Zwei Leipziger Rechtsaußen-Politiker der „Alternative für Deutschland“, Hans-Thomas Tillschneider und Felix Koschkar, distanzieren sind angeblich von „Legida“. Das berichtete gestern die Mitteldeutsche Zeitung. Tillschneider, der sich selbst als „Berater“ der Organisatoren bezeichnet hatte, habe mitgeteilt, dass er „nicht mehr“ bei „Legida“ aktiv sei. Koschkar sagte dem Blatt, er sei aus dem Organisationsteam ausgetreten. Auch der sächsische AfD-Generalsekretär Uwe Wurlitzer wird mit einer – ansonsten nicht öffentlich verbreiteten – Distanzierung zitiert. Demnach sei die Mitwirkung der beiden namhaften AfD-Mitglieder nur deren „Privatsache“ gewesen.
Gewandelte Überzeugungen?
Das allerdings ist eine Standardfloskel: Ganz ähnlich hatte sich Wurlitzer bereits kurz vor der Landtagswahl geäußert, als AfD-Mitglieder den österreichischen Rechtspopulisten Andreas Mölzer nach Leipzig einluden. Auch das sei eine unabgestimmte Einzelaktion gewesen – mitbeteiligt waren damals bereits Tillschneider und Koschkar.
Ob sich mit Ralf Hickethier auch ein dritter Leipziger AfDler von „Legida“ distanziert, wurde nicht bekannt. Von ihm verfasste Texte waren vor Weihnachten als Gastbeiträge auf der „Legida“-Facebook-Seite veröffentlicht worden. Gleichwohl sind auch die Distanzierungen Tillschneiders und Koschkars bislang nirgends fixiert. Anzeichen für gewandelte Überzeugungen gibt es ebenfalls nicht.
Beide gehören zur einflussreichen „Patriotischen Plattform“ in der AfD. Der Erste ist überdies Mitglied im Landesvorstand der Partei, der Zweite in seiner Freizeit bei der „Identitären Bewegung“ aktiv. Die „Identitären“ wiederum sorgten gestern in Dresden für Wirbel, als sie versuchten, ins Landtagsgebäude einzudringen. Mitbeteiligt war der Zwickauer Neonazi Tony Gerber.
Möglicherweise nur taktisches Manöver
Die nun in der Mitteldeutschen Zeitung wiedergegebenen Dementis könnten allerdings auch taktisch motiviert sein. Heute nämlich will sich die AfD-Fraktion im Sächsischen Landtag unter Ausschluss der Öffentlichkeit mit nicht näher bezeichneten „Pegida“-Mitstreitern zu einem Gespräch treffen. Störfeuer, die Involvierung eigener Mitglieder und Funktionäre betreffend, würden da nur schaden.
Im Zusammenhang mit der vor allem antimuslimisch motivierten Protestwelle, die sich von Dresden ausgehend ausbreitet, war zuvor namentlich die Personalie Tillschneider in Misskredit geraten. Anlass war ein Bericht der Wochenzeitung DIE ZEIT, dem zufolge Tillschneider befreundet sei mit Personen, die einen Anschlag auf den vorgesehenen Bauplatz einer Moschee in Leipzig-Gohlis verübt, dort Schweineköpfe aufgespießt, Blut verkippt und eine Mülltonne entzündet hatten. Tillschneider bestreitet derartige Kontakte, die Ermittlungen dazu dauern an.
Erneut Leipziger Redner bei „Pegida“
Am kommenden Montag, zeitgleich zum dann bereits zwölften „Pegida“-Marsch in Dresden, will in Leipzig erstmals „Legida“ demonstrieren. Die beabsichtigte Route ist ein Vorschlag der Stadt und wird von der RB-Arena aus durchs Waldstraßenviertel führen. Die 3000 Teilnehmenden, mit denen die Veranstalter mindestens rechnen, werden von den Behörden als realistisch angesehen.
Nicht realistisch ist, dass Dresdner Verhältnisse einziehen, wo sich gestern nach Polizeiangaben etwa 18.000 Personen versammelten. Erstmals stagniert damit der Zulauf. Vor Beginn des „Spazierganges“ durfte der Leipziger Stephane Simon erneut eine Rede halten. Zudem trat der verschwörungsideologische Autor Udo Ulfkotte auf, der seine Thesen in der Vergangenheit auch in der Leipziger Volkszeitung ausbreiten durfte.
Mythos „Gewaltfreiheit“
Während des gestrigen Marsches in der Landeshauptstadt versuchten dann etliche, offensichtlich aus dem Hooligan-Spektrum stammende Teilnehmer, zu einer Gegenveranstaltung durchzubrechen. Die angebliche Friedfertigkeit der rassistischen Bewegung wird zunehmend unglaubwürdig.
Wie in den Vorwochen mischten auch diesmal Anhänger der „Identitären Bewegung“ bei „Pegida“ mit. Im Vorfeld hatte zudem der Brite Stephen Yaxley-Lennon (alias Tommy Robinson) Gesinnungsgenossen zur Teilnahme aufgefordert. Er war jahrelang Anführer der militant-rassistischen „English Defence League“ (EDL), die Teilen des „Pegida“- und „Legida“-Spektrums offensichtlich als Vorbild dient.