Nachdem diesen Montag der Bulle Daniel Kraft vom Amtsgericht Halle freigesprochen wurde, haben wir am Abend eine Spontandemo durch Halle's Innenstadt gemacht.
Dabei verteilten an Passant*innen und Anwohner*innen folgenden Flyer:
"Polizei bleibt unantastbar?
Schluss mit Protektion und Straflosigkeit für die Bullen!
Am heutigen Tag ging in Halle der Gerichtsprozess gegen den Polizisten Daniel Kraft mit einem Freispruch zu Ende. Dieser war angeklagt, weil er im August 2012 bei den Protesten gegen eine Demonstration der NPD einen Menschen mit dem Bein so heftig in den Unterleib stieß, dass der Betroffene zweifach notoperiert und neun Tage im Krankenhaus behandelt werden musste. Er erlitt bleibende Schäden im Unterleib. Da der Freispruch jedoch nicht auf der Unschuld des Angeklagten beruht, sondern auf dessen Status als Polizeibeamten, der in der Rechtssprechung offenbar mit Immunität gleichzusetzen ist, haben wir am Abend des 07. April eine Spontandemonstration in Halle durchgeführt, an der sich etwa 70 Menschen beteiligten. Ziel war es auf die systematische Dimension von Polizeigewalt hinzuweisen. Die Protektion durch die Justiz führt seit Jahrzehnten dazu, dass die Bullen quasi keine Verantwortung für ihr Handeln zu tragen haben. Schlägertrupps bei der Polizei scheinen regelrecht erwünscht zu sein. Dementsprechend locker sitzen Pfefferspray und Schlagstock.
Beim Gerichtsprozess zeigte sich – wie in den meisten Fällen in denen Polizist/innen für ihre Handlungen während der Dienstzeit angeklagt werden – erneut der Korpsgeist innerhalb der Polizei. Obwohl mehrere Journalisten und zivile Zeugen den Vorfall beobachtet hatten, und es zudem noch Fotos vom Tathergang gab, auf denen zu sehen ist, wie der Angeklagte den Geschädigten anging, konnte sich von den Kolleg/innen des Beschuldigten – die selbst auf den Fotos zu sehen waren – niemand mehr an irgendetwas erinnern. Stattdessen fantasierte einer der geladenen Polizeibeamten ein Bild von Menschen die eine Polizeikette gewaltsam durchbrochen hätten herbei. Nichteinmal seine Kolleg/innen konnten das bestätigen. Weder die Polizeikette, noch irgendeine Form von Gewalt seitens der Demonstrierenden konnten durch die Zeug/innen oder die Fotos belegt werden. Offenbar war der Geschädigte einfach zwischen den Polizisten durchgelaufen, und wurde kurz darauf vom Angeklagten attackiert, nachdem dieser sich entschied, dass die Straße ab jetzt gesperrt sei. Der Geschädigte hob beide Arme, wurde von Daniel K. schwer verletzt und ging zu Boden. Der Täter entfernte sich zügig und behauptete im Gerichtsverfahren nichts von den schweren Verletzungen mitbekommen zu haben.
Eine gute Taktik! Deutsche Gerichte
sprechen seit jeher angeklagte Bullen frei, die meisten Fälle landen
nie vor Gericht, sondern werden schon zuvor durch die
Ermittlungsbehörde – quasi unter Kolleg/innen – eingestellt.
Unabhängige Ermittlungsbehörden gibt es in Deutschland nicht –
ein Missstand der auch schon von Amnesty-International angeprangert
wurde. Vor Gericht geht es weiter: Mal war der tödliche Schuss auf
einen Unschuldigen aus der Polizeiwaffe "der Stresssituation"
geschuldet – mal hat die Polizei in Notwehr gehandelt, weil sich
die schwer gepanzerten Beamt/innen bedroht gefühlt haben. Ergebnis
in jedem Fall: Zum Teil schwer verletzte Zivilisten – und
freigesprochene und von jeder Verantwortung befreite Bullen. In
diesem Fall – wo der Gerichtsmediziner feststellte, dass ein Stoß
mit 50 Kilo Kraft notwendig sei um eine derart schwere Verletzung
hervorzurufen – entschied das Gericht, dass zwar klar sei, dass die
Tat durch die Polizei verübt wurde, dies jedoch auch zeitlich nach
der Situation die auf den Pressefotos zu sehen ist, und auf der nur
der Angeklagte an dem Demonstrierenden dran war, geschehen sein
könnte. Zu diesem Zeitpunkt lag dieser jedoch schon mit starken
schmerzen am Boden, was offenbar das Amtsgericht nicht weiter
interessierte.
Es geht uns nicht allein um die Verurteilung von
Daniel Kraft. Er ist einer von vielen Schlägerbullen und das Produkt
einer Polizeiausbildung, in der systematisch Bullen darauf geschult
werden Protestierende als Feindbild wahrzunehmen. Somit ist letztlich
jeder Protest davon bedroht mit Wasserwerfern und Schlagstöcken
niedergeknüppelt zu werden, wenn der Befehl erteilt wird. Das
Gewaltmonopol des bürgerlichen Staates bedeutet in letzter
Konsequenz genau das.
Der Anwalt des Geschädigten hat Berufung gegen das Urteil eingelegt.
Es geht also weiter, ob auf der Straße oder vor Gericht."