Von Lampedusa nach Hellersdorf Rassismus und Sozialchauvinismus als Folgen kapitalistischer Vergesellschaftung
Wirft man dieser Tage einen Blick in die Presse, könnte man zu dem
Eindruck gelangen, dass sich die Geschichte wiederholt: wie Anfang der
90er Jahre fallen eine politische Diskussion um das Asylrecht mit mehr
oder minder spontanen Ausbrüchen des „Volkszorns“ zusammen, in denen
sich Bürger und/ oder Nazis vor Unterkünften von Geflüchteten versammeln
und im Fackelschein „Wir sind das Volk“ skandieren.
Tatsächlich kann aber von einer Wiederholung insofern nicht die Rede
sein, als dass sich inzwischen nichts geändert hatte. Vielmehr ließe
sich von einer Fortsetzung sprechen; einer Fortsetzung rassistischer
Ressentiments innerhalb der Bevölkerung einerseits und einer Fortsetzung
einer restriktiven Asylpolitik, die zwar heute vermehrt auf EU-Ebene
verhandelt wird, ihren nationalen Bezug dabei aber keineswegs verloren
hat. Denn letztlich sind es die nationalen Interessen der
EU-Mitgliedstaaten, die mittels des Asylrechts vor „zu viel Zuwanderung“
geschützt werden sollen.
An der Stelle stimmen Bürgermob und Nazis
in das Lied mit ein – nur, dass sie ihre nationalen Interessen durch
den Staatsapparat eben nicht genug geschützt sehen und deswegen selbst
auf die Straße gehen. Ihnen geht es aber dabei auch um „mehr“. Sie
sorgen sich wenig um die wirtschaftliche Nützlichkeit der Geflüchteten
und noch weniger um deren humanitäre Notlage, sondern in erster Linie um
sich selbst. Kriminalität gehe von den Asylbewerbern und ihren
Unterkünften aus, dass sei ja hinlänglich erwiesen, ihr Stadtteil leide
darunter. Flankiert wird dieses Ressentiment von der Angst, in
irgendeiner Form benachteiligt zu werden; Sozialleistungen und
Arbeitsplätze sind knapp, da ist doch klar, dass die eigene Solidarität
an der Grenze der Nation endet.
Offenbar treibt die hohe Politik
etwas anderes um als den Volksmob auf der Straße. Offensichtlich ist
beides aber Teil ein und desselben gesellschaftlichen Problems – zwei
Seiten einer Medaille. Auf der Veranstaltung am 24.02. wollen wir eine
Antwort auf die Frage geben, welches Problem das ist und wie es beide
Seiten vermittelt, und diese Antwort zur Diskussion stellen. So viel sei
vorab gesagt: beides wird befeuert durch Funktionen und Folgen einer
kapitalistischen Ökonomie.
Die Gruppe Kritik & Intervention
besteht seit 2010 in Bielefeld. Sie arbeitet gegen die wesentlichen
Kategorien kapitalistischer Gesellschaften: dem Kapital, das seinen
Zweck in der rastlosen Verwertung des Werts findet und die Menschen als
sein Mittel in permanenter Konkurrenz zueinander aufreibt; sowie dem
Staat, der dieses Kapitalverhältnis garantiert, um seinen Bestand in der
internationalen Konkurrenz zu sichern; als auch Ideologien wie
Nationalismus, Rassismus, Antisemitismus oder Geschlecht, die sie als
notwendig-falsche Bewusstseinsformen dieser realen
Herrschaftsverhältnisse begreifen. Sie richtet Workshops,
Abendveranstaltungen oder Veranstaltungsreihen aus, um die Kritik an
Staat und Kapital sowie die Kritik ihrer Bewusstseinsformen zu schärfen.
Eine praktische Wendung findet diese Theoriearbeit in öffentlicher
politischer Intervention. Die Gruppe Kritik & Intervention ist
organisiert im kommunistischen Bündnis …umsGanze!
Schneiderberg 50 (Raum V110)
Eine Veranstaltungsreihe der SachbearbeiterInnenstellen Antirassismus & Antikapitalismus des AStA der Uni Hannover in Kooperation mit association [belle vie ] und Fast Forward Hannover
Weitere Veranstaltungen:
Einfach nur stolz auf Deutschland?
Sozialpsychologische Überlegungen zu Patriotismus, Nationalismus, Rassismus
Mittwoch 26. Februar 2014, 20:00 Uhr, UJZ Korn (Kornstrasse 28-32, 30167 Hannover)
La France aux Français!
Rassistische Bewegungen in Europa am Beispiel Frankreichs
Dienstag 4. März 2014, 19:00 Uhr, Pavillon (Lister Meile 4, 30161 Hannover)
refugees welcome
Linke Analyse der rassistischen Bürgerbewegungen und Strategien dagegen
Montag 10.März 2014, 19:00 Uhr, Faust Warenanahme (Zur Bettfedernfabrik 3, 30451 Hannover)