Plakate in Pinneberg – „Es gibt mehr Nazis, als man denkt“

Erstveröffentlicht: 
08.04.2014

Wolfgang Seibert von der Jüdischen Gemeinde Pinneberg bezeichnet die Plakate mit Bildern des SS-Führers Erich Priebke als „erschreckend“.

 

Pinneberg | Am Montag war der Spuk bereits vorbei. Die leuchtend roten Plakate mit dem Konterfei des SS-Führers Erich Priebke waren wieder aus dem Stadtbild verschwunden. In der Nacht zum Freitag waren die Poster in der Bahnhofstraße und entlang der Friedrich-Ebert-Straße in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufgehängt worden. Bürgermeisterin Urte Steinberg beauftragte den Kommunalen Servicebetrieb (KSP) mit der Entfernung der illegal aufgehängten Plakate. Doch der KSP musste nicht ausrücken. „Ich habe am Montag morgen keine Plakate mehr in der Stadt gesehen“, so Ernst-Günter Steenbock aus der Stadtverwaltung. Er habe dem KSP daraufhin Entwarnung gegeben. Der Stadt bleiben also die Kosten für das Entfernen der Poster erspart.

 

Wolfgang Seibert, der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde Pinneberg, legte selbst Hand an. „Ein paar der Poster habe ich entfernt“, so Seibert im Gespräch mit dem Pinneberger Tageblatt. Für ihn macht die Aktion eines deutlich: „Es gibt in Pinneberg mehr Nazis als man denkt.“ Es sei „erschreckend“, wenn man die eigenen Ahnungen auf diese Art und Weise bestätigt bekomme. Über die Motive und die Identität der Plakatkleber kann Seibert nur spekulieren. „Vielleicht wollte sich die Szene selbst wieder in Erinnerung bringen.“ Seibert weist darauf hin, dass am Sonnabend ein Beitrag auf der Website der „Jugend für Pinneberg“ erschien, in der Priebke thematisiert wird. Die selbsternannte „nationale Bewegung“ bezeichnet Priebke darin als „durchschnittlichen Deutschen“, der nur seine Pflicht getan hätte. Priebke war als Mitglied der SS in Italien stationiert und 1944 an der Ermordung von 335 italienischen Zivilisten beteiligt. Nachdem er Jahrzehnte lang in Argentinien lebte, lieferte ihn das südamerikanische Land 1995 nach Italien aus, wo er zu lebenslanger Haft verurteilt wurde. Priebke starb 2013.