Still loving feminism.
Der Internationale Frauentag hat eine lange Tradition. Er entstand im Kampf um Gleichberechtigung, um bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und kürzere Arbeitszeiten. Auf dem Internationalen Arbeiter_innenkongress in Paris 1889 wurde auf Antrag von Emma Ihrer und Clara Zetkin ein Beschluss über die Gleichberechtigung der Frau gefasst. Die Frauen forderten unter anderem ein gleichberechtigtes Wahlrecht für Männer und Frauen, gleichen Lohn für gleiche Arbeit und die Festsetzung eines Mindestlohns.
In ihrer Rede auf dem Kongress erklärte Clara Zetkin schon damals :
„Die Arbeiterinnen sind durchaus davon überzeugt, dass die Frage der
Frauenemanzipation keine isoliert für sich bestehende ist, sondern ein
Teil der großen sozialen Frage.“
Auch der Feminismus von heute sollte sich als ein Konzept begreifen, das
gesellschaftsverändernde politische Theorien und ein Ideensystem mit
Vorstellungen für eine andere Welt ohne soziale und
geschlechterspezifische Ungleichheit und Unterdrückung entwickelt.
Der Feminismus, wie wir ihn verstehen, ist zugleich eine Bewegung für
den gesellschaftspolitischen Wandel hin zu einem besseren Leben für alle
Menschen.
Auch über hundert Jahre nach der Entstehung des Frauentags und trotz
jahrzehntelanger Kämpfe der Frauenbewegung sind viele Forderungen immer
noch aktuell.
In Deutschland verdienen Frauen noch immer durchschnittlich 23 Prozent
weniger Geld als Männer. Mehr als 80 Prozent der Teilzeitbeschäftigten
und Zweidrittel der MinijobberInnen sind Frauen. Die Sorge und Fürsorge
für Menschen gilt weiterhin als klassische ‚Frauenarbeit‘ und wird im
Job gering und Zuhause gar nicht entlohnt. Trotz Elternzeit, die beiden
Elternteilen zu Verfügung steht, sind es immer noch hauptsächlich die
Frauen die nach der Geburt eines Kindes zu Hause bleiben. Die
Reproduktionsarbeit, die sie mit der Kinderziehung und der Erledigung
des Haushalts leisten, wird nicht vergütet. Frauen sind auch deshalb
wesentlich häufiger von Altersarmut betroffen oder vom besser
verdienenden Partner abhängig.
Hinzu kommt, dass Frauen immer wieder Übergriffe und sexualisierte
Gewalt erleben müssen – nicht nur in Ländern wie Indien, wo
Vergewaltigungen von Frauen momentan für Aufsehen sorgen, sondern auch
hier in der BRD. Etwa 40 Prozent der Frauen in Deutschland haben seit
ihrem 16.Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren, 13
Prozent der in der BRD lebenden Frauen haben seit ihrem 16.Lebensjahr
strafrechtlich relevante Formen sexueller Gewalt erlebt.
Pluralistisch und vielfältig
Feminismus ist für uns mehr als das Streiten für Frauenrechte. Es geht darum, eine Perspektive zu entwickeln, die verschiedene Diskriminierungsformen und ihre Verschränkungen im Blick hat.
Dass unsere Gesellschaft hier immer noch weit entfernt von
fortschrittlichem Denken und Handeln ist, wird am Beispiel der
Diskriminierung von homo-, bi- und transsexuellen Menschen sichtbar.
Aktuell wird dies an der Debatte um Homosexualität im Unterricht
deutlich. Die baden-württembergische Landesregierung möchte das Thema
Homosexualität in den Lehrplan mit aufnehmen, dies stößt auf Widerstand
bei der evangelischen und katholischen Kirche.
Auch andere christlich-konservative Kräfte hetzen gegen den neuen Bildungsplan und schüren irrationale Antipathien.
Noch immer fühlen sich 46 Prozent der Lesben, Schwulen, Bi- und
Transsexuellen in Deutschland wegen ihrer sexuellen Identität und
Orientierung diskriminiert.
In allen Lebensbereichen, ob in der Schule, beim Arzt oder am
Arbeitsplatz finden diese Diskriminierungen statt. Lesbische Frauen sind
mit 55 Prozent besonders häufig von Anfeindungen und Benachteiligungen
betroffen. Dass es auch in Westeuropa sogar immer wieder Gewalt gegen
Homosexuelle gibt, zeigte sich zuletzt in Frankreich. Als dort kürzlich
die Einführung der Homo-Ehe vom Parlament beschlossen wurde, nahmen die
Angriffe auf Schwule und Lesben zu.
Auch hier gilt es sich solidarisch mit den Betroffenen zu zeigen und
durch aktives Handeln täglich gegen diese Benachteiligungen hinzuwirken.
Das Ziel feministischen Engagements muss eine Gesellschaft sein, in der
alle Menschen frei von Unterdrückung aufgrund ihrer sexuellen Identität
leben und ohne Angst „verschieden“ sein können.
Gemeinsam und international gegen Patriarchat und Unterdrückung
Die Einteilung der Menschen in die Kategorien „weiblich“ und
„männlich“ ist Grundlage für die Herausbildung des Patriarchats.
Angebliche biologische Tatsachen, die dem jeweiligen Geschlecht
zugesprochen werden, dienen als Vorwand für die Ausübung von Macht und
Herrschaft durch das sogenannte „männliche Geschlecht“.
Dies wollen wir nicht hinnehmen.
Wie dies auch praktisch überwunden werden kann, zeigen z.B.die Frauen in
Rojava. Rojava ist ein Gebiet, das vom Irak entlang der türkischen
Grenze bis zur Mittelmeerküste reicht. Hier leben verschiedene Ethnien
zusammen, die Mehrheit der Bevölkerung sind Kurd_innen. Sie streben
gemeinsam den Aufbau einer demokratischen autonomen Region an.
In diesem Teil der Welt zeigen kurdische Frauen auf, wie man sich durch
Selbstorganisation nicht nur vor äußeren Angriffen schützt, sondern auch
zugleich patriarchale Strukturen innerhalb der eigenen Gesellschaft
überwinden kann. In Westkurdistan ist es leider traurige Realität, dass
diese Selbstverteidigung zur Überlebensfrage geworden. Denn tagtäglich
sehen sich die Frauen dort durch Kampfverbände, die größtenteils aus
Dschihadisten bestehen und weder Kriegsrechte noch Menschenrechte
kennen, bedroht. Unterdrückung und Vergewaltigungen sind gängige Praxis
dieser Männer.
In allen Städten Westkurdistans und in den syrischen Städten, in denen
viele Kurd_innen leben, wurden Frauenräte mit 150 bis 250 Mitgliedern
gewählt. Ihr Ziel ist es, die politischen Interessen von Frauen zu
vertreten und den Aufbau einer demokratisch-ökologischen,
geschlechterbefreiten Gesellschaft voranzutreiben. Die Frauenräte sind
das verbindende und beschlussfassende Gremium aller Frauen.
Als zentralen Schlüssel für die Befreiung der Frauen sehen die
Kurd_innen die Bildung, daher organisieren sie Seminare mit und für
Frauen und bauen in den Städten und Dörfern Bildungseinrichtungen und
Akademien auf.
Frauen sind in Rojava nicht nur auf politischer und sozialer Ebene
aktiv, sondern auch in der militärischen Selbstverteidigung. In der
Koordination der Generalkommandantur der 2004 gegründeten
Selbstverteidigungskräfte YPG sind von drei Mitgliedern zwei Frauen.
Auch innerhalb der Zivilbevölkerung werden Frauen im Umgang mit der
Waffe ausgebildet, um im Notfall das Leben ihrer Familien verteidigen zu
können.
„Ich kam zurück aus Rojava mit einer Girlande aus Klee um meinen Hals und der
tiefen Hoffnung, dass Frauen die Kraft haben, die Welt zu verändern“
Zübeyde Sarı, türkische Journalistin, die im Oktober 2013 Rojava besuchte
Dies alles zeigt uns: Feminismus ist nicht überholt, er ist und bleibt aktuell!
Der Kampf gegen Diskriminierung und Sexismus geht weiter und muss von uns selbst organisiert und weiter entwickelt werden.
Und er darf nicht losgelöst betrachtet und geführt werden vom Kampf für
eine Gesellschaft, die auf Solidarität und Gleichheit beruht.
Deswegen: Lasst uns zusammen stark sein!
Heraus zum Frauenkampftag 2014!
Samstag, 8.März 2014:
11.30 Uhr Kundgebung | Heilbronn Kiliansplatz
Ab 15.00 Uhr Café und Kuchen | Soziales Zentrum Käthe (Wollhausstr.49 Heilbronn)
Ab 17.00 Uhr Film über Angela Davis und Tanz | Soziales Zentrum Käthe (Wollhausstr.49 Heilbronn)
Unterstützende Gruppen:
Arbeitskreis Internationale Solidarität Heilbronn | CSD Heilbronn-Unterland | Linke Frauengruppe Heilbronn | Organisierte Linke Heilbronn (OL)