Die Last-News der baskischen Presse sprechen von einer konfusen Polizei-Aktion, die die spanische Guiardia Civil auf Anweisung des spanischen Innen-Ministeriums am gestrigen Mittwoch in Bilbao durchgeführt hat und bei der bisher neun Festnahmen verzeichnet wurden. Die Operation soll noch nicht abgeschlossen sein.
Die Festgenommenen sind Asier Aranguren und Mikel Almandoz aus Navarra, die beiden Anwält/innen Arantza Zulueta und Jon Emparantza, außerdem Miren Aitzane Orkoaga Etxaniz, José Migu, Aitziber Sagarminaga Abad, José Luis Campo Barandiarán und Egoitz López de la Calle Uribarri aus Bilbao.
Die von der spanischen Guardia Civil im Baskenland und Navarra festgenommenen Personen sind ständige Mitglieder der so genannten Koordinations-Gruppe (Koordinadora Taldea), die mit dem Kollektiv der ETA-Gefangenen (EPPK) in Verbindung steht. Unter den Verhafteten sind die Rechtsanwält/innen Jon Enparantza Arantza Zulueta, beide Kontaktpersonen dieser Gruppe und in der Vergangenheit mehrfach verhaftet und wieder freigelassen. Alle Verhafteten sind Mitglieder der von EPPK ernannten Vermittlungs-Kommission, mit Ausnahme des ehemaligen ETA-Gefangenen José Miguel Almandoz, der im Oktober 2013 freigelassen worden war.
Das Innen-Ministerium behauptet, dass diese Maßnahmen das Ergebnis mehrmonatiger Ermittlungen der Guardia Civil seien, Ausgangspunkt seien Informationen, die bei der Razzia gegen die Plattform zur Unterstützung baskischer Gefangener HERRIRA im Oktober gefunden worden seien. HERRIRA wird als Nachfolge-Organisation der vor etlichen Jahren illegalisierten Organisation Gestoras Pro Amnistia gehandelt (Gruppe für Amnestie) definiert. Die Nachforschungen und Verhaftungen wurden koordiniert von der Staatsanwaltschaft des Sondergerichts.
Erste Analysen verweisen auf eine starke Ähnlichkeit mit der Operation gegen Anwält/innen von ETA-Gefangenen im April 2010, deren Ziel die Koordinations-Gruppe H-Alboka war. Wie damals wird den Festgenommenen vorgeworfen als "Transmissionsriemen" zwischen ETA und deren Gefangenen zu fungieren.
Die gestrige Operation erfolgt, nachdem am 28.Dezember 2013 das Gefangenen-Kollektiv EPPK eine Erklärung veröffentlichte, in der die Möglichkeit individueller Haftentlassungs-Anträge durch die Gefangenen in Aussicht gestellt wurde, auf Grundlage bestehenden spanischen Rechts, ein weiterer unilateraler Schritt.
Vergangenen Samstag hatten sich ehemalige Gefangene diese Erklärung zu eigen gemacht, ihre Verantwortung für die Folgen ihrer bewaffneten Aktivitäten eingestanden und sich dem Normalisierungs-Prozess verpflichtet. Die spanische Ultrarechte hatte versucht, die Pressekonfernez verbieten zu lassen, war jedoch ausgerechnet an einem Richter der Audiencia Nacional gescheitert. Insofern ist die neuerliche Polizei-Operation als Vergeltung für die Pressekonferenz zu betrachten, die zumindest im Baskenland positive Reaktionen der Normalisierungs-Interessierten hervorrief, darunter die baskische Regierung.
Am kommenden Samstag ist im Übrigen in Bilbao zu einer landesweiten Großdemonstration für die Rechte der politischen Gefangenen aufgerufen, “Tantaz Tanta“, Tropfen für Tropfen. In den vergangenen Jahren war sie von HERRIRA organisiert worden, nach deren Illegalisierung hat eine Gruppe von namenlosen Aktivist/innen die Mobilisierung übernommen. Von der spanischen Ultrarechten wird wie üblich ein Verbot gefordert. Falls sich nicht noch ein Richter zum Verbot einfindet, wird die Demonstration möglicherweise den Zulauf der letzten Jahre übertreffen, mit mehr als 100.000 Personen ist zu rechnen, weit über das Baskenland hinaus, Katalonien, Madrid, Asturien, Madrid und international – nicht zuletzt aufgrund der fortwährenden Repression.
Die meisten Festnahmen erfolgten in der Anwaltskanzlei von Arantza Zulueta, die erneut inhaftiert wurde. Bereits nach der Operation gegen H- Alboka im April 2010 wurde sie festgenommen und im Dezember desselben Jahres wieder freigelassen. Im Juli 2011 wurde sie erneut festgenommen und kam im September 2012 nach Zahlung einer Kaution von 60.000 Euro wieder auf freien Fuß. Zulueta wurde somit zum dritten Mal verhaftet, zusammen mit fünf anderen bei einem Treffen in ihrem Büro in Bilbao. Dort begann die Razzia gegen 15.30 Uhr. Durchforstet wurde auch die Kanzlei von Jon Enparantza in Hernani (Gipuzkoa), sowie dessen Wohnsitz in der Altstadt von Donostia, San Sebastián. Die Operation der Guardia Civil erstreckte sich ebenfalls auf andere Teile des Baskenlandes, wie Lasarte in Gipuzkoa und die Stadtteile Otxarkoaga und Atxuri in Bilbao.
In einer ersten Stellungnahme zeigte die baskische Regierung ihr Unverständnis über die Operation, die Friedensorganisation Lokarri sprach von der fortwährenden Blockadehaltung der spanischen Regierung. Die linksabertzale Partei SORTU verurteilte die Aktion in scharfen Worten.
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