Flüchtlingscamp in Kreuzberg: Poker um den Räumungsbeschluss

Erstveröffentlicht: 
03.01.2014

Vier Tage vor der wohl entscheidenden Senatssitzung legt sich die SPD-Seite im Senat nicht fest. Offen ist sogar, ob das Thema auf der Tagesordnung steht. Von Stefan Alberti.

 

Frank Henkels Roadmap war klar: Am 7. Januar, dem nächsten Dienstag, sollte der Senat dem CDU-Innensenator grünes Licht geben, das Flüchtlingslager auf dem Oranienplatz ab dem 18. Januar zu räumen – falls der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg das nicht doch noch selbst erledigt. Von der CDU-Seite gibt es dafür breite Unterstützung. Der Koalitionspartner SPD hingegen hält sich weiter bedeckt. Dort hielt man es am Freitag auch für möglich, dass das Thema gar nicht auf die Tagesordnung kommt.

 

Die aus seiner Sicht rechtswidrige Besetzung des Platzes, die im Herbst 2012 begann, ärgert Henkel seit langem. Vor allem der Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) wirft er Untätigkeit und mehr oder minder offen auch Unfähigkeit vor. Selbst die Polizei in Gang setzen kann Henkel aber nicht, weil rechtlich der Bezirk zuständig ist. Das geht nur mit einer sogenannten Ersatzvornahme, die sich Henkel aber von seinen Senatskollegen genehmigen lassen muss. Nach einem solchen Beschluss hätte der Bezirk noch eine Zehn-Tage-Frist, selbst zu räumen. Bürgermeisterin Herrmann aber machte schon vor Wochen klar, dass das für sie nicht in Frage kommt.

 

Laut Innenverwaltung hat Henkel den entsprechenden Antrag am 20. Dezember bei der Senatskanzlei eingereicht. Sein Sprecher Stefan Sukale ging gegenüber der taz auch davon aus, dass das Thema am Dienstag entschieden wird. Bei den vier von der SPD gestellten Senatsmitgliedern aber, dem Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und den Senatoren Dilek Kolat, Ulrich Nußbaum und Michael Müller, gab es am Freitag keine Festlegung. Kolat-Sprecher Mathias Gille etwa verwies darauf, dass seiner Senatorin Henkels Antrag noch nicht vorliege, weshalb man dazu auch noch gar nichts sagen könne.

 

Kolat, in der Landesregierung für Integration zuständig, hatte vorgeschlagen, sich im Januar mit Henkel und Herrmann an einen Tisch zu setzen und zu vermitteln. Auch von ihr war zwar zu hören, das Zeltlager könne kein Dauerzustand sein. Eine Räumung per Polizei aber kommt für sie auf kurze Sicht offenbar nicht in Frage.

 

Henkel hatte ihr Vermittlungsangebot jüngst in der Berliner Zeitung abgelehnt. „Ich habe lange auf Dialog gesetzt, aber zum Dialog gehört Vertrauen“, sagte der Innensenator dem Blatt. „Dieses Vertrauen hat Frau Herrmann zerstört.“