Escalating Identity - Wer ist Oakland? Die Politik der Sicherheit, staatliche Aneignung & Aktivismus gegen Unterdrückung

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Anti-Diskriminierung, Bürgerrechte und Dekolonisierungskämpfe zeigen deutlich, dass wenn Widerstand auch nur geringfügig effektiv ist, die Kämpfenden in Gefahr sind. Die Wahl liegt nicht zwischen Gefahr und Sicherheit, sondern zwischen den ungewissen Gefahren der Revolte und der Gewissheit des Fortsetzens der Gewalt, der Beraubung und des Todes.

 

„Es ist glasklar, dass weiße Vorherrschaft existiert. Sie tropft aus jeder Pore unserer Gesellschaft. Sie infiziert jede soziale Beziehung. Sie beeinflusst offensichtlich Occupy Wall Street.“

 

Dies sind die einleitenden Worte, mit denen ein anderer Autor namens Will seinen Text „Privilege Politics is Reformism“ einleitet. Nicht anders ließe es sich hier darstellen und anstelle der Proteste rund um Occupy Wall Street könnten zahlreiche aktuelle Kämpfe in Deutschland beispielhaft genannt werden: Der Refugee-Strike, die Besetzung des Oranienplatzes und der Schule in der Ohlauer Straße in Berlin, die Dynamiken in Hamburg und die Beteiligung bzw. (vermeintliche) Unterstützung durch Weiße. All diese Bewegungen finden in einem Land statt, dass durch und durch rassistisch ist: die maßgeblich von Deutschland geführte
Abschottungspolitik Europas, der sog. NSU und die staatliche Verwicklung in diesen, das erneute Aufkochen einer rassistischen Pogromstimmung wie es sie zuletzt im nationalen Taumel der Wiedervereinigung gab, die breite Zustimmung bzw. Anerkennung rassistischer Demagogen – dies alles sind die Gipfel einer Gesellschaft, die einen rassistischen Alltag lebt und auf rassistischen Strukturen gebaut ist.
Zu glauben, soziale Bewegungen könnten sich dieser Macht einfach entziehen und gegenüberstellen, ist naiv und gefährlich. Und dennoch sollte dies unser aller Ziel sein. Woran es mangelt, ist ein adäquater, radikaler Umgang mit diesen Widersprüchen.

 

Der vorliegende Text wurde von einigen Beteiligten der Oakland Commune geschrieben und geht um genau dieses Problem. Zugegeben, die USA ist von Deutschland sehr verschieden. Dennoch denke ich, dass dieser Text einen sehr wichtigen Teil beitragen kann zu den aktuellen Debatten und Bewegungen. Auch
wenn ich nicht mit Allem übereinstimme oder Einiges andersgeschrieben hätte, so halte ich viele Punkte für extrem wichtig: die Kritik an einer Politik der Identität sowie der Kritik an einem Appell an die individuelle Haltung und eines vermeintlich antirassistischem Reformismus vor dem Hintergrund einer materiell manifestierten weißen Vorherrschaft.
Vieles in dieser Diskussion muss noch gesagt werden. Dabei kann es helfen, jenen zuzuhören, die bereits an anderer Stelle ähnliche Konflikte führten. Ich hoffe, dass diese Übersetzung dazu beitragen kann.


Noch eine Anmerkung zur Sprache: Alle Fußnoten stammen von mir und sind im Original nicht vorhanden. Lediglich die Quellenverweise sind auch in der englischen Fassung vorhanden. Außerdem sollte klar sein, dass die Diskurse um Rassismus etc. in den USA sowohl historisch als auch sprachlich von denen in
Deutschland sehr verschieden sind. Eine direkte Übersetzung fiel oftmals schwer und so manches Wort wird wohl bei Einigen aufstoßen.