Überraschendes beim 1.Mai 2014 im Tal: In der Innenstadt herumlaufende Kleingruppen, ins DGB-Fest hineingetragene Spontankundgebung und eine selbstgewählte Route von 350 beim autonomen 1.Mai in Wuppertal. Im Jahr 2008 endete die Wuppertaler autonome 1.Mai-Demonstration für fast 200 Teilnehmende im Polizeigewahrsam, nachdem die Bullen den traditionell im Arbeiterviertel am «Platz der Republik» starteten Demonstrationszug nach wenigen Metern angriffen und kesselten. Die Aktion der Cops war offenbar länger geplant und vorbereitet gewesen.
Sie markierte das Ende des Demobeginns im «Opphof», einem zwar verwinkelten und bergigen Viertel, das aber in bestimmten Ecken auch viel zu leicht abzuriegeln war. Seither befindet sich der Startpunkt des autonomen 1.Mai direkt am AZ auf der Gathe. Nachdem es nach der Verlegung des Auftakts immer mal wieder «Anpassungsprozesse» beider Seiten an die veränderten Bedingungen gab, und die Demo in den ersten Jahren meist nur als enger Wanderkessel ihr Ziel – das Schusterplatzfest auf dem Ölberg – erreichte, stellte sich in den letzten Jahren zunehmend eine gewisse Beruhigung ein. Die Cops kannten die Gegebenheiten immer besser und seit drei Jahren informieren sie die am AZ Versammelten sogar mit einer zuvor programmierten Laufschrift über die «genehme» Route der noch niemals in drei Jahrzehnten angemeldeten Demo.
Zu Ausbrüchen und Abzweigungen von diesem – von Bullenseite bestens präparierten – Weg kam es immer seltener, das Erreichen der Innenstadt erschien immer unmöglicher. So machte sich zunehmend Routine breit, die für viele ihren Höhepunkt am 1.Mai 2013 fand, als die Demo in rekordverdächtigen dreissig Minuten den Berg rauf und zum Schusterplatz kam. Die Bullen verzichteten im letzten Jahr sogar erstmals auf ihre Helme als der Ölberg erreicht wurde. Etwas, das früher nicht vorstelbar erschien.
Wir wollten uns mit dieser zunehmend immer gleichen Inszenierung eines unangemeldeten aber eingehegten autonomen Protests nicht weiter abfinden. Wir wollten 2014 zeigen, dass wir zu jeder Zeit und an jedem Ort demonstrieren können.
Wir haben an diesem 1.Mai deshalb gleich zweimal spontan in der Wuppertaler Innenstadt demonstriert. Am Mittag gingen wir zunächst – nach einer von außen in das DGB-Maifest hineingetragenen spontanen Kundgebung zu den prekären Arbeitsbedingungen der bei Subunternehmen der Stadtwerke beschäftigten BusfahrerInnen und gegen die nationalölkonomische Standortpolitik der DGB-Gewerkschaften – mit Lautsprecher und Fronttransparent als kleine, geschlossene Gruppe zum zentralen Busbahnhof der Stadt, wo wir BusfahrerInnen und Fahrgäste über Niedriglöhne und Arbeitsdruck beim Busunternehmen «Rheingold» informierten.
Später am Nachmittag trafen sich mehrere Menschen an einem zuvor verabredeten Ort, um gemeinsam als spontane Demonstration durch die City in Richtung des eigentlichen Demoauftaktes zu ziehen. Ziel war es, an der gewöhnlich ersten Absperrung der Cops in deren Rücken aufzutauchen. Hinter einem «AZ bleibt an der Gathe»-Transparent zog die Gruppe schnell und laut einmal durch die Fußgängerzone und erreichte gegen 18:30 Uhr die am AZ Wartenden. Auf besondere Aktionen während des Weges wurde diesmal verzichtet – es ging um die Beweisführung, dass auch heute eine unangemeldete autonome Demonstration in der Wuppertaler Innenstadt noch möglich ist.
Beide spontanen Aktionen blieben ohne Bullenbegleitung. Das Auftauchen hinter der Absperrkette auf der Gathe überraschte die eingesetzten Cops sichtlich. Offenbar hatte der etwas maue 1.Mai 2013 auch die Staatsmacht «eingelullt». Das zeigte sich dann vor allem auch bei der eigentlichen Demo des autonomen 1.Mai, der es in diesem Jahr erstmals seit langer Zeit wieder gelang, eine größtenteils selbstgewählte Route durch die Elberfelder Nordstadt zu nehmen. Die Beweglichkeit der Demo hat uns sehr gefallen. Wir waren begeistert.
Was zu beweisen war: Wir können zu jeder Zeit und an jedem Ort demonstrieren. More to come!
Für einen beweglichen und unberechenbaren autonomen 1.Mai in Wuppertal und überall!