Arbeit wichtiger als Welt

Hambacher Forst bleibt!

Die Ministerpräsidentin des Kohlelandes NRW, Frau „Koh­le-​Kraft“, wie sie in­zwi­schen selbst in den of­fi­zi­el­len Me­di­en heißt, fin­det In­dus­trie­ar­beits­plät­ze wich­ti­ger als die Zu­kunft mensch­li­chen Le­bens auf die­sem Pla­ne­ten, wie sie sel­ber ver­lau­ten ließ. In den Koalitionsverhandlungen über Energiethemen macht sie sich damit für eine Förderung fossiler Kraftwerke stark.

 

Der in­ne­re Wi­der­spruch der ka­pi­ta­lis­ti­schen In­dus­tria­li­sie­rung kommt hier schön zur Gel­tung: Ist die Not­wen­dig­keit der ka­pi­ta­lis­ti­schen In­dus­tria­li­sie­rung doch stets damit be­grün­det wor­den, durch sie das Leben „Aller“ ver­bes­sern zu kön­nen, indem Ar­beits­zeit ver­rin­gert wird, zeigt sich nun, wo die ka­pi­ta­lis­ti­sche Pro­duk­tiv­kraft tat­säch­lich die Zeit, die für Ar­beit auf­ge­bracht wer­den müss­te, stark re­du­ziert, dass ge­ra­de diese Ar­beit, um des­sen Ab­schaf­fung die In­dus­tria­li­sie­rung schein­bar an­trat, eine Not­wen­dig­keit für ka­pi­ta­lis­ti­sche Ak­teur_in­nen dar­stellt um Pro­fit zu er­wirt­schaf­ten. Die ein­fa­che Rech­nung lau­tet: Ohne Aus­beu­tung menschlicher Arbeitskraft kein Pro­fit.

 

Des­halb wird nun, ganz im Ge­gen­satz zur Le­gi­ti­ma­ti­on des Ur­sprungs ka­pi­ta­lis­ti­scher In­dus­tria­li­sie­rung, jeder noch so gro­ßer Un­sinn ge­ra­de ge­gen­tei­lig damit be­grün­det, dass es Ar­beit schaf­fen würde. So muss also laut Frau „Koh­le-​Kraft“ eine För­de­rung der Koh­le­kraft des­halb sein, weil an­sons­ten In­dus­trie­ar­beits­plät­ze in Ge­fahr sind. Daran, dass der da­durch er­zeug­te Strom ir­gend­wie Not­wen­dig wäre, glaubt sie of­fen­sicht­lich sel­ber nicht. Um Ar­beit zu er­hal­ten (wer sich wirk­lich über Ar­beit freut, darf gerne auch auf die be­setz­te Wiese am Hambacher Forst kom­men und den Ab­wasch ma­chen) soll also sogar die Zer­stö­rung des Welt­kli­mas not­wen­dig sein. An­ders kann die Aus­sa­ge, dass In­dus­trie­ar­beits­plät­ze wich­ti­ger als die En­rgie­wen­de wären, nicht ver­stan­den wer­den.


Gün­ter Oe­tin­ger, En­er­gie­kasch­perl in Brüs­sel as­sis­tiert: „Zu glau­ben, dass man nur auf Er­neu­er­ba­re set­zen kann und auch noch die Kohle ab­schal­ten kann, die im­mer­hin 45 Pro­zent des deut­schen Stroms er­zeugt, das wäre ge­fähr­lich.“ – wo­hin­ge­gen, die Koh­le­kraft sel­ber ja na­tür­lich kei­ner­lei Ge­fah­ren mit sich bringt.


Wir wol­len nicht ver­schwei­gen, dass Cam­pact ge­ra­de eine Kam­pa­gne star­tet mit dem Titel: „Koh­le­kraft stop­pen“. Auch wenn an­ders­her­um in dem Text zu die­ser Kam­pa­gne kein Wort über rea­len Wi­der­stand an den Kon­flik­tor­ten, wie zum Bei­spiel der Be­set­zung im Ham­ba­cher Forst, oder die Kli­ma­camps ver­lo­ren wird. Das passt ins Bild von On­line­kam­pa­gnen, für die rea­ler Wi­der­stand ein Fremd­wort ge­wor­den ist. Ob On­line­kam­pa­gnen, die nur dar­auf fi­xiert sind, Klicks, Un­ter­schrif­ten und Spen­den ein­zu­ja­gen, lang­fris­tig einem kon­kre­ten Wi­der­stand eher nutzt, oder scha­det, soll­te in den ver­schie­de­nen Zu­sam­men­hän­gen dis­ku­tiert wer­den.

 

Der Hambacher Forst ist übrigens nun seit bald 2 Monaten wieder besetzt, und parallel besteht noch die Wiesenbesetzung am Rande des Hambacher Forstes. Beide Besetzungen freuen sich über Unterstützung, und auch über Gruppen, die im Winter mal vorbeikommen. Auserdem hat die Rodungssaison im Hambacher Forst begonnen...