NATO blockieren: Friedensbewegung
mobilisiert zu Demonstrationen in Strasbourg, Kehl und Baden-Baden.
Proteste gegen geplante No-go-Areas
Von Rüdiger Göbel
Die NATO wird 60 und bleibt unpopulär. Die Protestbewegung
gegen den Jubiläumsgipfel der Kriegsallianz Anfang April in
Strasbourg, Kehl und Baden-Baden gewinnt an Fahrt. Das
globalisierungskritische Netzwerk ATTAC hat eine
»Busbörse« zu den Demonstrationen gegen die
grenzüberschreitende Geburtstagsfete eingerichtet (www.attac.de/aktuell/nato/busboerse/).
Aus Nordrhein-Westfalen soll ein kompletter Zug ins
badisch-elsässische Protestgebiet rollen (www.friedenslok.org).
Inzwischen steht fest, daß in Ganzau in Strasbourg-Neudorf
ein internationales Camp errichtet wird – auch wenn die
zuständige Stadtverwaltung das noch mit allerlei unzumutbaren
Auflagen zu behindern versucht. T-Shirts mit dem schlichten Slogan
»No NATO« sind gedruckt, das Programm für den
Gegengipfel am 3. und 5. April steht (www.no-to-nato.org).
Am Wochenende simulierten Friedensaktivisten in der
Elsaß-Metropole gewaltfreie Blockaden. Das Bündnis
»Block NATO«, in dem sich Initiativen der
Antikriegsbewegung aus mehreren europäischen Ländern
zusammengeschlossen haben, hat sich zum Ziel gesetzt, am 4. April
von 6 bis 12 Uhr in Strasbourg den NATO-Gipfel effektiv zu
behindern. Allein das harmlose, halbstündige Protesthappening
in der Innenstadt ließ bei den Behörden im Nachbarland
schon die Alarmglocken läuten. Der Strasbourger
Oberbürgermeister Roland Ries warnte zu Wochenbeginn in den
Medien vor »Ausschreitungen« und
»Krawallen«. Der Politiker der französischen
Sozialisten will »unbedingt« verhindert, daß sich
Gipfelgegner und Gipfelteilnehmer begegnen, und Proteste nur fernab
vom Zentrum gestatten.
Ein Teil der Innenstadt sowie der Bereich um den eigentlichen
Tagungsort, das Strasbourger Kongreßzentrum, die sogenannte
Rote Zone, können während der Gipfeltage gar nur mit
einem eigens ausgestellten Passierschein betreten werden.
Zusätzlich wird für das NATO-Treffen ein neues
Videoüberwachungssystem installiert. »No-go-Areas«
sind auch für die Bevölkerung und die Demonstranten in
Baden-Baden geplant, wo die Gipfelgäste, darunter
US-Präsident Barack Obama und rund 30 weitere Staats- und
Regierungschefs, am 3. April mit einem Galadinner empfangen werden
sollen. Insgesamt werden auf deutscher und französischer Seite
wohl weit mehr als 20000 Polizisten aufgeboten, um die Verbannung
der Friedensaktivisten in die städtischen Randgebiete
durchzusetzen.
Die Friedensorganisation IPPNW (Internationale Ärzte zur
Verhütung des Atomkrieges) forderten am Dienstag
Bundeskanzlerin Angela Merkel und den französischen
Präsidenten Nicolas Sarkozy in offenen Briefen auf, sich
anläßlich des NATO-Gipfeltreffens am ersten
Aprilwochenende persönlich für ein uneingeschränktes
Recht auf Demonstrationsfreiheit zwischen Baden-Baden und
Strasbourg einzusetzen. »Die NATO muß sich der
öffentlich kritischen Debatte und dem öffentlichen
Protest stellen. Wir wollen keine Demokratie unter
polizeilich-militärischem NATO-Ausnahmezustand«, so die
IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen.
Doch die Friedensaktivisten wissen auch, mitentscheidend, ob im
Zentrum von Strasbourg und Baden-Baden demonstriert wird oder
nicht, ist letztlich, wie viele Menschen am Ende zu den Protesten
gegen die NATO und ihre Kriege kommen. Und so finden am kommenden
Wochenende wieder zahlreiche Mobilisierungsveranstaltungen statt
– in Berlin allein drei.
Siehe auch jW-Dossier »Auftrag:
Krieg«