Serbien: Deutscher LGBT-Aktivist nach Übergriff in Lebensgefahr

Erstveröffentlicht: 
13.09.2014

Mutmaßliches Hassverbrechen Serbien: Deutscher LGBT-Aktivist nach Übergriff in Lebensgefahr

Der Teilnehmer einer LGBT-Konferenz in Belgrad wurde von Unbekannten überfallen. Menschenrechtsbeauftragter der Bundesregierung beteiligt sich an Spontandemo. 

 

Die Belgrader Konferenz "The Future belongs to us: LGBT Rights on the Road to the European Union" wurde von einem mutmaßlichen Hassverbrechen überschattet. In der Nacht zum Samstag wurde nach Angaben des LSVD ein deutscher Teilnehmer Opfer einer brutalen Gewalttat. Der 27-Jährige wurde von Unbekannten in der Innenstadt lebensgefählich am Kopf verletzt und befindet sich in intensiv-medizinischer Behandlung.

 

Die Tat scheint einen fremdenfeindlichen und homophoben Hintergrund zu haben. Eine Sprecherin der Bürgerrechtsorganisation Labris, die die Konferenz gemeinsam mit der Hirschfeld-Eddy-Stiftung des LSVD veranstaltete, sagte, der Deutsche sei am frühen Morgen von einer Gruppe junger Männer angegriffen worden. Diese hätten ihm mit einem gläsernen Aschenbecher auf den Kopf geschlagen und geschrien: "Wir wollen keine Fremden in Belgrad!" Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

 

Demonstration zum Belgrader Rathaus

 

Die viertägige Konferenz wurde am Samstagmorgen unterbrochen. Es fand eine Pressekonferenz statt, an der auch der deutsche Botschafter Heinz Georg Wilhelm sowie ein Mitglied der serbischen Regierung teilnahmen. Der serbische Innenminister Nebojsa Stefanovic hat inzwischen den Botschafter angerufen und seine Erschütterung zum Ausdruck gebracht. Er sicherte zu, alle Anstrengungen zu unternehmen, die Täter zu ermitteln. "Wir werden nicht erlauben, dass solche Dinge unbestraft bleiben", sagte er.

 

Im Anschluss fand eine Demonstration statt. Mehrere hundert Konferenz-Teilnehmer und Aktivisten marschierten vom Konferenzort zum Belgrader Rathaus. Daran nahmen neben dem deutschen Botschafter auch der Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechte Christoph Strässer (SPD) und ein Mitglied der serbischen Regierung teil. Die Demonstration wurde von der Polizei begleitet und geschützt.

 

Die Konferenz, die am Sonntag endet, wird in Abwandlung zum geplanten Programm nun über Anti-Diskriminierungspolitik beraten und eine Resolution an die serbische Politik und Gesellschaft zur Bildung eine Bündnisses gegen Hass-Verbrechen erarbeiten, teilte die Hirschfeld-Eddy-Stiftung mit.

 

Homophobes Klima in Servien

 

Bereits mehrfach kam es in Serbien zu Übergriffen von Rechtsradikalen auf Lesben und Schwule. In zwei Wochen soll in der Hauptstadt Belgrad ein CSD stattfinden. Bei der letzten Pride-Demo wurden dort 2010 mehr als 150 Menschen verletzt, nachdem rechtsextreme Gegendemonstranten Krawalle provoziert hatten (queer.de berichtete). Seitdem wurden solche Märsche "aus Sicherheitsgründen" immer wieder verboten. Das Europaparlament hat das EU-Beitrittsland Serbien deshalb mehrfach kritisiert (queer.de berichtete). (cw)

 

Update 14.09.2014, 13:45 Uhr: Mutmaßliche Täter festgenommen

 

Serbischen Medienberichte zufolge konnte die Polizei am Sonntag die drei mutmaßlichen Täter festnehmen. Nähere Angaben wurden bislang nicht gemacht. Eine Überwachungskamera hatte die Tat festgehalten. Das offensichtlich aus Halle stammende Opfer ist nach einer Not-OP wieder bei Bewusstsein. "Der junge Mann aus Deutschland, der letzte Nacht in Belgrad zusammengeschlagen wurde, nimmt seine Umgebung war, kann seine Hände und Füße bewegen und ist in der Lage, zu sprechen", sagte der Direktor des Clinical Center of Serbia, Miljko Ristic, gegenüber der Agentur Tanjug.