Neonazi bereichert sich an Studierenden Halle/Saale

Der Hallenser Neonazi Sven Liebich (am Schild) bei einer Demonstration am 17. Juni 2002 in Bitterfeld.

Die Studentenproteste in Sachsen-Anhalt sind, auf Grund von geplanten Kürzungen an den Hochschulen, in einer Hochphase. Dies ruft leider auch Trittbrettfahrer auf den Plan, die sich an den wütenden Studenten bereichern wollen: Ein T-Shirt-Shop aus Halle/Saale verkauft Protestshirts, von deren Erlös angeblich 1€ pro Shirt an den FSR (Fachschaftsrat) geht. Sowohl der Studierendenrat der Uni Halle als auch der FSR Medizin distanzieren sich jedoch und wissen nichts von einer Soliaktion. Besonders brisant: Der windige Unternehmer, der sich an gutgläubigen Studierenden bereichert ist ein bekannter ehemaliger Blood-and-Honour Aktivist aus Halle/Saale, der angeblich aus der Szene ausgestiegen sein will: Sven Liebich.

 

Eine lange Karriere...

Liebich ist bereits seit den 1990er Jahren in der Hallenser Neonaziszene aktiv und galt in Sachsen-Anhalt als einer der führenden Köpfe der sogenannten „Freien Kräfte“. Er war Mitorganisator und Redner auf Demonstrationen, war inoffizieller Betreiber zweier Naziläden („Last Resort“ Halle, „Midgard“ Leipzig) sowie des rechten Ultima-Tonträgerversandes, „ Mitglied der mittlerweile verbotenen Organisation Blood-and-Honour, Führungskader des „Nationalen Widerstand Halle/Saale“ und Herausgeber mehrerer Szenezeitschriften.

So gab Liebich zusammen mit Sven Schwarz die Zeitschrift „The New Dawn“ heraus. Diese war das Publikationsorgan der Blood-and-Honour-Sektion Sachsen-Anhalt.

Er publizierte auch im Heft und auf dem Onlineauftritt des „Nationalen Beobachters“, zu dessen Redakteuren auch der Anti-Antifa-Fotograf Thomas Richter gehört. Richter machte als „V-Mann Corelli“ Schlagzeilen in deutschen Medien, weil er als mutmaßlicher NSU-Unterstützer gilt und trotz seiner Aktivitäten als führende Figur der sogenannten „Freien Kräfte“ in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz bezahlt wurde.

Liebig war auch an Angriffen auf Antifaschisten beteiligt: Nach einer Kundgebung von Antifaschisten vor seinem Laden „The Last Resort“ in Halle/Saale, wurden diese auf ihrem Rückweg von 20-25 Neonazis angegriffen, die aus vollbesetzten Autos heraussprangen. Diese waren Knüppeln und Ketten bewaffnet und Liebich soll sie mit einem Messer bedroht haben. Nach dem Angriff gab die Polizei den Angegriffenen die Schuld, da diese ja „provoziert“ hätten und Liebich zeigte sie in Verkehrung der Tatsachen wegen Körperverletzung an.

 

Jede Menge T-Shirts und ein wenig Politik...

Nachdem es mehrere Jahre ruhig geworden ist um Seven Liebich, tauchte er mit dem Onlineversand „Shirtzshop“ erneut auf. Neben vielen Standard-Motiven und den angeblichen Uniprotest-Shirts mit Solibeitrag finden sich in seinem Angebot auch eindeutig politische T-Shirts, die an Ideen aus seiner Vergangenheit anknüpfen. Diese sind nicht immer als eindeutig neonazistisch zu erkennen, in der Gesamtschau zeigt sich aber die Anlehnung an rechte Ideologiefragmente wie Verschwörungstheorien, Antisemitismus und die Verherrlichung autoritärer Regime. Gleichzeitig werden diese mit als links geltenden Symboliken kombiniert (siehe „Querfrontstrategie oder windiger Unternehmer?“ im nächsten Abschnitt)

Im Sortiment finden sich T-Shirts mit Zitaten des rechten Vordenkers Ernst Jünger ebenso wie Shirts mit dem Konterfei linker Nationalisten wie Che Guevera und Hugo Chavez oder T-Shirts mit positivem Bezug zum syrischen Diktator Assad. Daneben gibt es Motive die sich mit Palästina solidarisieren wie „Free Palestine“, auf denen der Staat Israel ausgelöscht ist, da die Palästinafahne in den Umrissen des Staates Israels und der palästinensischen Autonomiegebiete zu sehen ist. Folgerichtig druckt Shirtzshop auf Solidaritätsshirts für die antizionistischen Radiosendung KenFM und Günter Grass. Auch auf die Verschwörungstheorien wird gerne zurückgegriffen mit Aufdrucken wie „Bilderbärgern 2013“ oder „9/11 Inside Job“ illustriert. Die Reaktion auf die ersten Distanzierungen von den angeblichen Solishirts durch Shirtzshop.de ist ebenfalls hoch problematisch: In Anlehnung an den Boykott jüdischer Geschäfte durch die Nationalsozialisten unter dem Slogan „Kauft nicht bei Juden“, druckte Shirtzshop den Slogan „Kauft nicht bei Shirtzshop“ und verharmloste so die Jugendverfolgung im 3.Reich.

 

Querfrontstrategie oder windiger Unternehmer?

Diese T-Shirts legen nahe, dass Sven Liebich keineswegs ein unpolitischer Unternehmer geworden ist, sondern eine aktive „Querfront-Politik“ betreibt, wie sie von vielen angeblichen Aussteigern verfolgt wird.

Bei der „Querfront-Strategie“ versuchen Neonazis „die Gegensätze zwischen links und rechts aufzuheben und eine Einheitsfront auf der Basis von Volk und Heimat” zu bilden . Damit einhergehend übernehmen sie als links geltende Symboliken und betonen echte oder vermeintliche Schnittmengen mit linken Gruppen. Der Kölner Neonazi Axel Reitz beschrieb diese Strategie wie folgt: Man übernehme „den Stil und die Aufmachung der linken Strukturen und von linken bisher agitierten Jugendkulturen, dabei werden die bekannten Symbole und Outfits mit unseren Inhalten besetzt und in unserem Sinne interpretiert. […] Mittels dieses Auftretens besteht die Möglichkeit sozusagen unerkannt, da dem bekannten Bild des ‚Faschisten‘ entgegen laufend, in die bisher von gegnerischen Lagern beherrschte Gebiete vorzudringen, politisch und kulturell.“

Damit einher geht oftmals eine simple Freund-Feind Rhetorik des „Volkes“ gegen „die da Oben“, weshalb es nicht verwunderlich ist, dass im Shirtzshop auch positiv auf „Anonymous“ oder die „99%“ aus der Occupy-Bewegung Bezug genommen wird.

Sven Liebig ist diese Strategie keineswegs unbekannt. Schon zu seinen aktiveren Zeiten ging er mit Palästinensertuch und Rastalockenperücke auf Demonstrationen. Sein Freund Sven Schwarz, mit dem er die Blood-and-Honour Zeitschrift „The New Dawn“ herausgab, war auch Herausgeber der Zeitschrift „Die Tat“, die sich die Querfrontpolitik explizit zum Programm gemacht hatte. So heißt es auf einem Flugblatt von „Die Tat“, die „Politische Rechts-Links-Scheiße dient der herrschenden Klasse um unser Volk zu spalten.“

 

 

Zum Weiterlesen:

http://keinetrittbrettfahrerjetzt.wordpress.com/tag/sven-liebich/

https://www.antifainfoblatt.de/artikel/verkehrung-der-tatsachen

http://www.shirtzshop.de/shirtzshop/index_98_0_30_0_0_0_date_desc_0.html

https://www.facebook.com/events/199585743501787/

http://abmahn-irrsinn.blogspot.de/

http://antifa.uni-halle.de/Veroeffentlichungen/Pressemitteilungen2000.htm

 

Einige Motive haben wir auf unserem Blog zusammengestellt:

http://hosenrunter.noblogs.org/?p=58