Leipzig. Sachsens Innenminister Markus Ulbig hat die Attacke auf die Polizeidienststelle am Mittwochabend in Leipzig-Connewitz aufs Schärfste verurteilt. „Dieser Auswuchs von Gewalt gegen eine Gruppe der Gesellschaft ist nicht hinnehmbar. Der Rechtsstaat wird alles unternehmen, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen“, so Ulbig am Donnerstag in Dresden.
Kurz nach 20 Uhr hatten rund 50 Maskierte
die Wache in der Wiedebach-Passage angegriffen, indem sie die
Fensterfront mit Steinen und Farbbeuteln bewarfen. Zudem wurde ein
Polizeifahrzeug in Brand gesetzt. Laut eines im Internet
veröffentlichten Bekennerschreibens, sollte der Angriff an den
gewaltsamen Tod des Asylbewerbers Oury Jalloh 2005 in einer Dessauer
Gefängniszelle erinnern.
Die Attacke am Mittwochabend dauerte nur wenige Sekunden. Zwei Beamte
bearbeiteten in der Dienststelle gerade Bürgeranzeigen, als sie die
Gruppe aus Richtung Connewitz Kreuz anrücken sahen. „Da sich die Gruppe
in Marschformation bewegte, vermuteten die beiden Beamten zunächst eine,
für dortige Verhältnisse nicht ungewöhnliche Spontankundgebung“, heißt
es im Polizeibericht. Dies war jedoch ein Irrtum. An der Dienststelle
angekommen, warfen die vermummten Angreifer Pflastersteine, Farbbeutel
und Feuerwerkskörper auf die Scheiben des Gebäudes.
"Krähenfüße" verhindern Verfolgung durch die Polizei
Das
Sicherheitsglas in der Polizeidienststelle habe zwar stand gehalten,
wurde aber stark beschädigt. Weitere Täter überstiegen den Zaun zum
Hinterhof der Wiedebach-Passage, zerstörten am dort abgestellten
Funkstreifenwagen eine Heckscheibe und warfen einen Brandsatz ins Innere
des Autos. „Das Feuer konnte zeitnah gelöscht werden“, so die Polizei
weiter. Nach Informationen von LVZ-Online wurden die Beamten in der
Dienststelle nicht verletzt, durchlebten aber angesichts der großen Zahl
Angreifer Todesängste und werden nun psychologisch betreut.
Vor
ihrer Flucht legten die Täter auf der Straße rings um den Polizeiposten
noch sogenannte „Krähenfüße“ aus. Die erste Polizeistreife, die
hinterherfahren wollte, raste in diese gebogenen Metallhaken hinein und
konnte nicht folgen. Die Angreifer entkamen so unerkannt.
Kraftausdrücke im Bekennerschreiben
Laut
eines in der Nacht zum Donnerstag auf dem Internetportal „Indymedia“
veröffentlichten Bekennerschreibens, stehe die Attacke in Zusammenhang
zum Todestag von Oury Jalloh. „Bulle dein Duldungsstatus ist aufgehoben
und deine Aufenthaltserlaubnis erloschen wie das Feuer in dem
Streifenwagen hinter der Wache und so wirst du von uns mit genau solcher
Respektlosigkeit und Gewalt behandelt, wie du Flüchtlinge behandelst“,
heißt es im Dokument.
Der Asylbewerber Oury Jalloh aus Sierra
Leone war am 7. Januar 2005 im Gewahrsam der Dessauer Polizei aus noch
ungeklärter Ursache an schweren Verbrennungen gestorben. Der zum
Todeszeitpunkt an Händen und Füßen gefesselte und auf eine Liege
fixierte 36-Jährige verbrannte in einer Arrestzelle. Trotz jahrelanger
Gerichtsverfahren konnten die Umstände seines Todes bisher nicht von der
Justiz aufgeklärt werden. Der damals diensthabende Dessauer Polizist
wurde zu einer Geldstrafe verurteilt.
Der Angriff auf die
Außenstelle der Polizei am Mittwochabend in Leipzig-Connewitz war nicht
der erste. Das jetzt erreichte Ausmaß sei jedoch einmalig, so
Polizeisprecher Andreas Loepki. Einen besonders schweren Vorfall habe es
bereits 2013 gegeben, als unbekannte Angreifer durch ein Loch in der
Fassade des Gebäudes Bitumen in das damals noch in den Räumlichkeiten
befindliche Bürgerbüro der Stadtverwaltung eingeleitet hatten, so dass
die Diensträume hochgradig verschmutzt worden seien. Daraufhin zog die
Polizeidienststelle ein und das Bürgerbüro wurde weiter ins Innere der
Wiedebach-Passage verlegt.