In Eisenach trifft sich die Deutsche Burschenschaft. Noch immer genießen die stramm rechten Akademiker und völkischen Ideologen viele Vorteile, zum Beispiel im Steuerrecht. Höchste Zeit, dass sie die verlieren.
Ein Kommentar von Oliver Trenkamp
Wenn es nur die Fackelzüge wären, die Kappen und Farben, all die merkwürdigen Bräuche, das Fechten, das Biertrinken. Selbst der "Deutschland, Deutschland"-Gesang wäre noch auszuhalten. Es ließe sich abtun als Folklore, was die Deutsche Burschenschaft (DB) da alljährlich in Eisenach veranstaltet bei ihrem Verbandstreffen, dem Burschentag.
An diesem Donnerstag beginnt das Treffen wieder - und es ist eben nicht auszuhalten.
Denn nicht nur die Traditionen der DB sind überkommen, sondern auch ihre Ideologie ist es: Völkisches und nationalistisches Denken prägen den Dachverband zahlreicher Burschenschaften in Deutschland und Österreich. Er hat sich in den vergangenen Jahren als akademischer Brückenkopf für Rechtspopulismus und Rechtsextremismus positioniert. Mitglieder provozierten mit "Ariernachweis"-Anträgen, verunglimpften Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime, gaben krude Thesen und platte Parolen von sich.
Die DB vertritt zwar nur eine Minderheit: Gerade mal zwei Prozent der Studenten in Deutschland sind überhaupt noch korporiert, dazu gehören liberale Verbindungen ebenso wie christliche und konservative. Doch Burschenschafter in Eisenach repräsentieren die Rechtsausleger der Szene. Es ist bis heute eine gut vernetzte Minderheit mit Einfluss - in Österreich noch mehr als in Deutschland.
Eine Minderheit zumal, die ähnliche Privilegien genießt wie Tierschutzvereine oder Umweltorganisationen: Spenden an Burschenschaftswohnheime lassen sich oft von der Steuer absetzen, viele der Trägervereine gelten als gemeinnützig, auch wenn im Bierkeller gepöbelt wird gegen Ausländer und Andersdenkende. So begünstigt der Staat Organisationen, in denen noch immer von Großdeutschland geträumt wird und in denen Rassismus keimt.
Politiker, Verfassungsschützer und Finanzämter müssen genauer hinschauen und den stramm rechten Burschenschaften ihre Privilegien nehmen. Es geht nicht um große Verbotsdebatten, es geht um kleine Verwaltungsakte und Aktionen, die es den völkischen Ideologen schwerer machen. In Eisenach hat jetzt der Stiftungsrat der Wartburg entschieden, den historischen Ort nicht mehr an die DB zu vermieten. Das ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Fotostrecke: Völkische Ideologie in der Deutschen Burschenschaft: Einheit, Freiheit, Rassismus
Burschentag in Eisenach (Archivbild von 2012): Jahr für Jahr treffen sich die Burschenschafter. Interne Papiere offenbaren, welche extremistischen und rassistischen Positionen innerhalb der Mitgliedsbünde existieren. So sollte auch in diesem Jahr eine Art "Ariernachweis" diskutiert werden. Lesen Sie mehr...
Gereizte Funktionäre: "Hanebüchen" nennt Walter Tributsch (links) die Rassismusvorwürfe, er ist Pressesprecher des Dachverbandes Deutsche Burschenschaft. Der junge Mann neben ihm heißt Burkhard Mötz, er ist derzeit der offizielle Sprecher DB. Beide sind Mitglieder der Wiener Akademischen Burschenschaft Teutonia, die im Moment den Vorsitz im Dachverband innehat. Tributsch zufolge wurden die "Ariernachweis"-Anträge schließlich doch noch zurückgezogen. Lesen Sie mehr...
Archaische Traditionen (hier ein Archivbild von 2001): Immer wieder erregt die Deutsche Burschenschaft mit rassistischer Ideologie Aufsehen - doch sie als Neonazis abzustempeln, greift zu kurz. Doch ihr Denken basiert auf antidemokratischen Ideologien. Lesen Sie mehr...
Burschenleaks: Die Strippenzieher der rechtsextremen Burschenschaften planten bereits vor Jahren, den Dachverband ganz an sich zu reißen. Die liberaleren Bünde, die sich gegen allzu rassistische und völkische Ausfälle stellten, sollten aus allen leitenden Posten verdrängt werden. Entsprechende E-Mails tauchten auf dem linken Web-Portal Indymedia auf.
Putsch von rechtsaußen: Beim außerordentlichen Burschentag in Stuttgart vor einem halben Jahr ist die Deutsche Burschenschaft nach ihrem Bruderkampf noch weiter nach rechts gerückt. Zwar droht nun keine völkische Revolution, doch es gibt gute Gründe, das Treiben in den Verbindungshäusern zu beobachten. Dort könnte sich eine gefährliche Allianz von Rechtsextremen formieren. mehr...