Zurückgekehrte Flüchtlingsfamilie Haji aus Magdeburg steht vor erneuter Abschiebung nach Italien

Zurückgekehrte Flüchtlingsfamilie Haji aus Magdeburg steht vor erneuter Abschiebung nach Italien

 +++ Familie Haji steht wieder vor der Abschiebung +++ Die Behörden ignorieren erneut außergewöhnliche humanitäre Gründe +++ Die Familie sucht nun bundesweit nach Kirchenasyl +++ Unterstützer*innen bitten um Spenden für die Familie +++

 

Magdeburg, den 16.09.2014

Am 9. September erhielt Familie Haji aus Magdeburg den Ablehnungsbescheid ihres Asylfolgeantrags und die damit verbundene Anordnung der Abschiebung nach Italien. Der Fall der Familie hatte bereits im Juni 2014 in Magdeburg für reges Aufsehen gesorgt. Damals wurde die Familie trotz schwerer psychischer Erkrankung der Mutter, trotz einer Petition mit nunmehr 15.588 Unterschriften, trotz politischer Fürsprecher und breiter Unterstützung in der Bevölkerung nach Italien abgeschoben. Zwei Tage vor der Übergabe der Petition im Innenministerium wurde die Familie ohne terminliche Ankündigung aus ihrer Unterkunft geholt und nach Berlin gebracht. Ein Eilantrag der Anwältin der Familie wurde abgelehnt – zwei Minuten bevor das Flugzeug nach Rom startete. Interessanterweise wurde die Familie ohne jegliche Ausweisdokumente in den Flieger gesetzt. In Rom erklärten Grenzschutzpolizisten der Familie, dass alle Unterkünfte voll und sie nun auf sich allein gestellt seien. Die ersten Nächte verbrachte die Familie am Bahnhof Termini in Rom. Ein Lokführer hatte ihnen aus Mitgefühl ein Zugabteil als Schlafplatz zur Verfügung gestellt. Der Vater der Familie verkaufte einige Habseligkeiten, um Essen organisieren zu können. Es mutet wie ein Wunder an, denn wenig später bezahlte eine unbekannte Frau der Familie Zugtickets, um nach Deutschland zurück zu fahren. In Deutschland angekommen stellte die Familie einen Asylfolgeantrag und lebt seit Juli wieder in Magdeburg.

Nun schaut der Vater fassungslos auf das Schreiben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF), in dem erklärt wird, dass die Familie sich nicht ausreichend an die italienischen Behörden gewandt hätte, um eine Unterbringung zu ergattern. Die erneute Ablehnung des Antrags begründet das Bundesamt damit, dass „systemische Mängel im italienischen Asylverfahren nicht ersichtlich sind“. Die von der Familie beschriebenen Umstände in Italien widersprechen diesem Schreiben. Sie decken sich dafür mit Aussagen von ProAsyl. Das italienische Aufnahmesystem ist völlig überlastet – es stehen lediglich 14.000 Unterbringungsplätze zur Verfügung und das bei 50.000 Asylsuchenden (Zahlen von August 2014). Die meisten Flüchtlinge in Rom sind entweder obdachlos oder übernachten in den zahlreichen besetzten Häusern in der Stadtperipherie (Bsp.: das besetzte Bürogebäude im Stadtteil Romanina, oder die besetzte somalische Botschaft). Diese Häuser besitzen keine Küchen oder hygienische Standards, geschweige denn einen Schutzraum für Familien. Ein staatliches Sozialsystem, welches den Flüchtlingen zur Verfügung stehen könnte, existiert nicht. Die meisten sind also ohne Arbeit und Wohnraum. Die Behauptung des deutschen Bundesamtes, jeder Asylbewerber in Italien hätte Zugang zum Gesundheitssystem, ist eine leere Phrase. Denn eine Krankenversicherungskarte kann man erst mit der Angabe eines festen Wohnsitzes beantragen. Somit sind per se alle wohnungslosen Asylbewerber vom Gesundheitssystem ausgeschlossen.

Aufgrund dieser unhaltbaren Zustände in Italien gab und gibt es etliche Aussetzungsbeschlüsse von deutschen Verwaltungsgerichten, wonach Abschiebungen nach Italien nicht vollzogen werden konnten. Wann dies im Magdeburger Gericht endlich Resonanz findet, ist fraglich. Die Familie ist erschöpft und desillusioniert – sie hat einen langen Weg hinter sich. Ihre Flucht dauert nun schon mehrere Jahre an; ihre Hoffnung auf ein Zuhause wurde regelmäßig von deutschen Ämtern, italienischen Zuständen und europäischen Verordnungen zerstört. Ihre einzige Chance liegt nun im Kirchenasyl. Wenn eine Gemeinde in Deutschland bereit ist, die vierköpfige Familie für einige Monate aufzunehmen, wäre Deutschland für den Asylantrag der Familie zuständig und nicht Italien. Die Familie und die Unterstützer*innen bitten daher alle Menschen um Hilfe und Spenden, um die Familie in einem Kirchenasyl unterbringen zu können. Und wiedereinmal drängt die Zeit...

Spendenkonto
Flüchtlingsrat Sachsen-Anhalt e.V.
Sparda Bank Berlin
IBAN: DE25120965970008446270
BIC: GENODEF1S10
Verwendungszweck: Hilfe Familie Haji