Legion Condor im Baskenland

Ausstellung zur Geschichte der Legion Condor im Baskenland

Im April 2013 ist im Baskenland eine Ausstellung zur Geschichte der Legion Condor und ihres mörderischen Wirkens im Baskenland auf Wanderschaft gegangen, die den deutschen Titel trägt “… ein voller Erfolg der Luftwaffe – Geschichte und Gegenwart eines deutschen Kriegsverbrechens“. BASKINFO hat einen der Organisator/innen, Klaus Armbruster, vom baskischen-deutschen Kultur-Verein Baskale Elkartea interviewt.

 

Wie kam die Ausstellung zustande?


Auf einer Informationsreise zum Thema Historische Erinnerung haben wir 2012 die Macher der Ausstellung in Hannover kennen gelernt. Das ist eine Gruppe von Historiker/innen, die seit 25 Jahren unermüdlich die Geschichte des deutschen Militarismus erforscht, darunter die Geschichte des von den Nationalsozialisten im Fliegerhorst Wunstorf aufgebauten Kampfgeschwaders Boelcke. Die Legion Condor war der Teil des Geschwaders, der im Spanischen Krieg eingesetzt wurde.


Zusammen mit dem Netz Sare Antifaxista und der Erinnerungsplattform Lau Haizetara Gogoan haben wir beschlossen, die Ausstellung in die baskische und spanische Sprache zu übersetzen und sie im Baskenland als Ausstellung zugänglich zu machen. Die Ausstellung ist auch als Broschüre veröffentlicht, auf Deutsch und Baskisch-Spanisch.


Wie ist die Aufnahme im Baskenland?


Hervorragend! Die Ausstellung ist bis Jahresende praktisch ausgebucht. Das Interesse ist groß, eben weil das Thema im Baskenland und im spanischen Staat aktuell geblieben ist. Hochaktuell sogar, denn die Geschichte der Verbrechen des Spanischen Kriegs wurde bis heute nicht aufgearbeitet. Per Amnestie-Gesetz wurden 1977 alle Verbrechen während des Krieges und der folgenden Diktatur als straffrei erklärt, im spanischen Staat gibt es keine Möglichkeit, dagegen zu klagen. Mit dieser Handhabe fällt der Staat weit hinter die Staaten in Latein-Amerika zurück, die ihre “Schlußpunkt-Gesetze“ nach und nach aufheben mussten.

 

Wo war die Ausstellung bisher zu sehen?


Zuerst in Gernika, der Stadt, die nach ihrer kompletten Zerstörung weltweit bekannt geworden ist, weil internationale Reporter anwesend waren und in England und USA berichteten. Im April 2013 jährte sich das Datum zum 75.Mal, kurz danach kam die Ausstellung. Danach war sie in kleineren Orten wie Laudio und Urduña zu sehen, den ganzen August nun in Bilbao. Im September geht es weiter nach Elgeta, Durango, Renteria und schließlich im Dezember in die Hauptstadt von Gipuzkoa, Donostia-San Sebastian. Sogar für nächstes Jahr haben wir bereits Anfragen, im April erneut Gernika und im Herbst erneut Donostia an anderem Ort. Wir können mehr als zufrieden sein, denn auf eine solche Antwort hatten wir nicht zu hoffen gewagt. Im Gegenteil müssen wir fürchten, dass uns die Arbeit mit Aufbau, Abbau und Info-Veranstaltungen über den Kopf wächst, denn wir sind eine eher kleine Gruppe von Aktivist/innen.


Was ist so interessant an der Ausstellung?


Es gibt natürlich bereits eine lange Liste von Publikationen aller Art, vor allem zum Thema der Zerstörung von Gernika. Der Inhalt der aktuellen Ausstellung geht darüber hinaus. Er zeigt die Geschichte der spanisch-deutschen Militärkooperation bereits vor dem Franco-Putsch von 1936 und wirft ein Licht auf die deutschen Giftgas-Lieferungen für den spanischen Kolonialkrieg in Marokko in den 20er Jahren.


Auch zeigt die Ausstellung die Bedeutung der Erfahrungen der Luftwaffe für den damals bereits von den Nazis geplanten 2.Weltkrieg. Gernika und andere baskische Städte waren ein regelrechtes Versuchsfeld, da wurde neue Technik ausprobiert, die Wirkung von Spreng- und Brandbomben zusammen. Gernika war weltweit die erste massive Vernichtung einer ganzen Stadt, also eines zivilen Zieles, bei dem die Ermordung von Zivilist/innen nicht nur als Begleiterscheinung in Kauf genommen wurde, sondern strategisch geplant war, um sie entsprechend auswerten zu können. Der Condor-Chef Richthofen hat sich darüber detailliert in seinem Tagebuch ausgelassen, deshalb auch der zynisch anmutende Titel der Ausstellung “… ein voller Erfolg der Luftwaffe“, der ein Zitat eines Condor-Offiziers wiedergibt. Die Erfahrungen der Legion im Spanischen Krieg wurden unter anderem bei den Bombardierungen von Coventry oder Warschau umgesetzt, in den meisten Bomber-Flugzeugen saßen spanien-erprobte Piloten. Und schließlich zeigt die Ausstellung, was aus Wunstorf geworden ist oder bald werden wird, denn die Basis wird derzeit zum zentralen Flugplatz für internationale Einsätze der Bundeswehr und der NATO umgebaut.


Wir meinen, diese inhaltliche Vielseitigkeit gibt der Ausstellung ihren besonderen Charakter und macht sie historisch besonders wertvoll. Alles dank der vorzüglichen Recherche-Arbeit des Arbeitskreises Regionalgeschichte.


Spiegelt sich dieses Interesse auch in der Presse wieder?


Es hätte besser sein können. In der baskisch-sprachigen Tageszeitung BERRIA erschien im April ein Interview mit den Organisator/innen aus Deutschland, daneben gab es Artikel in kleineren Zeitungen. Zwei Mal waren wir im Lokalfernsehen. Aber es könnte mehr sein. Zur Ausstellung in Bilbao erschien in der baskischen GARA ein ausführliches Interview. Das Thema ist jedenfalls längst noch nicht ausgereizt, wir geben nicht locker.


Gibt es Interesse an der Ausstellung aus anderen Regionen des spanischen Staates?


Interesse ja, es haben sich Interessent/innen aus Kantabrien und Katalonien gemeldet. Das Problem ist, dass die Anfertigung der Ausstellung ein finanzieller Kraftakt ist, den wir ohne Unterstützung nicht leisten können. Deshalb gibt es die Ausstellung fürs Erste nur in einer baskischen Version. Dazu hängen wir in Kleinformat die Tafeln auf Spanisch. Aber für außerhalb des Baskenlandes ist das natürlich keine Lösung. Wenn sich genügend Orte finden, die auch einen finanziellen Beitrag leisten, ist es eine Frage von zwei Wochen, eine zusätzliche Ausstellung in den Händen zu haben. Die Broschüre ist jedenfalls zweisprachig.


Der Verein Baskale hat mit einer Video-Dokumentation ein weiteres Projekt in Arbeit.


Das ist richtig. Die Produktionsgesellschaft Kreaktibos aus Bilbao hat sich für unser Projekt interessiert, gemeinsam arbeiten wir nun an zwei Video-Projekten: ein Kurzfilm, den wir ohne äußere Unterstützung anfertigen werden und der uns bei den Ausstellungen eine große Hilfe sein wird. Außerdem eine längere Dokumentation mit verschiedenen Interviews von Expert/innen zum Thema, die das Thema vielschichtig aufarbeiten wird. Für das zweite Projekt haben wir einen deutschen Kooperations-Partner, der in Deutschland Interviews machen wird. Dafür benötigen wir allerdings Finanzierung von außen. Die Idee ist, diese Dokumentation in verschiedene Sprachen zu übersetzen, deutsch, baskisch, spanisch, katalan, englisch, vielleicht französisch und italienisch …


… ein überaus anspruchsvolles Projekt …


Durchaus, wir sind glücklich, mit den Profis von Kreaktibos zusammen arbeiten zu können und einen Schritt zu machen in die audiovisuelle Welt. Wer hätte das vor einem Jahr gedacht!


Es fällt auf, dass ihr nicht den Begriff “Spanischer Bürgerkrieg“ benutzt, wie es allemein üblich ist, sondern stattdessen vom “Spanischen Krieg“ sprecht.


Das ist ein wichtiger Unterschied. Jener Krieg war kein Bürgerkrieg im üblichen Sinn, es war ein Militärputsch gegen eine demokratisch gewählte Regierung. Ein Krieg der spanischen Oligarchie, mit Teilen des Militärs und der katholischen Kirche gegen die minimalen Reformen, die sich die damalige republikanische Regierung zutraute. Es war ein Krieg mit internationaler Beteiligung, deutsche und italienische Faschisten auf Seiten der Putschisten, und der Sowjetunion auf Seiten der Republik. Dazu kamen die Internationalen Brigaden aus vielen Ländern der Welt. Insbesondere die Brigadist/innen hatten begriffen, dass es sich bei der Verteidigung der Republik um den letzten Versuch handelte, den internationalen Faschismus zu stoppen. Es ist kein Zufall, dass der 2.Weltkrieg nur wenige Monate nach der endgültigen Niederlage in Spanien begann.


Wie ist das Interesse an der Ausstellung in Deutschland?


Nicht ganz so groß wie im Baskenland. Das Thema Legion Condor ist in Deutschland nicht so vielen Personen geläufig, eher schon die Vernichtung der baskischen Stadt Gernika, vor allem wegen des berühmten Gernika-Gemäldes von Picasso. In Niedersachen ist das Interesse schon groß, weil es sich um den Standort der Legion handelt. Zuletzt war die Ausstellung in Wunstorf selbst zu sehen, das kann als Erfolg betrachtet werden. Die Stadt hat alles versucht, eine solche Ausstellung zu verhindern, letztlich war es dem Engagement der evangelischen Kirche zu verdanken, dass diese Zensur nicht erfolgreich war. Eine bemerkenswerte Folge der Wunstorf-Ausstellung ist, dass sich für nächstes Jahr eine Reisegruppe zusammen gefunden hat, um im April zur Erinnerungs-Feier nach Gernika zu kommen. Generell müssen wir feststellen, dass die offizielle deutsche Version nach wie vor charakterisiert ist vom Herunterspielen der historischen Rolle der Legion Condor.


Was heißt das konkret?


Offiziell war die Legion Condor lange Zeit gar nicht im Spanischen Krieg beteiligt, daran hat sich auch die in den 50er Jahren neugegründete Bundeswehr gehalten. Lange wurde in Wunstorf hartnäckig geleugnet, dass die Legion im Spanischen Krieg aktiv war. Der unermüdlichen Forschungsarbeit des Arbeitskreises Regionalgeschichte ist es zu verdanken, dass die Wahrheit schließlich ans Licht kam und sogar von Militärhistorikern bestätigt werden musste.


Die erste offizielle Version der Nazis und der Franco-Truppen zur Vernichtung von Gernika zum Beispiel war, dass die baskischen Republikaner die Stadt beim Rückzug selbst in Brand gesteckt hätten. Es ist kaum zu glauben, aber diese Version hält sich in manchen spanischen Geschichtsbüchern bis heute. Eine zweite abgeschwächte Version war dann, alles sei ein tragischer Unfall gewesen, schlechte Wetterverhältnisse, schlechte Sicht, ungenaue Treffer, usw. Deutsche Militärs pflegen diese Lüge bis heute. Vor Kurzem ist in der Nr. 69 vom Juni/Juli 2013 der rechten Illustrierten "Militär und Geschichte". ein Artikel erschienen. Im Leit-Artikel zum Bombardement von Gernika wird die Verantwortung der Legion Condor erneut relativiert, Wind, Wetter, usw. Die Befehlsstrukturen beim Krieg im Norden werden nicht korrekt beschrieben und die besondere Verantwortung der Legion Condor wird gar nicht erwähnt. Dass die Legion Condor im Spanischen Krieg die Wirkung von Terrorangriffen auf die Bevölkerung studierte, wird komplet weggelassen. Gernika war demnach ein Einzelfall und ein bedauerlicher Kolateralschaden, der nicht dazu geeignet sei, die Legion Condor in ihrer Gesamtheit oder Einzelpersonen als Kriegsverbrecher zu verurteilen. Die Rechten sind empört, dass letzteres immer wieder geschieht. Wir nennen das Geschichts-Revision zu Gunsten der Nazis.


Dazu dürfen wir nicht vergessen, dass sich in Wunstorf lange Zeit widerspruchslos Traditionsverbände der Legion Condor und von SS-Einheiten getroffen haben, und dass bei der Gründung der Bundeswehr Offiziere der Legion Condor beteiligt waren – ein eindeutiges Zeichen der faschistischen Kontinuität im deutschen Militär.


Ausstellung und Broschüre können bestellt werden?


Natürlich. Die deutsche Version über den Arbeitskreis Regionalgeschichte Neustadt, die baskisch-spanische Version über den Verein Baskale Elkartea, weitere Infos sind zu finden unter Baskale Elkartea. In Deutschland gibt es Information beim Arbeitskreis Regionalgeschichte, der zuletzt eine weitere Ausstellung fertiggestellt hat mit dem Titel "Von Krieg zu Krieg - Spuren des Militarismus in der Region Hannover vom 19. Jahrhundert bis heute." Eine Tafel darin thematisiert die Fliegerhorste Wunstorf und Langenhagen und die Vernichtung Gernikas.



Weiter informierende Links:


baskale-elkarte.blogspot.com.es

www.ak-regionalgeschichte.de