München: Import/Export besetzt

Front des besetzten Hauses an der Goethestraße 30

Seit den späten Abendstunden ist heute, den 7. August, das Import/Export an der Goethestraße 30 besetzt worden. Die Besetzer_innen haben mehrere Transparente aus den Fenstern gehängt. Vor dem Haus befindet sich eine größere Menge an Unterstützer_innen. Die heutige Besetzung ist die erste öffentliche seit über zehn Jahren.

 

 

Vom Lebensmittel zum sozialen Zentrum

 

Das Gebäude an der Goethestraße soll laut der REDAG (Real Estate Development AG) demnächst abgerissen werden. Das Import/Export war früher ein Lebensmittel- und Gemüseladen und wurde seit April 2010 vom Kunstzentrat e.V., einem gemeinnützigen Verein verwendet. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, Künstler_innen auf regionaler-, überregionaler und internationaler Ebene zu vernetzen, soziokulturelle Projekte zu generieren und Raum zur kreativen Entfaltung zur Verfügung zu stellen. Das Gebäude hatte aber auch der Initiative Zivilcourage gedient, die prekarisierten Menschen eine unabhängige Beratung geboten hatte. Diese ist derzeit obdachlos, die Beratungen müssen im Freien stattfinden.

 

 

Eine Stadt in der das Geld regiert?

 

München 'boomt' schon seit vielen Jahren, aus diesem Grund wird auch der Wohnrau immer teurer. Viele Menschen können es sich daher nicht mehr leisten in der Innenstadt zu wohnen und auch im S-Bahnbereich steigen die Mieten. Vor kurzem hatte die Stadt Augsburg mit einer Werbebeilage in der Abendzeitung mit 35% Prozent billigerem Wohnraum geworben. Sehr zum Ärger der Augsburger Bürger_innen, die das Ganze gar nicht lustig fanden. Das Thema Wohnraum ist derzeit ein heißes Thema in München. Vor kurzem hatten Münchner Künstler_innen eine eigene Kampagne gestartet, um zu zeigen, dass leistbarer Wohnraum wichtig und vor allem machbar ist. Sie renovierten kurzerhand eine städtische Wohnung in einem ein Gebäude in der Müllerstraße, das als Abrisshaus galt und stellten das Video öffentlichkeitswirksam ins Internet. Ude reagierte auf die Aktion, stoppte den Abriss und gelobte Besserung in Bezug auf das Thema des sozialen Wohnraums.

 

 

Obdachlos trotz Leerstand

 

Laut einer Statistik stehen in München mehrere hundert städtische Wohnungen leer. In der Müllerstraße waren zehn Jahre lang Wohnungen ungenutzt. Dennoch gibt es in München Obdachlose und das nicht zu knapp. Über 500 Menschen leben hier auf der Straße auf Parkbänken, unter Brücken und im Winter an warmen Lüftungsschächten der U-Bahnen und Geschäften. Seltsamerweise ließ die Stadt im Jahr 2005 ein selbstverwaltetes Projekt gegen Obdachlosigkeit räumen. Menschen hatten damals einen Verein gegründet, ein Grundstück gemietet und ein paar Wohn- und Zirkuswagen auf das Feld gestellt - inklusive sanitärer Anlagen. Die ehemaligen Obdachlosen machten jedoch einen Fehler: Sie hatten sich mit ihren Wägen in Sichtweite der Bundesgartenschau positioniert. Am Schluss ließ die Stadt München das selbst verwaltete Projekt räumen und die Kosten von über 30.000 Euro dem Verein als Rechnung zukommen. Die Bundesgartenschau schlug anschließend mit mehreren Millionen und einem dicken Minus zu Buche.

 

 

Not tut Protest!

 

Es scheint als ob in München diejenigen gewinnen würden, die das Geld haben. Das Haus, das die Gruppe Robin Haus 2002 während der Weihnachtszeit öffentlichkeitswirksam besetzt hatte, wurde damals nach etwas mehr als 8 Stunden wieder geräumt. Die Polizeiführung hatte, nachdem sie die Landsbergerstraße in beiden Richtungen sperrte, den Besetzer_innen gedroht alle 200 Unterstützer_innen in Gewahrsam zu nehmen. Zudem würde sie scharfe Polizeihunde in das Haus jagen wenn die Eingedrungenen nicht hinauskämen. Die Gruppe verließ das Haus freiwillig und wurde anschließend festgenommen. Nach längeren Verhandlungen ließ die Eigentümerin Vivico Real Estate (Tochtergesellschaft der Bahn - heute CA Immo) die Anzeigen wegen Hausfriedensbruch zwar fallen, untersagte jedoch die Zwischennutzung für ein soziales Zentrum. Eine Zwischennutzung zu Wohnzwecken sei wegen der Sanierungsbedürftigkeit der haustechnischen Anlagen nicht möglich. Zudem übe eine Spezialeinheit der Polizei mittlerweile in dem Gebäude, ließ die Firma verlauten. Im März diesen Jahres brannte es - zehn Jahre später - im immer noch 'leer' stehenden Haus. Die Einsatzkräfte staunten nicht schlecht, als sie im Haus statt Polizist_innen 15 wohnende Menschen vorfanden. Zum Glück wurde bei dem Vorfall niemand verletzt.

 

Wie es mit dem heute neu besetzten Haus weitergeht, ist noch nicht klar. Christian Ude ist, vor allem während seines laufenden Wahlkampfes, zu wünschen, dass die Münchner Polizeiführung Besonnenheit an den Tag legt. Und vor allem aber, dass er aus dem ewigen Brennpunktthema unbezahlbarer Wohnraum in München endlich Geschichte macht.



Weiterführende Links:

Aktion: Hier renovieren wir für die Stadt München
http://www.youtube.com/watch?v=tBk2HdyuzB0

Stadt setzt Obdachlose auf die Straße

http://de.indymedia.org/2005/04/111846.shtml

Feuer in "besetztem" Haus
http://www.luzi-m.org/nachrichten/artikel/datum/2013/03/12/feuer-in-bese...

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leider fehlt dem artikel dass die besetzung eine explizit feministische besetzung ist!

ansonsten: morgen (donnerstag) um 10 uhr gibts gemütlich frühstück und tagesplanung. kommt vorbei, bringt essen und ideen!

Wer sind die Protagonist_innen und was bezwecken sie mit dieser Bezeichnung? 

Und das ist wichtig? Es geht um Wohnraumnot und Obdachlosigkeit und dein Augenmerk liegt darauf, dass die Besetzung feministisch ist?

 

Wow, solche Prioritäten möchte ich haben!

Sonst würde es hier nicht EXTRA erwähnt werden.

was heisst das? da sind nur frauen drin?

Hausbesetzung beendet

 

Aktivisten räumen freiwillig die Häuser

Der Hausbesitzer ließ einige Kulturprojekte die Räume für drei Jahre nutzen, der Auszug war fest vereinbart. Dennoch haben mehrere Dutzend Aktivisten am Mittwoch (7.8.) die drei leer stehenden Häuser in der Goethestraße besetzt.

 

Stand: 08.08.2013

 

Die Aktivisten hatten am Mittwoch (7.8.) die leer stehenden Häuser in der Goethestraße besetzt. Damit wollten sie gegen den Mangel an Räumen in München protestieren, in denen Kulturprojekte und gemeinnützige Initiativen arbeiten können. Drei Jahre lang hatten diverse Kulturprojekte, darunter das "Kulturelle Wohnzimmer Import-Export", die Räume in den Häusern nutzen können. Alle Zwischenmieter waren bereits aus den Gebäuden ausgezogen. Der Besitzer möchte an ihrer Stelle einen Neubau mit Büros und Geschäften errichten lassen.

Seit dem Vormittag war die Polizei vor Ort, über eine Leiter stiegen die Beamten in den Innenhof der besetzten Häuser, um mit den Besetzern Kontakt aufzunehmen. Die räumten schließlich am Donnerstag (8.8.) mittags freiwillig die besetzten Häuser. Der Hausbesitzer verzichtet auf eine Anzeige, die Polizei versprach den Besetzern, dass ihre Aktion keinerlei strafrechtliche Konsequenzen für sie haben würde.

 

Hausbesitzer verzichtet auf Anzeige

Die Besetzer wollten darauf aufmerksam machen, dass in München der Kommerz die Mieten hochtreibt und für gemeinschaftlich nutzbare, unkommerzielle Räume wenig Platz ist. Fraglich ist, ob die Besetzer sich mit ihrer Aktion das richtige Gebäude ausgesucht haben. Inzwischen gibt es auch kritische Stimmen von ehemaligen Nutzern der Häuser aus der Kulturszene.

 

"Das ist eine Hauruck-Aktion gewesen, die in der Form nichts bewirken wird. Wir haben mit dem Hausbesiitzer eine Abmachung getroffen, dass wir dieses Haus zwischennutzen dürfen und dass wir auch wieder rausgehen. Dieses Wort haben wir gegeben, und daran haben wir uns gehalten. Und ich finde, es ist wichtig für uns, in dieser Hinsicht Glaubwürdigkeit zu demonstrieren. Das wird mit solchen Aktionen torpediert."

 

Tuncay Acar, Mitbetreiber des Kulturellen Wohnzimmers Import-Export

 

Der Künstler Tuncay Acar befürchtet, dass sich künftig kaum mehr Hausbesitzer finden werden, die Kulturschaffenden in München ihre Häuser für eine Zwischennutzung überlassen - wenn die Gefahr besteht, dass das in solchen Aktionen wie jetzt in der Goethestraße endet.

 

Quelle: http://www.br.de/nachrichten/oberbayern/hausbesetzung-muenchen-goethestr...

Ich bin schon sehr enttäuscht von dem ganzen Misstrauen, den Urteilen, Suggestiv-Fragen, etc. hier und bin mir sicher, dass die ganze Aktion nicht so unreflektiert stattgefunden hat. Danke an alle, die an dem Abend dort waren.

Radio Lora hat aus meiner Sicht nen netten Radiobeitrag zum Thema gemacht. Auch die Besetzer_innen kommen zu Wort.
 
http://lora924.de/?p=24149