Festgenommene nach Randale in Neukölln wieder frei

Erstveröffentlicht: 
13.01.2015

Polizeigewerkschaft fordert nach Ausschreitungen mehr Engagement gegen "Kiezterroristen"   Von Hans H. Nibbrig

 

Nach den gewalttätigen Ausschreitungen linksextremistischer Demonstranten in Neukölln sind vier festgenommene Verdächtige wieder auf freiem Fuß. "Gegen die Männer wird weiterhin ermittelt, ein für den Erlass eines Haftbefehls nötiger dringender Tatverdacht besteht derzeit allerdings nicht", sagte Justizsprecher Martin Steltner der Berliner Morgenpost.

Im Anschluss an die Demonstration waren am Sonnabend aus einer Gruppe von 50 Vermummten Steine und Farbbeutel gegen mehrere Gebäude, darunter das Rathaus Neukölln, das angrenzende Amtsgericht, das Einkaufszentrum "Neukölln Arkaden" und zwei Banken, geschleudert worden. Dabei entstand erheblicher Sachschaden, unter anderem gingen mehrere Fensterscheiben zu Bruch. Außerdem attackierten die Angreifer Mitarbeiter eines Wachschutzunternehmens. Dabei demolierten sie das Fahrzeug, in dem sich die beiden Wachschützer befanden, diese blieben aber unverletzt.

Zwei der Festgenommenen waren bereits am Sonnabend nach kurzer Zeit von der Polizei wieder freigelassen worden, zwei weitere Verdächtige wurden der Staatsanwaltschaft überstellt. Wie Steltner am Montag mitteilte, hatten Zeugen beobachtet, wie die beiden Männer nach den Randalen ihre Kleidung wechselten. "Das sind zwar wichtige Verdachtsmomente, für einen Haftbefehl reicht das allerdings nicht", sagte der Sprecher weiter.

Bereits am Sonntag hatte ein Polizeisprecher mitgeteilt, seine Behörde prüfe Zusammenhänge mit einer brutalen Attacke auf eine Polizeistation im Süden Leipzigs vor einigen Tagen. Zum Stand der Ermittlungen sagte die Polizei am Montag nichts, ein möglicher Zusammenhang ergibt sich allerdings aus Veröffentlichungen mehrerer linksextremer Gruppen in einschlägigen Internetforen. Danach stehen sowohl die Attacke in Leipzig als auch der Angriff in Neukölln im Zusammenhang mit dem Tod des Afrikaners Oury Jalloh in einer Polizeiwache in Dessau (Sachsen-Anhalt), der sich am Mittwoch vergangener Woche zum zehnten Mal jährte. Der Asylbewerber aus Sierra Leone verbrannte in einer Arrestzelle, von mehreren Seiten wurde und wird seither die Polizei für seinen Tod verantwortlich gemacht, obwohl mehrere Untersuchungen und Gerichtsverfahren keinerlei Belege für ein Verschulden der Polizei in Dessau erbrachten. In einer Veröffentlichung auf einer Internetplattform rechtfertigte eine autonome Gruppe in gewohnter Weise die Gewalttaten in Neukölln. "Wir danken denjenigen, die sich in dieser Weise an der Demo beteiligt haben", hieß es ebenso kurz wie zynisch.

Nach dem Vorfall forderte Bodo Pfalzgraf, Berliner Landesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), mehr Engagement der Behörden gegen "Kiezterroristen". Der Staat müsse seine Bürger gegen alle extremistischen Bestrebungen schützen, sagte Pfalzgraf und betonte: "Wenn in der deutschen Hauptstadt eine Gruppe von 50 verblendeten Linksextremisten ausreicht, um ganze Stadtteile in Angst und Schrecken zu versetzen, dann will ich von den politisch Verantwortlichen das gleiche Engagement sehen, wie in Sachen Pegida." Der Gewerkschafter verwies in diesem Zusammenhang auch auf massive Ausschreitungen in der Neujahrsnacht in Neukölln, Friedrichshain und Schöneberg, zu denen noch jede Spur von den Tätern fehlt.