Stuttgart: Querfront-Demonstration mit Beteiligung der AfD

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Am 14. September 2013 trafen sich 16 Uhr auf dem Stuttgarter Marktplatz vor dem Rathaus allerhand reaktionäre und rechte Euro-/EU-KritikerInnen zur „Demo zum 1. Jahrestag des ESM-Putsches!“. Sie lieferten ein anschauliches Exempel in Bezug auf regressiven Antikapitalismus und Antiparlamentarismus von Rechts.

 

Ausrichter der Demonstration war das Stuttgarter „Aktionsbündnis Direkte Demokratie“ (ADD), dass sich gegen eine angeblich „entstehende EU-Diktatur“ wendet und auch mal ein „Grillen fürs Grundgesetz“ veranstaltet. Bereits der Aufruf zu der Demo verdeutlichte den kruden Mix aus Antikommunismus, inflationären Nazi-Vergleichen und Verschwörungstheorien, der auch vor Ort dominierte. In ihm heißt es apokalyptisch: „Wir alle sind nur entmündigte Sklaven, Arbeitsdrohnen, der neuen Herren- und Damenrasse der EU- und Weltdiktatoren. Widerstand im Sinne der Werte des Grundgesetzes und der natürlichen, unveräußerlichen Rechte eines jedes Menschen gegen diese Machtergreifung der Wahnsinnigen und der Antidemokratien ist bürgerliche Pflicht. Direkte Demokratie - ohne Wenn und Aber - ist das Mittel gegen die Selbstermächtigung!“


Auf einem reblog von „Jenny’s Blog“ mit dem Titel „Mein Statement zur Demo am Samstag in Stuttgart: "Die Euroretter sind Antieuropäer"“ schreibt „Jenny“, die ursprünglich als Rednerin auf der Demo vorgesehen war: „Wenn ich auf der Demo sprechen würde, was würde ich dann sagen? Ich würde ein für alle mal klarstellen, dass die Gott verdammten und verlogenen drecks politisch korrekten neosozialistischen Gutmenschen des Parteienkartells und deren verdummte Gefolgschaft antieuropäisch sind. [...] Zirka 40% der Wähler gefällt das. Diese Wähler warten darauf, dass sie von der tausendjährigen Kanzlerin zum Endsieg geführt werden. Aber der Endsieg wird nicht kommen – was kommt ist Stalingrad! Warum merken die Deutschen immer erst in Stalingrad, wenn sie belogen wurden?“

Am 14. September gab es am Kundgebungsort auf dem Stuttgarter Marktplatz Info-Stände der Rechtsaußen-Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), der marktradikalen „Partei der Vernunft“ (PdV) und des ADD.
Am AfD-Stand lagen auch Broschüren der Volksinitiative „Für den ESM-Austritt“ aus, hinter der AktivistInnen der ehemaligen „ultrakonservativen Psycho-Sekte“ „Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis“ stecken.
Es kamen etwa 100 Personen zu der Demonstration. Etwa die Hälfte waren Mitglieder und SympathisantInnen der „Alternative für Deutschland“ mit eher konservativen Äußeren. Vereinzelt trugen Personen Tshirts von „Frei.Wild“ und COMPACT. Auch mehrere Mitglieder der „Konservativen Aktion Stuttgart“ waren vertreten.

Darauf folgte Ronald Geiger aus Stuttgart, der stellvertretende Sprecher des AfD-Landesverbands. Der S21-Befürworter und Diplomkaufmann Geiger war FDP-Regionalrat, mehrere Jahre Mitglied im Stuttgarter FDP-Kreisvorstand und von 2011 bis 2013 BaWü-Sprecher des eurofeindlichen FDP-Flügels „Liberaler Aufbruch“. Geiger lud in seiner Ansprache die PdV-Mitglieder ein, doch zur AfD zu kommen: „Schließt euch uns an. Macht bei uns mit.“
Dann sprach Marcus Anton, der seit zwei Jahren bei der PdV und im ADD aktiv ist. Zuletzt sprach dann noch Sybille Kleinicke von der „Aktion Gläserne Urne“. Die Moderation übernahm Jens Loewe vom Stuttgarter Wasserforum. Dieser warnte, dass PolitikerInnen „uns selber und unsere Nachkommen versklaven“ würden. Goldman Sachs arbeite an der „Versklavung der Menschheit“, wir wären alle „Sklaven der Banker“. Als musikalische Unterhaltung war unter anderem der Liedermacher „Fantareis“ vorgesehen. Es spielten die verschwörungstheoretischen Rapper „Guantano Mohr“ und „Kilez More“ aus Wien. „Die Bandbreite“ und „Kilez More“ hatten am 10. Juni 2011 zusammen mit Politikern der rechtspopulistischen „Schweizerischen Volkspartei“ an einer Veranstaltung gegen ein Bilderberger-Treffen in der Schweiz teilgenommen.  

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Wir sind uns sicher, die hier im Artikel beschriebenen Ereignisse sind und werden ein ernstes Problem jeder Selbstdefinition einer emanzipatorischen Linken. Wir kennen es vor allem aus den östlichen Bundesländern. Hier ist es neben AfD und anderen offen rechten Antieuropäern auch die tiefst kleinbürgerlich geprägte und von der Sehnsucht nach Nestwärme bestimmte politische Kultur im Dunstkreis der Partei die Linke. In eibnem solchen Klima wird ist keine emantipatorische linke Politik machbar.

Auch die Hartz-IV-Proteste gehören im Angesicht der gegenwärtigen Ereignisse im Kontext Proteste des deutschen Michel gegen Flüchtlinge auf die Tagesordnung der Diskussion um die Zukunft linker Politik. Es zeigt sich doch recht eindrücklich, wohin das Anbrangern der neuen Armut in Deutschland auch führen kann - in die totale Empathielosigkeit der deutschen Michel. Ein linkes Projekt muss es hier schaffen die soziale Frage in Deutschland stellen zu können ohne dabei die Arumt im europäischen oder gloablen Kontext zu relativieren. Sie muss es schaffen, soziale Schieflagen anzuprangern ohne dem unberechtigten Gefühl der totalen Ungerechtigkeit gegen den deutschen Michel Vorschub zu keisten.