Keine Zukunft für Nazis!
Neonazis aus ganz Deutschland wollen am 7. Juni 2014 unter dem Motto
„Tag der deutschen Zukunft“ (TddZ) in Dresden aufmarschieren. Bereits
seit 2009 tragen sie unter diesem Motto in norddeutschen Städten ihre
menschenverachtende Ideologie gegen die angebliche „Überfremdung“ auf
die Straße. In Sachsen soll dieses Neonazievent nun neuen Auftrieb
erhalten. Der TddZ wird vor allem durch Neonazi-Kameradschaften und
Autonome Nationalist_innen vorangetrieben. Unterstützung erhalten sie in
Dresden durch die sächsischen Freien Kräfte um Maik Müller, Anmelder
der jährlichen Aufmärsche im Februar.
Hinter der Parole einer deutschen Zukunft steckt deutsche
Vergangenheit. „Deutschland den Deutschen“ steht in direkter Tradition
der Blut-und-Boden-Ideologie des deutschen Faschismus. Das Gerede von
„Überfremdung“ suggeriert eine ethnisch homogene Gesellschaft, die durch
Zuwanderung existenziell gefährdet sei. Diese Konstruktion einer
biologisch bestimmten Schicksalsgemeinschaft führt – das beweisen
tägliche Neonaziangriffe – zur gewalttätigen Ausgrenzung und Ermordung
derer, die nicht in das dazugehörige rassistische und chauvinistische
Weltbild passen. Mit diesen Inhalten können die Neonazis an rassistische
Einstellungen in der Mehrheitsgesellschaft anknüpfen. Die
Initiator_innen werden in der aktuellen Asyldebatte durch Äußerungen wie
„Asylmissbrauch“ (Friedrich) und „Überfremdung“ (Sarrazin) bestätigt,
jedwede staatliche Unterstützung von Geflüchteten und Asylsuchenden
sehen die Neonazis als „Entmündigung des deutschen Volkes“ an. Begründet
wird dies mit fehlender Teilhabe der Ortsansässigen bei der Wahl der
Orte für Asylunterkünfte. Seit dem Spätsommer letzten Jahres gehen
Neonazis immer wieder mit Bürger_innen gemeinsam auf die Straße, um
gegen die Unterbringung von Geflüchteten zu protestieren. Mit diesem
„Druck von der Straße“ wollen sie Tatsachen schaffen, also Städte und
Gemeinden zur Ablehnung von Asylunterkünften zwingen.
Sachsen – ein Symptom europäischer Zustände
Kapitalistische Krisenbewältigung findet auf dem Rücken der Schwächeren
statt und rassistische Polemik lenkt dabei erfolgreich von den
eigentlichen Ursachen der gesellschaftlichen Probleme ab. Egal ob es um
die Festung Europa geht, an deren Grenze Geflüchtete unter den Augen der
Frontex-Schnellboote im Mittelmeer ertrinken, ob um die so genannte
Armutseinwanderung oder um rassistische Thesen auf den Bestsellerlisten.
Die Rhetorik vom vollen Boot erlebt erneut Konjunktur im breiten
gesellschaftlichen Diskurs und gerade prekarisierte oder vom sozialen
Abstieg bedrohte Bevölkerungsschichten greifen chauvinistische
Forderungen als vermeintlich einfache Lösung für Probleme auf. Selbst in
SPD-regierten Ländern wie Hamburg gibt es keinen humanitären Spielraum
in der Asylpolitik – was allerdings wenig verwundert, hat die SPD doch
mit der Dublin-II-Verordnung die gesetzlichen Grundlagen für das
europäische Asylabwehrsystem mit verantwortet. In diese Kerbe schlägt
auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU). Dieser setzte sich
energisch für die Herabsetzung der Asylantragszeiten von sechs auf drei
Monate ein, um Geflüchtete schneller abschieben zu können. Mit 1025
Abschiebungen im Jahr 2013 ist Sachsen Abschiebemeister in Deutschland
und damit positioniert sich die CDU-geführte Landesregierung im
bevorstehenden Wahlkampf klar am rechten Rand. Vom Schneeberger
„Lichtellauf“ bis zur brennenden Asylunterkunft ist es nicht weit –
beide sind Konsequenzen dieser Zustände. Bezeugen können dies die 319
Betroffenen von rechten Übergriffen im Jahr 2013 in Sachsen.
Sachsen – Standortvorteile für Neonazis
Die
Bedingungen in Sachsen sind günstig für einen Neonaziaufmarsch dieses
Kalibers. Sachsen ist das Kernland der NPD, hier leben und wirken viele
Neonazis in gut organisierten Netzwerken. So gab es in der Vergangenheit
bewaffnete Kameradschaften wie die „Skinheads Sächsische Schweiz“,
„Sturm 34“ oder die „Terrorcrew Muldental“ mit Verbindungen zum „Blood
and Honour”-Netzwerk, welches über rechte Musiklabels die Strukturarbeit
der Neonazis finanzierte. Sachsen war nicht einfach nur eine
Zufluchtsstätte des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Der
Naziterror wurde hier durch ein breites Netzwerk unterstützt und gedeckt
– offensichtlich auch staatlicherseits. In Vorbereitung auf die im Mai
statt findenden Europa- und Kommunalwahlen und die sächsischen
Landtagswahlen im August verstärkt die NPD ihre Hetze gegen das
Asylrecht. Sie bedienen europapolitische Themen von rechts, um gegenüber
der Alternative für Deutschland (AfD) ihr Profil zu schärfen. Dabei
sind die Verbindungen zwischen NPD und Kameradschaften in Sachsen so
eng, dass einzelne Ortsverbände überwiegend aus „Freien Kameraden“
bestehen. Die Wahl Dresdens als Aufmarschort kann als Problemlösung für
die Neonazis gesehen werden: Nach dem Wegfall des Dresdner
Februaraufmarsches und dem „Antikriegstag“ in Dortmund soll wieder ein
Großaufmarsch geschaffen werden. Dafür bietet Sachsen mit seiner
rechtskonservativen Landespolitik einen guten Nährboden. Der TddZ soll
in diesem Umfeld neuen Schwung holen, um in Zukunft auch in anderen
Städten erfolgreicher zu sein.
In Dresden fand jahrelang der größte Neonaziaufmarsch in Europa
statt, er war Sinnbild für das Zelebrieren deutscher Opfermythen
anlässlich des Gedenkens an die Bombardierung im Zweiten Weltkrieg. Auch
in anderen Städten wie in Chemnitz oder Plauen wurde an diese Form des
neonazistischen „Trauermarschs“ angeknüpft. In den letzten Jahren
verhinderten antifaschistische Proteste den Aufmarsch in Dresden – ein
möglicher Grund dafür, dass die Neonazis nun versuchen, mit einem
größeren Event zu einem anderen Termin in der Stadt zu punkten. Hinzu
kommt, dass die Form des „Trauermarschs“ mittlerweile offenbar einiges
an Attraktivität eingebüßt hat. Nicht Schweigen und vermeintliche
Besinnlichkeit mobilisieren junge Neonazis, sondern aggressive Töne und
offensives Auftreten. Wurde dies schon zu den letzten TddZ-Aufmärschen
deutlich, soll nun offensichtlich der Sprung ‘raus aus Norddeutschland
gewagt werden. In Sachsen finden sie ein Mobilisierungspotenzial vor,
dass diese Intention bedienen könnte.
Sächsische Demokratie
Wer sich gegen diese
Zustände und gegen Neonazis auflehnt, wird diffamiert, isoliert und
kriminalisiert, wie in Dresden im Zusammenhang mit den Protesten im
Februar geschehen. „Antifaschismus ist nicht die Lösung“, so
Innenminister Ulbig im Jahr 2012, „sondern Demokratie“, und
delegitimiert damit jeden Protest. In der „sächsischen Demokratie“
werden Antifaschist_innen, die sich gegen Rechts engagieren, massenhaft
mit haltlosen Anschuldigungen vor Gericht gezogen und oft mit völlig
absurden Begründungen verurteilt. Wir fordern die Einstellung aller
politischen Verfahren gegen Antifaschist_innen.
Blockaden – Endlich im Sommer nach Dresden!
Wir
lassen uns von der Repression nicht aufhalten. Wir blockieren weiter,
und wir werden uns auch weiterhin Neonazis entgegenstellen, wenn sie
ihre menschenverachtende Ideologie auf die Straße tragen wollen. Wir
leisten zivilen Ungehorsam gegen den Neonaziaufmarsch. Von uns wird
dabei keine Eskalation ausgehen. Wir sind solidarisch mit allen, die
unser Ziel teilen, den Neonaziaufmarsch zu verhindern. Bezugsgruppen
bilden und raus auf die Straße!
Wir wissen, dass wir die gesellschaftlichen Verhältnisse nicht an
einem Tag ändern können. Aber wir wissen auch, dass eine ungestörte
Demonstration von Neonazis dem Rassismus weiter Auftrieb gibt. Das
werden wir verhindern! Unsere Politik endet jedoch nicht mit dem Kampf
gegen Neonaziaufmärsche. Genauso wie wir Neonazis und ihre Aufmärsche
bekämpfen, widersetzen wir uns jedem rassistischen und nationalistischen
Denken und Handeln – für eine emanzipatorische Gesellschaft ohne
Rassismus, Ausbeutung und Unterdrückung!
Am 7. Juni 2014 in Dresden heißt es für uns:
Neonaziaufmärsche – Verhindern – Blockieren – Sabotieren.