»Seit an Seit« für Deutschland

Erstveröffentlicht: 
07.05.2014

Rechtsextreme Hooligans aus ganz Deutschland planten in einem Internetforum gemeinsame politische Aktionen
Lange war nichts von ihnen zu hören, jetzt sind sie wieder da: Nazi-Hooligans, die sich über Vereinsgrenzen hinweg organisieren.

 

Von Christoph Ruf

 

 Die Polizisten staunten nicht schlecht, als sie begriffen, wer da in ihren Städten demonstrierte. Die stämmigen Männer mit den teils wilden Tätowierungen kannten sie von den Fußballspielen vor Ort - jedoch nicht von politischen Versammlungen. »Das war ein gut organisiertes Zusammentreffen von rechtsgerichteten Hooligans aus dem Südwesten, da war die Politik wohl wichtiger als die jahrzehntelange fußballerische Feindschaft zwischen Mannheim und Kaiserslautern«, erinnert sich der Mannheimer Polizeisprecher Norbert Schätzle.

200 rechte Hooligans aus dem Südwesten waren Ende März in die Kurpfalz gekommen, um eine Kundgebung des Salafistenführers Pierre Vogel zu stören. Fünf Beamte wurden dabei leicht verletzt. Man sei gewarnt gewesen, heißt es in Polizeikreisen, wisse aber letztlich nicht, wie sich die rechten Fußballschläger koordiniert hätten. Ähnlich ging es der Gladbacher Polizei im Februar, als »eine Gruppierung von cirka 150 Störern, die mit einer Vielzahl von Hooligans durchsetzt war«, eine Vogel-Kundgebung störte.

Die Hochzeit der Hooligans war in den achtziger und neunziger Jahren, als Prügeleien in den Stadien und regelrechte Straßenschlachten zum Alltag im deutschen Fußball gehörten. Mancher Beobachter behauptete in den vergangenen Jahren gar ernsthaft, es gebe sie gar nicht mehr. Allerdings dürften weit über 1000 Hools nach wie vor in Deutschland aktiv sein. Sie sind bestens vernetzt, verabreden sich immer wieder zu Schlägereien - was gemeinsame Aktionen, beispielsweise bei Auswärtsspielen der Nationalmannschaft nicht ausschließt. Natürlich sind nicht alle Hooligans rechtsradikal, doch mancherorten sind die Schläger seit mehreren Jahrzehnten fester Bestandteil der Naziszenen vor Ort. Das alles ahnte man, doch dass die sich Nazi-Hools vernetzen könnten und einer politischen Agenda folgen, hätte bislang kaum jemand für möglich gehalten.

Die Vorbereitungen zu den Aktionen gegen die Salafisten liefen über ein geheimes Internetforum mit dem Titel »Weil Deutsche sich’s noch trauen«, das einige Wochen betrieben wurde, ehe es aus Sicherheitsgründen geschlossen wurde - die Zahl der Mitstreiter war schlicht zu groß geworden. Über 300 Nazi-Hools aus allen Landesteilen hatten sich zusammengeschlossen, um ihrem Hauptfeind den Kampf anzusagen. »Anstelle uns immer gegenseitig auf die Nase zu hauen, was auch Spaß macht, müssen wir was Deutschland angeht Seit an Seit stehen«, schreibt ein Forumsteilnehmer. Einer will »Schweineblut verspritzen«, ein anderer fordert »Hals umdrehen und peng«, erntet aber Widerspruch: »Das wäre schon zuviel Körperkontakt ... gleich «peng» reicht«.

Wer das mehrere tausend Postings umfassende Forum studiert, ist überrascht, wie diszipliniert die Hooligans vorgehen (für jeden Neu-zugang im Forum muss ein Administrator aus der Region bürgen) und wie stark sie ihr Tun einem politischen Ziel unterordnen. Vielen geht es dabei nur in einem ersten Schritt um die Salafisten. Sollte die demokratische Öffentlichkeit positiv reagieren - »die Omis müssen uns lieb haben« - wollen sich die Fußball-Nazis vollends aus der Deckung wagen. Vorbild ist dabei die Entwicklung in der Ukraine, wo Schläger aus dem Fußballumfeld des »rechten Sektors« bewaffnete Ausschreitungen auf dem Maidan gesteuert haben.

Ihre Organisation ist nun an der Regierung in Kiew beteiligt. »Heute in der Ukraine und morgen in ganz Europa! Right Sector«, freut sich ein deutscher Hool im Forum. Man stehe bereit, wenn es in Deutschland zu einer revolutionären Stimmung komme.