Der schwierige Umgang des Stadtrates mit der AfD
Von Klaus Staeubert
Mit Europakritik startete die Alternative für Deutschland (AfD) ihr politisches Leben. Mittlerweile hat sich die Protestpartei in die Niederungen der Kommunalpolitik durchgeschlagen. Auf Anhieb schaffte sie es in Fraktionsstärke in den Stadtrat, in dem sie nun ihre Rolle sucht.
Vor ein paar Monaten wurden ihre Mitglieder im Wahlkampf noch als
"AfD-Trolle" verspottet und wegen ihres konservativen Weltbildes und vor
allem ihrer Positionen in Asyl- und Ausländerfragen angefeindet. Jetzt,
da sie mit vier Mandatsträgern dem Politikbetrieb angehören, stellt
sich die Frage: Wie gehen die etablierten Parteien mit den ungeliebten
vier Neuen um?
Die SPD sieht in der AfD zunächst eine neue politische Gruppierung.
"Bislang kennen wir die vier Stadträte nicht", sagt
Fraktionsvorsitzender Axel Dyck. "Wir werden sowohl ihre
kommunalpolitischen Ansätze als auch ihre persönlichen Haltungen zu
darüber hinaus gehenden politischen und gesellschaftlichen Fragen
aufmerksam beobachten." Eine Zusammenarbeit wie mit anderen
demokratischen Parteien und Wählervereinigungen könne er sich jedoch
"zum heutigen Zeitpunkt nicht vorstellen".
Auch die Grünen tun sich schwer mit der neuen Fraktion. "Für uns ist die
AfD keine Partei wie jede andere und ihr Erstarken macht uns große
Sorge, weil die AfD die offene Gesellschaft ablehnt", erklären die
beide Fraktionschefs Katharina Krefft und Norman Volger. Gleichwohl
wollen sie aber nicht von vornherein über jedes einzelne
Fraktionsmitglied den Stab brechen.
"Wir werden die AfD im Stadtrat genau beobachten, ob ihre Fraktion genau wie die Partei menschenverachtende und rechtspopulistische Positionen vertritt." Die Grünen sind auch die einzige Partei, die der AfD-Fraktion in einem Brief eine Zusammenarbeit anbot. "Für sachliche und zuverlässige Politik mit dem Ziel, Leipzig in der Gegenwart zu schützen und für die Zukunft zu stärken, auch wenn dies nicht immer bequem sein sollte, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung", schrieb die Grünen-Fraktionsspitze.
Für Sören Pellmann, den Vorsitzenden der Linken im Stadtrat, kommt so
eine Annäherung nicht in Frage. "Gegenwärtig gibt es für uns keinerlei
Gesprächsbedarf mit der AfD, zumal wir sie rechts von der CDU
anzusiedeln haben", sagt er. Zwar sei Kommunalpolitik anders als Landes-
und Bundespolitik in erster Linie an Sachthemen orientiert, jedoch
nicht wertneutral. Pellmann: "Die AfD muss daher beweisen, ob sie über
Stammtischparolen hinauskommt." Außerdem sei die Linke ohnehin nicht auf
Stimmen der AfD angewiesen. "Im Stadtrat", so der Linkspolitiker, "gibt
es eine eindeutige Mehrheit der drei Fraktionen links von der CDU."
Letztere hält sich alle Optionen offen. "Wir begrüßen es immer, wenn
Stadträte anderer Fraktionen gute Vorschläge der CDU unterstützen und
wir werben natürlich bei allen Fraktionen um Mehrheiten für unsere
Anträge", erklärt CDU-Fraktionschef Claus-Uwe Rothkegel. "Es geht
zunächst um Leipzig, nicht um einzelne Fraktionen."
Die AfD wartet nun erst mal ab. "Politisch hat ja jede Partei ihre
Linie", sagt Fraktionsvorsitzender Tobias Keller. Wo es Überschneidungen
gebe, wie etwa beim Naturkundemuseum, wolle seine Fraktion mit allen
Parteien zusammenarbeiten. "Bei anderen Themen unterscheiden sich
eventuell die Auffassungen", so Keller, "so dass wir Überzeugungsarbeit
leisten oder uns aber auch überzeugen lassen müssen."