelden, wie die Lage hier gerade ist und die deutsche Politik, speziell rassistische Mobilisierungen in Deutschland, erklären. Die Menschen in Rojava wollten dann unbedingt etwas tun, um zu zeigen, dass die eigentlichen Opfer vom IS in Syrien sind.« Oder auch »nicht in deutschen Reihenhäusern, sondern in deutschen Asylheimen«, wie es in der Pressemitteilung des UKSSD gegen Legida heißt.
Auch wenn Kobanê, eine der vom IS bekämpften Städte, vergangenen Sonntag befreit wurde, ist die Situation in Syrien immer noch kritisch. Der Zugang zu den Universitäten in den Großstädten ist von Checkpoints des Regimes oder des IS abgeriegelt. »Man hat zwei Optionen: Entweder man riskiert sein Leben oder man nutzt alternative Bildungsprojekte in Rojava, die aber keine anerkannten Zertifikate ausstellen dürfen«, sagt Aziz. »Wenn man Bildung erlangen will, hat man eigentlich keine Chance.« Und er betont die Doppelmoral der rassistischen Aufmärsche: Wenn gegen den IS so viele Menschen auf die Straße gegangen wären wie jetzt bei Legida, dann bräuchte nun niemand in Angst zu leben.« Schon wegen dieses stetigen Kampfes gegen den IS sind die Aktivisten in Rojava seine Helden.
Auf die Fotos habe es bisher breite Reaktionen gegeben, wenn auch hauptsächlich im Internet. Daher möchte man die Kampagne nun auf Plakate bringen, die die Situation erklären und den persönlichen Hintergrund der Abgebildeten darstellen sollen.
Legida hat währenddessen bereits für das ganze Jahr Kundgebungen angemeldet, die nächste für den heutigen Freitag. Eine mögliche Reaktion darauf bieten die kurdischen Aktivisten mit ihren Plakaten, wenn es heißt: »Legida: Also entweder ihr unterstützt uns jetzt gegen ISIS, oder ihr bleibt zu Hause«. Den Lösungsansatz für besorgte Legidisten bieten sie ebenfalls: »Ihr wollt was gegen Islamismus tun? Dann kommt her und kämpft zusammen mit uns.«
Gegendemo zu Legida: 30.1., 18 Uhr, zwischen Hauptpost und Radisson Hotel
weitere Demos und aktuelle Infos unter http://gegenjedenrassismus.blogsport.eu/
http://http://www.ukss-sy.org/de/index.php/die-ukss
SARAH ULRICH