Anlasslos ausgefahrene Kameras von „Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen“ verletzen Grundrechte

„Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen“ (BeDoKw)

In den vergangenen fünf Jahren haben die Polizeien des Bundes und der Länder ihre „Beweissicherungs- und Dokumentationskraftwagen“ (BeDoKw) erneuert. Die Bereitschaftspolizeien der Länder erhielten 52 neue Fahrzeuge auf Basis eines Mercedes-Sprinter, später folgten 24 weitere für die Bundespolizei. Hersteller sind die auf digitale Überwachungs- und Abhörtechnologien spezialisierten Firmen Elettronica und Medav. Der Stückpreis auf Basis von Mercedes-Fahrzeugen bewegt sich um die 180.000 Euro.

 

Die Fahrzeuge verfügen über einen ausfahrbaren, vier Meter langen Mast mit zwei Kameras und zwei Mikrofonen. Sie werden vorwiegend bei Demonstrationen eingesetzt, um Personen von polizeilichem Interesse abzubilden. Zwei bis drei „Operateure” sind an einem Arbeitsplatz im Innern der Fahrzeuge für Kamerabedienung, Mastbedienung und Aufzeichnung oder Video- und Bildbearbeitung zuständig. Porträts von vermeintlichen StraftäterInnen können ausgedruckt oder per Funk an Festnahmeeinheiten übermittelt werden. Wie willkürlich und brutal die Polizei dabei vorgehen kann, wird aus einer Präsentation eines Anbieters von digitalem Zubehör für die BeDoKw deutlich.

 

Eine Kleine Anfrage im Bundestag ergab, dass die Fahrzeuge der Länderpolizeien gegenüber jenen der Bundespolizei über eine schlechtere Ausstattung verfügen: Kameras zeichnen in geringerer Qualität auf, außerdem können die Länderpolizeien Fotos angeblich nicht drahtlos versenden. Der Berliner Senat bestätigt dies für die von ihm gekauften BeDoKw.

 

Aber auch ohne dass die Kameras und Mikrofone eingeschaltet sind entfalten die Spähfahrzeuge ihre Wirkung: Sie schüchtern Teilnehmende von politischen Versammlungen ein. Dies hatte das Verwaltungsgericht Hannover im Juli in einem Urteil bekräftigt. Demnach darf die Polizei bei Versammlungen zwar BeDoKw mitführen. Das „Vorhalten einer auch nur teilausgefahrenen Mastkamera” ist allerdings nur dann erlaubt, wenn erkennbar strafbare Handlungen begangen werden. Ansonsten würde bei VersammlungsteilnehmerInnen „der Eindruck erweckt” [...], beobachtet oder gefilmt zu werden”. Dies verletzte den Paragraf 8 des Grundgesetzes, der die Versammlungsfreiheit bestimmt.