Fahrzeuge von "Sand im Getriebe" werden beschlagnahmt / Vorläufiges Ende einer Odyssee quer durch Freiburg.
Die Wagenburg "Sand im Getriebe" ist vorerst Geschichte: Das städtische Ordnungsamt hat am Montagvormittag die Wagen beschlagnahmen lassen, die seit vergangenem Mittwoch an der Oberrieder Straße nahe dem Konrad-Guenther-Park im Stadtteil Waldsee standen. Neun Fahrzeuge von drei Abschleppfirmen waren im Auftrag der Stadtverwaltung im Einsatz; sie schleppten insgesamt elf Wagen ab. Ein größeres Aufgebot der Polizei war zum "Sichern" vor Ort, so Polizeisprecherin Jenny Jahnz. Die Aktion verlief friedlich.
Acht Monate lang, von Juli 2013 bis Ende vergangenen Monats, stand die Wagenburg "Sand im Getriebe" auf einem Parkplatz zwischen dem Bahnhof Littenweiler und der Pädagogischen Hochschule (PH). Rektor Ulrich Druwe hatte sich nach anfänglicher Skepsis bereit erklärt, die Wagenburg vor seiner Hochschule überwintern zu lassen. Im Gegenzug hielt sich die Wagenburg an die Vereinbarung mit dem PH-Rektor und verließ Ende März fristgerecht das Gelände – allerdings ohne einen Alternativstandort zu haben.
Den Wunsch von "Sand im Getriebe" nach Gesprächen über ein Gelände hatte die Stadtverwaltung in den vergangenen Monaten abgelehnt. Es gebe keine zusätzlichen Flächen für Wagenburgen, hieß es mit Verweis auf frühere Gemeinderatsbeschlüsse. Die Gruppe hatte zuletzt ein Gelände nahe dem Wiehre-Bahnhof im Auge, auf dem früher schon einmal kurzzeitig eine andere Wagenburg gestanden hatte, doch auch diese Option zerschlug sich bald: Die Stadt hat dieses Areal nach eigener Aussage an die Freiburger Verkehrs-AG (VAG) vermietet. Die VAG will dort in den nächsten Monaten Baumaterialien für ihre Großbaustelle lagern, die am 10. Juni für vier Monate in der Innenstadt eingerichtet wird.
Die Wagenburg "Sand im Getriebe" besteht aus 12 bis 14 Fahrzeugen – Kleinbussen, zu Wohnwagen umgebauten Lastwagen und alten Wohnanhängern. Ihre Mitglieder sind zwischen Anfang 20 und Ende 30 Jahre alt, einige gehen nach eigenen Angaben normalen Berufen nach, andere studieren und wieder andere verdienen ihren Lebensunterhalt mit Gelegenheitsjobs. Die Gruppe hat sich für ein Leben im Wagen entschieden, weshalb sie das Angebot der Stadt ablehnt, die Obdachlosenunterkunft "Oase" aufzusuchen.
Nachdem die Wagenburg Ende März den PH-Parkplatz verlassen hatte, begann eine Odyssee: Zunächst stand sie einige Tage lang am Straßenrand in der Hartmannstraße nahe der Universitätsklinik. Nachdem es Beschwerden wegen des versperrten Gehwegs gegeben hatte, zog sie einige Tage später weiter auf einen Parkplatz beim Westbad an der Ensisheimer Straße. Doch die Freiburger Stadtbau forderte die Wagenburg auf, das Grundstück sofort zu verlassen. Das städtische Ordnungsamt drohte mit Räumung. "Sand im Getriebe" zog daraufhin an die Wonnhalde im Stadtteil Wiehre und schon einen Tag später – am vergangenen Mittwochabend – in die Oberrieder Straße.
Vor einer Woche, als die Wagenburg noch beim Westbad stand, hatte die Behörde in einem Schreiben mitgeteilt, "dass bei eventuellen weiteren Besetzungen von fremden Grundstücken (ohne Zustimmung des Eigentümers) keine erneute Vorwarnung in Form dieses Schreibens erfolgt, sondern unmittelbar die Räumung und falls erforderlich die Beschlagnahme vorgesehen ist." Durch diese Ankündigung sah sich die Stadtverwaltung nun auf der sicheren Seite, die Fahrzeuge in der Oberrieder Straße ohne nochmalige Gespräche oder Warnungen beschlagnahmen und abschleppen zu lassen.
Zwei Mitglieder der Wagenburg zeigten sich am Montagvormittag im Gespräch mit der BZ denn auch überrascht über das Vorgehen der Stadt; sie hätten nicht mehr die Möglichkeit bekommen, ihre Fahrzeuge selbst wegzufahren und das teure Abschleppen zu verhindern.
Die städtische Pressesprecherin Edith Lamersdorf verweist denn auch auf die schriftliche Ankündigung vom 8. April. Grund für die Beschlagnahme sei, dass jederzeit eine weitere illegale Besetzung von Flächen in der Stadt drohe. Die Fahrzeuge seien beim Konrad-Guenther-Park auf einer Fläche abgestellt gewesen, die nicht als Parkplatz ausgewiesen sei. Zudem dürfe man außerhalb von Campingplätzen maximal eine Nacht in seinem Fahrzeug übernachten. Außerdem hätten sich Anwohner beschwert – unter anderem wegen Geruchsbelästigung.
Laut der Rathaussprecherin kann die Stadtverwaltung die Fahrzeuge bis zu sechs Monate lang einbehalten. Wie teuer das Abschleppen und die Beschlagnahme für die Wagenburg wird, konnten am Montag weder die beteiligten Abschleppunternehmen noch die Stadtverwaltung beziffern.
Von Frank Zimmermann
WAGENBURGEN
Aktuell gibt es Wagenburgen in Freiburg
auf städtischem Gelände drei ausgewiesene Wagenburgplätze, die allerdings alle belegt sind: "Biohum" an der Opfinger Straße beim Rieselfeld (20 Plätze), den Standort Eselwinkel an der Hermann-Mitsch-Straße (31) und den Schattenparker-Platz (45) zwischen Hermann-Mitsch-Straße und Flugplatz. Darüber hinaus stehen einige Wagenburgen auf privaten Flächen, etwa in St. Georgen und in Kappel.