Kolumbien: Zwischen Gesprächen und Repression

Pacho Toloza

Die Friedensgespräche zwischen der FARC-EP und der kolumbianischen Regierung sind in alle Munde. Die ersten Themen der Agenda zu einem Friedensschluss wurden erfolgreich beendet, auch wenn es einigen zu lange dauert und wenn die kolumbianische Rechte unaufhörlich gegen den Friedensprozess wettert. Doch während der letzten Wochen offenbaren sich Ereignisse, die so gar nicht an einen Frieden glauben lassen. Zur Festnahme von „Pacho“ Toloza…

 

Da sind zum Beispiel die Veröffentlichungen der Washington Post, dass die USA und der Geheimdienst nicht unerheblich in die politisch-militärischen Geschicke Kolumbiens interveniert haben. Mit ihrer Hilfe konnten in den letzten Jahren einige Führungspersonen der FARC-EP gezielt getötet werden. Da ist zum Beispiel die Zunahme der paramilitärischen Aktivitäten im ganzen Land. Ein Phänomen, das in Kolumbien immer zu Zeiten von Friedensgesprächen auftaucht und die Guerilla, aber auch die Bevölkerung unter Druck setzen soll. Einhergehend mit der Zunahme der paramilitärischen Aktivitäten lässt sich auch eine Zunahme der Bedrohungen und Einschüchterungen gegen Führungspersonen der sozialen und politischen Bewegungen beobachten. Leider auch von Seiten des Staates, der es nicht auslässt, die politische Opposition zu schikanieren und zu kriminalisieren.

Exemplarisch hierfür steht die Festnahme von Francisco Javier Toloza Fuentes, von seinen Freunden “Pacho” genannt. Er ist Mitglied im Vorstand der marcha Patriótica, einer linken sozialen und politischen Bewegung. Festgenommen wurde Pacho Toloza in seiner Heimatstadt Cúcuta, im Nordosten Kolumbiens. Pacho Toloza ist ein kritischer Mensch der sich und seine politische Umwelt immer ganz genau betrachtet. Schon frühzeitig, Mitte der 90er Jahre, war in der Interessensvertretung der Schüler der Sekundarstufe organisiert. In Bogotá fing er ab 1997 an der Nationalen Universität Kolumbiens an Politikwissenschaften zu studieren.

Als Student war er einer der führenden Köpfe in der Studentenbewegung. Auch als Dozent und Professor ließ er die politischen und sozialen Aktivitäten nicht bleiben. Er organisierte mit den Studierenden den erfolgreichen Protest gegen die Privatisierungen der öffentlichen Universität und unterstützte den Prozess der Vernetzung mit anderen Universitäten. Unter seinem Einfluss entstanden zahlreiche Vereinigungen und Vertretungen von Studierenden. Dabei konnten die Studierenden, trotz seines jungen Alters, auf die Erfahrungen und den kämpferischen Geist des Professors zählen. Mit ihm entstanden bzw. entwickelten sich neu die Nationale Koordination der Studierenden und die Föderation der Studierenden.

Doch nicht nur im studentischen Wesen ist Pacho Toloza ein engagierter Mensch. Stets bemüht er sich, sein Wissen auch an einfache Leute und Arbeiter weiter zugeben. Er sieht sich in der Tradition der Volksbildung. Im Kontext dazu stehen nicht nur seine Bemühungen für Volksbildung in den Gewerkschaften, sondern auch seine Teilhabe an Forschungsprojekten und Veröffentlichungen. So gab er als Co-Autor im Jahr 2007 eine Schrift mit dem Thema „Reflexionen über die Erfahrungen in der gewerkschaftlichen Bildung“ heraus und nahm an einem Forschungsprojekt in einer der größten Gewerkschaften Kolumbiens (CUT) mit dem Ziel teil, neue pädagogische Formen in der Bildung von Gewerkschaften zu untersuchen.   

Bekannt, und wahrscheinlich ein Dorn im Auge für die Etablierten, waren seine besonders in linken Kreisen viel beachteten Forschungsarbeiten im politischen Kontext zur FARC-EP. Im Jahr 2008 schrieb er Forschungsarbeit über die Kombination und Interaktion von der Kommunistischen Partei Kolumbiens und der FARC-EP bei der Nutzung aller möglichen Formen des Kampfes. Kurze Zeit später schien in einer anderen Forschungsarbeit ein Artikel „Sind die FARC-EP ein politischer Akteur?“ in dem Buch „FARC-EP: Nationale Themen und Probleme von 1958 – 2008“. Der Artikel wirft ein anderes Licht auf die Guerilla und den bewaffneten Konflikt.

Es ist unerträglich, wie der Staat mit kritischen Köpfen umgeht. Unter dem Generalverdacht der Rebellion, wobei ihm Kontakte und Zusammenarbeit mit der FARC-EP unterstellt werden, wurde er, aber auch schon andere Professoren wie Miguel Angel Beltrán, festgenommen. Pacho Toloza, als Professor an der Nationalen Universität und der Autonomen Universität, wird vom Staat aufgrund seiner Unterstützung für die sozialen und politischen Bewegungen als Feind betrachtet. Welche politischen Garantien gibt es für kritische Köpfe und für politische Arbeit in Kolumbien im Schatten des Friedensprozesses zwischen der aufständischen Bewegung und der Regierung?

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