Broschürenpräsentation und Mobilisierung gegen den „Akademiker-Ball“ 2015
60 Mal fand jährlich Ende Jänner/Anfang Februar der inzwischen auch über die Grenzen Österreichs bekannte Burschenschafter-Ball als Ball des Wiener Korporationsrings (WKR), einem Dachverband deutschnationaler, national-liberaler und extrem rechter wiener Burschenschaften, Corps und Landsmannschaften statt, seit 1987 sogar in den Festsälen der Hofburg, einem dem repräsentativsten Gebäuden Österreichs.
Die Bedeutung dieses Balls ergab sich jedoch nicht nur
 dadurch, dass deutschnationale Burschenschaften in Österreich wahrlich 
kein marginalisiertes gesellschaftliches Randphänomen darstellen, 
sondern vielmehr ein Verbindungsglied zwischen dem
 parteiförmigen Rechtsextremismus im Parlament in Form der FPÖ 
(Freiheitliche Partei Österreich) und des organisierten Neonazismus 
darstellen. Hinzu kam die über einige Jahre andauernde große Präsenz 
internationaler Größen des Rechtsextremismus, die deutlich machte, dass 
die Hofburg zu diesem Anlass auch als Vernetzungsort der europäischen 
Rechten fungierte. So nahmen in den vergangenen Jahren VertreterInnen 
von Parteien wie dem Vlaams Belang, Front National, Schweizer 
Volkspartei oder Pro Köln und Pro NRW an dem Ball teil. Zudem galt der 
Ball als größtes couleurstudentisches Event im deutschsprachigen Raum, 
das sich laut Eigenangaben mit 2000-3000 BesucherInnen jährlich rühmte.
 
Trotz bzw. wegen der andauernden Kritik am Ball und seiner Gäste 
übernahm die Wiener Landesgruppe der FPÖ die Organisation des Balls 2013
 und das Event wurde in „Wiener Akademiker-Ball“ umbenannt.
 
 
Nach Demonstrationsverboten, nach Platzverweisen und Sperrzonen und 
nachdem die Proteste 2011 im Rahmen des gegen Massenproteste gerichteten
 EU-Forschungsprogramms „Godiac“ („Good practice for dialogue and 
communication as strategic principles for policing political 
manifestations in Europe”) beobachtet wurden, hätte man eigentlich 
glauben können, dass die Repression der Polizei nicht mehr zu toppen 
wäre. Dennoch hat sie 2014 neue Formen angenommen: die gesamte Wiener 
Innenstadt wurde zur Sperrzone erklärt und in neun Bezirken der Stadt 
mitten im Winter das Tragen von Hauben und Schals mittels eines 
Vermummungsverbots untersagt. Ein halbes Jahr saß zudem Josef S. aus 
Jena in Untersuchungshaft. Ihm wurde auf Basis einer spärlichen 
Beweislage unter anderem Landfriedensbruch und Rädelsführerschaft im 
Zuge von Sachbeschädigungen während der Proteste gegen den 
„Akademikerball“ vorgeworfen. Die Vermutung, dass durch die 
österreichische Justiz hier ein Exempel gegen das medial und politisch 
konstruierte Feindbild der (deutschen) „linksextremen Berufsradalierer“ 
statuiert werden sollte, wurde auch im darauf folgenden Prozess 
bestätigt.
 
 Im Rahmen einer Präsentation der Neuauflage der 
Broschüre „Völkische Verbindungen – Beiträge zum deutschnationalen 
Korporationsunwesen in Österreich“ soll der gesellschaftliche Einfluss 
von Burschenschaften in Österreich, ihre Geschichte, Brauchtum und 
psychosoziales Profil nachgezeichnet und die Notwendigkeit gegen die 
elitären Männerbünde vorzugehen aufgezeigt werden. Zudem wird im Vortrag
 über die bisherigen sowie die geplanten Proteste gegen den 
„Akademiker-Ball“ 2015 informiert.
Zeit: Freitag, 12.12.2014, 18:30 Uhr
Ort: Epplehaus, Karlstraße 13, 72072 Tübingen
 Mehr Infos auf:
 umsganze.org

