Nach EuGH-Urteil: Regierung verzichtet auf Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung

Die Große Koalition hat ihre Pläne für ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nach SPIEGEL-Informationen aufgegeben. Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs will man eine neue EU-Richtlinie abwarten. Das dürfte aber noch dauern.

 

Hamburg - Die schwarz-rote Koalition will den jahrelangen Streit um die Vorratsdatenspeicherung beenden und in dieser Legislaturperiode auf ein entsprechendes Gesetz verzichten. Weder Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) noch Justizminister Heiko Maas (SPD) hätten ein Interesse, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dieses heikle Thema vor der nächsten Bundestagswahl noch einmal anzufassen, heißt es in Kreisen des Regierungsbündnisses.

 

Das Gericht hatte die EU-Regelung über die Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung in der vergangenen Woche gekippt. Kauder und die Spitze der SPD-Fraktion verabredeten danach, dass die Koalition nur dann erneut aktiv werde, wenn die EU-Kommission eine neue Richtlinie vorlegt. Diese dürfte jedoch nach Einschätzung der Union frühestens im Herbst 2016, wahrscheinlich eher im Frühjahr 2017 verabschiedet werden - und damit zu spät für eine Umsetzung in Deutschland vor der Bundestagswahl im Herbst 2017.

 

Auch CSU-Chef Horst Seehofer, der schon im vorigen Sommer zu den Gegnern einer Vorratsdatenspeicherung übergelaufen ist, warnt vor einer neuen Initiative der Regierung: "Wenn das Bundesverfassungsgericht und der EuGH solche Bedenken haben, ist jetzt nicht die Zeit für einen Gesetzgebungssprint."

 

Union und SPD hatten sich bei den Koalitionsverhandlungen im vergangenen Herbst darauf verständigt, die Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Bei beiden Koalitionspartnern gibt es aber nun starke Vorbehalte - vor allem weil bei den Bürgern die Sensibilität gegen staatliche Überwachung wegen der NSA-Affäre gewachsen ist.