Zur Situation des Freiburger Wagenkollektiv „Sand im Getriebe“
Seit 2 1⁄2 Jahren sind wir, das Wagenkollektiv „Sand im Getriebe“, gemeinsam an Freiburgs Straßenkanten unterwegs. Im Juli 2013 hatten wir erstmals die Möglichkeit länger gemeinsam auf
einem Platz leben zu können. Die Duldung auf dem Parkplatz der
Pädagogischen Hochschule lief zum 31.03.2014 aus. Für uns hieß es dann
wieder: „Zurück an die Straßenkante...“ Nach 2 Wochen Odyssee durch Freiburgs Stadtgebiet, während der wir an
allen Standorten von Polizei und Staatsschutz observiert wurden, kam es
am 14.04.2014 in der Oberriederstraße zur Beschlagnahmung unserer
mobilen Wohnungen.
Von einem Großaufgebot von Bullen, dem Ordnungsamt (mit einer hoch
motivierten Frau Sester) und 3 altbekannten Freiburger
Abschleppunternehmen überrascht, wurden unsere elf Wagen mit all unserem
Hab und Gut ohne Vorwarnung und ohne Möglichkeit freiwillig wegzufahren
abgeschleppt und im Industriegebiet Freiburg Hochdorf deponiert. Einem
ziemlich schicken städtischen Grundstück übrigens.
Wir reagierten darauf mit lauten und kraftvollen Demos, kippten
regelmäßig ordentlich Sand vors Rathaus, überreichten eine
online-Petition, veranstalteten Kundgebungen, Infostände und beharrten -
wie auch in den letzten Monaten - auf einem Gespräch mit
Vertreter_innen der Stadt, welches uns dann erstaunlicherweise gewährt
wurde. Das Gespräch entpuppte sich allerdings als bittere Enttäuschung.
Die Gesprächspartner_innen vom Liegenschafts- und Ordnungsamt verwiesen
auf gebundene Hände und ihre Unzuständigkeit.
Also ging es weiter mit über 300 Menschen, 10 Lastern, vielen Fahrrädern
und Besuch aus anderen Städten durch Freiburgs Straßen und Innenstadt.
Unser Wohnzimmer verlagern wir jetzt regelmäßig vor das Rathaus und mit
einer Einkaufswagenralley haben wir die Stadt etwas bunter und sandiger
gemacht.
Am 13.05.2014 hat die Freiburger Realpolitik in Form des Gemeinderats
mit großer Mehrheit einem interfraktionellen Antrag zum Thema Wagenleben
in Freiburg zugestimmt. Seit Jahrzehnten liegt nun endlich ein
einstimmiger Beschluss des Gemeinderats vor, der „experimentelle
Wohnformen“ grundsätzlich begrüßt. Es wurde mit einer großen Mehrheit verabschiedet, dass die Stadtverwaltung Flächen wohlwollend auf
ihre Eignung zur Zwischennutzung als Wagenplatz zu prüfen hat. Dafür
hat sie nun bis Ende Oktober Zeit. Die Stadtverwaltung, die selbst in
der Gemeinderatssitzung an ihrer harten Linie gegen Wagenleben
festgehalten hat, kann sich nun nicht mehr hinter angeblichen
Beschlüssen aus den 90er Jahren verstecken. Auch der grüne
Oberbürgermeister Salomon, der dem Beschluss eine Neinstimme gegeben hat
und sich damit in die politische Linie der CDU einreihte, muss sich nun
der Richtung des Gemeinderats und seiner Fraktion beugen.
Ausserdem forderte der Gemeinderat die Stadtverwaltung auf, unsere Wägen
so schnell wie möglich herauszugeben. Ob diese dem Appell nachkommt ist
jedoch unklar und liegt im Ermessen des Ordnungsamtes, welches mit
Herrn Rubsamen an seiner Spitze einen aggressiven und repressiven Umgang
gegen Wagenleben pflegt.
Des weiteren hat das Ordnungsamt verlauten lassen, dass die Herausgabe
der Wägen erst erfolgt, wenn die „Öffentliche Ordnung“ nicht mehr durch
„Parken am Straßenrand“ gefährdet wird. Das bedeutet, dass wir entweder
einen festen Platz brauchen oder uns in Luft auflösen müssen. Letzteres
wird definitiv nicht geschehen. Da wir momentan noch immer ohne Wägen
und somit obdachlos sind, fordern wir die Stadtverwaltung auf, ihrem
eskalativen Verhalten ein sofortiges Ende zu setzen und uns ein
Übergangsgrundstück, auf dem wir mit unsern Wägen leben können, zur
Verfügung zu stellen.
In den kommenden Wochen werden wir weiter den Bedarf nach Wagenplätzen
und unsere Wut auf die Straße tragen. Wir müssen klarstellen, dass das
Ordnungsamt mit seinem Leiter Rubsamen das Problem ist und nicht die
Wägler_innen, die Leute auf dem Augustinerplatz, die demnächst von dort
durch den Kommunalen Ordnungsdienst vertrieben werden oder die Leute,
denen es per Allgemeinverfügung verboten wird auf den Straßen in den 1.
Mai zu tanzen...
Wir werden weitermachen bis wir unsere Wägen wieder haben und mit ihnen
auf einem neuen Wagenplatz leben können. Frieden mit dem Ordnungswahn in
Freiburg bedeutet das aber noch lange nicht.
Das war erst der Anfang und wir freuen uns auf einen heißen Sommer in Freiburg.
Freiburg…you can get it if you really want.
Deshalb: Kommt am 7. Juni zur Love or Hate Parade nach Freiburg.
Startpunkt ist um 14 Uhr an der Johanneskirche.
Und ausserdem werden vom 25. bis 27. Juli die Wagentage in Freiburg stattfinden.
Wir freuen uns auf euch!