Demonstranten in Berlin greifen israelisches Paar an

Erstveröffentlicht: 
20.07.2014

Europaweit kommt es bei Kundgebungen gegen Israels Gaza-Offensive zu Ausschreitungen. In Berlin skandieren einige Demonstranten antisemitische Parolen, dann greifen sie Touristen aus Israel an. 

 

"Free Palästina – seid laut, aber friedlich", lautete eigentlich das Motto, unter dem die Veranstalter am Samstag zu einer Solidaritätsdemonstration in Berlin für die Opfer der jüngsten Gaza-Offensive geladen hatten. Der Aufruf richtete sich an "alle Menschen, egal welcher Herkunft oder Religion". Gemeinsam wolle man "Nein sagen zu den terroristischen Angriffen der Zionisten in Palästina an unschuldigen Zivilisten".

Der Plan der Veranstalter, friedlich zu demonstrieren, sollte nicht aufgehen. Einige Teilnehmer stimmten offen antisemitische Sprechchöre wie "Scheiß-Juden, wir kriegen euch", "Nazimörder Israel" und "Jude, Jude, feiges Schwein, komm heraus und kämpf allein". Doch allein bei den Parolen sollte es nicht bleiben.

Teilnehmer der Demonstration attackierten ein israelisches Ehepaar. Der Kippa tragende Mann kreuzte mit seiner Frau zufällig den Weg der Demonstranten. Polizei und Ordnungskräfte der Veranstalter konnten Schlimmeres verhindern, sagte ein Polizeisprecher der "Welt".

 

"Friedensdemonstration" endet in Gewalt

 

Deidre Berger, Berlin-Direktorin des American Jewish Committee (AJC), forderte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) auf, den Übergriff zu verurteilen: "Die Situation verschärft sich von Tag zu Tag. Damit nicht noch Schlimmeres passiert, müssen die Sicherheitsbehörden alle rechtlichen Mittel anwenden und Demonstrationen gegebenenfalls auflösen und verbieten."

Sie erstattete auch Anzeige. "Die Grenze zum Antisemitismus ist bei zahlreichen Sprechchören eindeutig überschritten. Wir befürchten, dass es jetzt keine Tabus mehr bei solchen Protesten gibt, Antisemitismus offen zu propagieren", so Berger.

Die Eskalation in Berlin ist kein Einzelfall. Auch in Essen hat die Polizei nach eigenen Angaben nach einer Kundgebung gegen den Gaza-Krieg gewaltsame Zusammenstöße verhindert. Rund 1000 Menschen hatten am Freitag zunächst friedlich gegen die Bombardierung des Gazastreifens demonstriert. Im Anschluss daran seien etwa 200 Teilnehmer zu einem Platz gezogen, auf dem rund 100 Menschen gegen Antisemitismus protestierten. Vereinzelt seien Flaschen und andere Gegenstände geworfen worden. Die Polizei nahm acht Personen fest und ermittelt wegen Verstößen gegen das Waffengesetz und wegen Körperverletzung. Aufgerufen zu der "Friedensdemonstration für Nahost" hatte die Jugendorganisation der Partei Die Linke.

Wenige Stunden zuvor waren 14 Menschen festgenommen worden, die die Friedensdemonstration offenbar zu Aktionen gegen die Alte Synagoge in Essen nutzen wollten. Die Staatsanwaltschaft ermittle gegen sie wegen Verabredung zu einem Verbrechen, teilte die Polizei mit.

 

100.000 Demonstranten in Wien erwartet

 

In weiteren Städten Europas wächst die Angst vor Gewaltausbrüchen. In Paris hatten propalästinensische Gruppen am Samstag trotz des in Frankreich bestehenden Demonstrationsverbots erneut Kundgebungen veranstaltet. Nach Berichten von Augenzeugen kam es dabei zu Ausschreitungen. Die Polizeibeamten setzten Tränengas ein, um die Proteste aufzulösen. Einige Demonstranten waren zuvor auch auf Gebäude geklettert und hatten eine israelische Fahne verbrannt. Ein Polizeisprecher sagte, dass 38 Personen bis zum Abend verhaftet worden seien. In anderen Städten Frankreichs verliefen die Proteste friedlicher.

Auch andere europäische Großstädte versetzen ihre Polizeikräfte in Alarmbereitschaft. In Wien werden laut Medienberichten bis zu 100.000 Menschen zu Demonstrationen erwartet – auch hier werden antisemitische Aktionen erwartet. Unter dem Titel "Protest gegen die Morde und Unterdrückung in Palästina" rufen die Veranstalter zu einem Protestmarsch "für unsere leidtragenden Geschwister" auf. Die Veranstalter bitten um eines: nur Fahnen der Länder Palästina, Ostturkestan, Syrien, Somalia, Ägypten und Rohingya mitnehmen.