FAU-Düsseldorf: Black Cat Blues und andere Gedichte

Gewerkschafter...

Als ein Kollege der FAU-Bern sagte das Hans Marchetto seine anarchistischen Gedichte mit Klassenstandpunkt auch gerne mal bei uns im ” großen Kanton” vorstelen wollen würde, waren wir sofort bereit ihm das zu ermöglichen. Darum ist er nun auf Rundreise und natürlich auch bei uns zu Gast! In der Sammlung von Gedichten mit dem Titel “black cat blues” beschreibt Hans Marchetto nüchtern, ohne jeglichen Pathos, die kleinen Momente. Es sind Zeugen eines unangepassten Lebens, sie wettern gegen Chefs, rufen auf zu Streik und Sabotage und sprechen von der Mühsal, mit wenig Geld durch das Leben zu kommen. ...

 

Kulturcafé Solaris, Kopernikusstr. 53, 40225 Düsseldorf

Einlass: 19:00 Uhr

Beginn: 20:00 Uhr

Eintritt: Frei - Spenden sehr erwünscht

 

Er erzählt Autobiographisches nach, lakonisch, kurz, ohne Wertung: seine Kindheit in Winterthur, seine Arbeit für die Gewerkschaft, seine Erfahrungen als Maler, auf dem Bau. Wenn Joe Hill wieder auftaucht, wenn die schwarze Katze der Anarchie durch die Nacht zieht, wenn dem arroganten Vorarbeiter mit Bauschaum der Auspuff verstopft wird, dann sind das die kleinen Momente, die vielleicht nicht den Ausweg aus dem monotonen Arbeitsleben, aber zumindest ein grimmiges Lächeln erlauben. Es sind Gedichte, die den Augenblick festhalten, die Flüchtigkeit des Moments, ohne dass sie sich reimen würden. Es sind Gedichte aus der mündlichen Sprache geschöpft: Erzähltes, Erfahrenes, bei denen ein Unterton von Bitterkeit mitschwingt, eine harte, trockene Kürze, die sich dem Publikum weder aufdrängt, noch anbiedern möchte. Es ist so, wie es ist, dieses Leben.

 

HANS MARCHETTO (*1956 in Winterthur). Lehre als Maler, mehrere kurze Gefängnisaufenthalte, bekennender Anarchist seit er 20 Jahre alt ist. Autodidakt, Lyriker. Lebt und arbeitet momentan in Zürich

 

Black Cat Blues ist erschienen bei: apropos-verlag

Bezug in Deutschland: Syndikat A

Die Zeitung der FAU-Bern: Di Schwarzi Chatz, wo viele seiner Gedichte veröffentlicht wurden/werden
Leseprobe:

mein vater war kaminfeger
 
am morgen beim aufstehen spuckte
er schwarzen schleim und zog sich
die erste gauloise rein die erste aus
zwei päckchen die er rauchte
pro tag

und er war stolz darauf

sein hemdkragen war immer schwarz
vom russ der sich in die poren reinfrass
da konnte er abends beim duschen
soviel schruppen wie er wollte das
zeug war wie eine zweite haut

in den kneipenin denen er seine biere
trank wurde der stuhl vor dem er stand
weggestellt
er gehörte zur alten sorte und die
stand beim saufen

als ich klein war ging er morgens früh
so um fünf uhr raus und kam abends
spät um acht wieder nach haus oder
auch nicht
meine mutter schickte mich dann hinaus
die kneipen abzuklappern um ihn zu
suchen und heimzubringen

für einen knirps wie mich ein langer
tripp und das scheiss tössmer viertel
hatte damals viele kneipen
zum glück war mein alter eine bekannte
figur wie ein schwarzer hund so bunt
das machte es allemal ein bisschen
leichter

mein vater war mit sechzehn in der
gewerkschaft drin und mit fünfund
sechzig war er wieder draussen mit
einem gutschein in der hand
dreihundert war der wert

den wollten sie ihm zuerst nicht geben
in der regel schicken sie die alten
runter ins tessin ins hotel sei billiger so
aber mein alter hatte schon löcher auf
der lunge vom arbeitsunfall und konnte
schlecht atmen

das ging dann zwei jahre noch
mit siebenundsechzig hat man ihn
dann eingeäschert und ich hab seine
urne in der erde versenkt

das alles ist jetzt schon ne weile her
und ich denke es ist besser so dass
ich kein held der arbeiterklasse
geworden bin