ASYL Über 1.000 Leute ziehen am Samstag durch Kreuzberg. Flüchtlinge kündigen Widerstand an
"Ohlauer Olala, Ohlauer Olala", lautete der Schlachtruf einer Kreuzberger Nachbarschaftsinitiative, die sich mit den Flüchtlingen in der ehemaligen Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg solidarisierte. Am Spreewaldplatz in unmittelbarer Nähe des Gebäudes begann am Samstagnachmittag unter dem Motto "United Neighbours" eine Demonstration von Mieter- und FlüchtlingsaktivistInnen, an der sich circa 1.200 Menschen beteiligten. Der Zug führte quer durch Kreuzberg 36 bis zum Oranienplatz.
Auf einer Zwischenkundgebung an der kürzlich geräumten Cuvrybrache am Spreeufer erklärte eine ehemalige Bewohnerin: "Der Platz war unsere Lücke im System. Sie gab uns die Möglichkeit, dass nicht nur Leute mit dem nötigen Geld und deutschem Pass die Stadt für sich nutzen und in dieser überleben können."
Auf der Abschlusskundgebung am Oranienplatz erklärten RednerInnen des Bündnisses "Zwangsräumung verhindern" und "Kotti und Co." ihre Solidarität mit den Geflüchteten. Man kämpfe schließlich gegen jede Form von Ausgrenzung.
In mehreren Redebeiträgen berichteten Flüchtlinge, wie ihre Interessen von Bezirk und Senat ignoriert würden. Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat die BewohnerInnen der Gerhart-Hauptmann-Schule erst in der vergangenen Woche erneut aufgefordert, das Gebäude zu verlassen. Einer von ihnen rief am Samstag: "Wir werden gegen jeden Räumungsversuch erneut Widerstand leisten und lassen uns nicht in Heime stecken."
Manche TeilnehmerInnen hatten sich von der Demonstration mehr erhofft. "Angesichts der Räumung der Cuvrybrache und der erneuten Drohungen gegen die Gerhart-Hauptmann-Schule hätte ich mit mehr Leuten gerechnet", sagte eine junge Frau. Es sei nur vereinzelt gelungen, über das linke Milieu hinauszukommen. Dazu gehörten einige GewerkschafterInnen, die sich mit den Flüchtlingsprotesten solidarisierten. Sie forderten den Berliner DGB auf, sich künftig an der Organisation von Demonstrationen zu beteiligen.
Schon während der Abschlusskundgebung leerte sich der Oranienplatz. "Ich hatte gehofft, dass wir im Anschluss den Platz wieder besetzen", sagte eine Demoteilnehmerin enttäuscht. Der Senat habe alle Versprechen gebrochen, die er den Flüchtlingen gemacht habe, damit die das Camp räumten. "Eine Wiederbesetzung wäre eine Möglichkeit, den Druck auf den Senat zu erhöhen."
PETER NOWAK