Anwohner des geplanten Heims für Asylsuchende in Falkensee wollen offenbar eine Bürgerinitiative gründen. Nach MAZ-Informationen soll es bereits ein erstes Treffen gegeben haben. Seit Dienstag ist der Protest gegen das Heim auch öffentlich zu besichtigen: An Gartenzäunen und einer Häuserwand wurden Transparente aufgehängt.
Seit bekannt ist, dass der Kreis an der Kremmener Straße / Ecke Bergstraße in Falkensee ein Heim für Asylbewerber bauen will, brodelt es in der Nachbarschaft. Das Haus für 80 Flüchtlinge, das dort entstehen soll, ist unter den Anwohnern und Friedhofsbesuchern derzeit das Thema Nummer eins. Dem Vernehmen nach haben sie vor allem Angst vor Unruhe und steigender Kriminalität. Seit Dienstag ist diese Angst öffentlich sichtbar: An Gartenzäunen und einer Hausfassade wurden Transparente aufgehängt. Die Spruchbänder ("Hier ist der falsche Standort", "ASB + Asylheim = Pulverfass, nein danke") sind aber offenbar nur die Spitze des Eisbergs. Nach MAZ-Informationen steht die Gründung einer Bürgerinitiative bevor. Es soll schon zu vorbereitenden Anwohnerversammlungen gekommen sein.
Im Gegensatz zum Internet, wo der Protest gegen das Asyl laut Verfassungsschutz von externen Rechtsextremen kanalisierst und angetrieben wird, scheinen die Leute aus der Nachbarschaft mehrheitlich dem Falkenseer Bürgertum zuzurechnen zu sein. Einer, der sich gegen das Heim wendet, ist Cafébesitzer in Berlin. Er wohnt mit seiner Frau ‒ sie ist Lehrerin ‒ rund 200 Meter entfernt von eben jener Brache, die der Landkreis mit zwei dreistöckigen Häusern bebauen will. "Ich selbst traue mich nicht, Protestplakate an meinem Haus aufzuhängen", sagt er. Aber dass es jemand tut, findet er gut. Er sagt, er habe nichts gegen Ausländer, aber Angst um sein sechs Monate altes Kind. Das müsse irgendwann am Asyl vorbei zur Schule gehen, und damit vorbei an mutmaßlichen Drogenhändlern. Seit klar sei, dass das Heim in Sichtweite seines Hauses gebaut wird, gehe es außerdem seiner Frau nicht gut. Er will wegziehen, und zwar so schnell wie möglich. "Wir wollen unsere Ruhe", sagt er.
Dass vom geplanten Heim Unruhe ausgehen wird, glaubt auch eine andere Anwohnerin: Sie hält es für möglich, dass die Asylsuchenden den Friedhofsbetrieb stören. "Ich muss wohl vor April 2015 sterben, damit meine Kinder noch eine ungestörte Trauerfeier bekommen", sagt die 80-Jährige. Andere halten vor allem die unmittelbare Nachbarschaft des Arbeiter-Samariter-Bunds (ASB) mit dem Kinderheim für ungünstig ‒ "denn da treffen da Schwererziehbare auf Asylanten", sagt einer.
Im Rathaus steht man dem Aufruhr mit gemischten Gefühlen gegenüber. Eigentlich hat Bürgermeister Heiko Müller ihn ja erwartet: "Wir müssen mit Widerspruch rechnen", sagte er noch vergangene Woche, als er gemeinsam mit Landrat Burkhard Schröder den Bau des Heims verkündete. Und das, obwohl die Falkenseer Stadtverordneten sich parteiübergreifend für die Prüfung der Stadt als Asylstandort ausgesprochen hatten. Von einer "Willkommenskultur" und einer "weltoffenen Stadt" war stets die Rede ‒ auch in Abgrenzung zu Orten, in denen die Anwohner auf die Barrikaden gegangen waren.
"Dass man jetzt in Falkensee genauso reagiert wie in jeder anderen Stadt, finde ich schade", sagte Müller gestern. Einen Standort, auf den sich ausnahmslos alle einigen könnten, gäbe es aber nirgendwo. Er zeigte sich aber gesprächsbereit. "Es hätte an jedem Ort Stress gegeben", sagte auch ASB-Chef Ulf Hoffmeyer-Zlotnik. In der Kreisverwaltung bleibt man optimistisch:"Ich gehe davon aus, dass die Mehrheit der Falkenseer nach wie vor offen für das Heim ist ‒ und dass wir die kritischen Fragen beantworten können", so Sozialdezernent Wolfgang Gall.