Reaktorkatastrophe von Tschernobyl - 27. Jahrestag

Tschernobyl

Liebe Mitmenschen, heute vor 27 Jahren, am 26.04.1986, kam es im Reaktorblock 4 vom Kernkraftwerk Tschernobyl in der Ukraine zu einer unkontrollierten Kernschmelze die zur Explosion des Reaktors und zur radioaktiven Verstrahlung des gesamten Gebietes führte. Wir möchten den Jahrestag nutzen um das Ereignis erneut in Erinnerung zu bringen und die groben historischen Fakten sowie einige Auswirkungen anzusprechen.

 

Gerade im Zuge des Unfalls in Fukushima und der weiteren Zunahme der Anzahl der Kernkraftwerke, vor allem im osteuropäischen und skandinavischen Bereich aber auch in China, Russland, den vereinigten Staaten, dem vereinigten Königreich, Frankreich, Argentinien, Brasilien, Indien, Iran(die Liste geht noch viel weiter: http://de.wikipedia.org/wiki/Kernenergie_nach_L%C3%A4ndern), um nur einige zu nennen, finden wir es wichtig solch immense Katastrophen und damit die viel zu oft, ob kalkuliert oder unbewusst,unterschätzen Gefahren solcher Anlagen, nicht zu vergessen.

 

Nachfolgender Text stammt vom Wikipedia-Eintrag zum Reaktorunglück

 

 

Unfallhergang und Ursachen

 

Die Katastrophe ereignete sich bei einem unter der Leitung von Anatoli Stepanowitsch Djatlow durchgeführten Versuch,

der einen vollständigen Stromausfall am Kernreaktor simulieren sollte. Dieser sollte den Nachweis erbringen,

dass nach einer daraufhin notwendigen Reaktorabschaltung eine ausreichende Stromversorgung gewährleistet gewesen wäre.

Als Hauptursachen für die Katastrophe gelten die bauartbedingten Eigenschaften des graphit-moderierten Kernreaktors (Typ RBMK-1000)

in einem unzulässig niedrigen Leistungsbereich und schwerwiegende Verstöße der Operatoren gegen geltende Sicherheitsvorschriften

während des Versuches.

 

Kennzeichnend für diesen Reaktortyp unter dieser Voraussetzung ist ein stark positiver Void-Koeffizient 

– die Verringerung der Neutronenabsorption des Kühlwassers infolge von Dampfblasenbildung (Dichteänderung) bei Leistungssteigerung.

Ein hoher Void-Koeffizient wurde zudem begünstigt durch den fortgeschrittenen Abbrand des Kernbrennstoffes.

Weiterhin war die betriebliche Reaktivitätsreserve (minimal erforderliche Reaktivitätsbindung durch hinreichend in den Reaktor eingefahrene Steuerstäbe)

nicht in das automatische Reaktorsicherheitssystem eingebunden, sondern lediglich ein Minimalwert in den Betriebsvorschriften vorgegeben.

 

Dieser Minimalwert war bereits Stunden vor Beginn des Versuchs unterschritten – der Reaktor hätte abgeschaltet werden müssen.

Außerdem hat die Betriebsmannschaft Sicherheitssysteme abgeschaltet, um im Bedarfsfall den Versuch wiederholen zu können.

Die automatisch arbeitenden Sicherheitssysteme hätten das ansonsten planmäßig verhindert.

Es ist umstritten, inwieweit sie –in eingeschaltetem Zustand – bei den gegebenen ungeplanten Randbedingungen des Versuchs

auch dessen Erstdurchführung oder zumindest den Eintritt einer Katastrophe bei Durchführung verhindert hätten.

 

Die endgültige Auslösung der explosionsartigen Leistungsexkursion ist wahrscheinlich auf eine weitere konstruktive Besonderheit des

Regelstabsystems zurückzuführen: Ein Großteil der Steuerstäbe hat an ihrem unteren Ende Graphitspitzen,

die beim Einfahren aus der oberen Endlage zunächst eine positive Reaktivitätszufuhr (Leistungssteigerung) in Höhe eines halben Betas bewirken;

eine Leistungsminderung bewirken sie erst bei größerer Einfahrtiefe.

Als der Schichtleiter Alexander Akimow schließlich die Reaktorschnellabschaltung auslöste, trat genau dieser Effekt ein:

Viele Stäbe fuhren gleichzeitig ein und führten dadurch dem Reaktor mehr Reaktivität zu.

Dieser wurde prompt überkritisch, das heißt die Kettenreaktion der Kernspaltungen lief auch ohne verzögerte Neutronen von allein weiter

und war daher nicht mehr regelbar.

Die Leistung stieg innerhalb von Sekundenbruchteilen auf ein Vielfaches (vermutlich etwa auf das Hundertfache) der Nennleistung an.

 

Eine weitere Schwäche des RBMK war das Fehlen eines Sicherheitsbehälters.

Unklar ist allerdings, ob dieser den Explosionen standgehalten hätte.

 

Wesentlich zum Zustandekommen des Unfalls beigetragen hat die Verschiebung des Versuchs um rund einen halben Tag.

Die lange Haltezeit auf Teillast führte zu einer Anreicherung des Reaktors mit neutronenabsorbierendem 135Xe (Xenon).

Dadurch wurde das neutronenphysikalische Verhalten des Reaktors wesentlich komplexer und unübersichtlicher.

Auch war zum Zeitpunkt des Versuchs ein anderes Schichtpersonal als ursprünglich geplant anwesend.

 

So viel also zu den technischen Ursachen die, in Verknüpfung mit den besonderen Umständen und dem Handeln der Kraftwerksmitarbeiter_innen,

zu diesem Unfall führten.

 

Geplanter Versuchsablauf


Auch ein abgeschaltetes Kernkraftwerk ist auf die Versorgung mit elektrischer Energie angewiesen, beispielsweise zur Aufrechterhaltung der Kühlung

und für die Instrumentierung und Überwachung.

Im Normalfall wird der Eigenbedarf eines abgeschalteten Kraftwerks aus dem öffentlichen Energieversorgungsnetz oder von Nachbarblöcken gedeckt.

Ist das nicht möglich, laufen Notstromaggregate an.

Im Rahmen einer zwecks Wartungsarbeiten anstehenden Abschaltung des Reaktors sollte nun gezeigt werden,

dass die Rotationsenergie der auslaufenden Turbinen bei gleichzeitig unterstelltem Netzausfall ausreicht,

die Zeit von etwa 40 bis 60 Sekunden bis zum vollen Anlaufen der Notstromaggregate zu überbrücken.

 

Nach Sicherheitsvorschriften hätte der Versuch bereits vor der kommerziellen Inbetriebnahme im Dezember 1983 durchgeführt werden sollen.

Ein nicht durch 135Xe vergifteter Reaktor ohne Abbrand hätte sicherere Voraussetzungen geboten.

Ein im Block 3 des Kraftwerkes bereits durchgeführter Versuch war 1985 fehlgeschlagen, weil die Spannung zu schnell abfiel.

Nun sollte der Versuch im Block 4 mit einem verbesserten Spannungsregler wiederholt werden.

Es war vorgesehen, den Versuch bei reduzierter Reaktorleistung (zwischen 700 und 1.000 MWthermisch) durch Schließung der Dampfzufuhr

zu den Turbinen einzuleiten.

 

 

Chronologie


Freitag, 25. April 1986, 1:06 Uhr
Als erster Schritt sollte die thermische Leistung des Reaktors von ihrem Nennwert bei 3200 Megawatt (MW) auf 1000 MW reduziert werden,

wie bei einer Regelabschaltung üblich.

Der Reaktor sollte sowohl für eine Revision als auch für den Test heruntergefahren werden.

25. April 1986, 13:05 Uhr
Aufgrund erhöhter Stromnachfrage wurde auf Anweisung des Lastverteilers in Kiew die Leistungsabsenkung bei einer erreichten Leistung

von 1600 MW unterbrochen und der Reaktor mit dieser Leistung konstant weiter betrieben.

Bei diesen etwa 50 % Leistung wurde der Turbogenerator 7 abgeschaltet. Es bildete sich das Neutronengift 135Xenon.

25. April 1986, 14:00 Uhr
Es wurde damit begonnen, das Notkühlsystem abzuschalten.

Grund dafür war, dass bei einem Notkühlsignal kein Wasser in den Reaktor gepumpt werden sollte.

25. April 1986, 23:10 Uhr
Es erfolgte die Freigabe zur weiteren Leistungsabsenkung. Der Reaktor sollte langsam auf 25 % der Nennleistung abgefahren werden.

Samstag, 26. April 1986, 0:00 Uhr
Eine neue Schichtmannschaft übernahm den Reaktor.

26. April 1986, 0:28 Uhr
Bei 500 MW erfolgte eine Umschaltung innerhalb der Reaktorleistungsregelung.

Durch einen Bedienfehler, durch den der Sollwert für die Gesamtleistungsregelung möglicherweise nicht richtig eingestellt wurde,

oder aufgrund eines technischen Defekts sank die Leistung weiter bis auf nur noch etwa 30 MW, rund 1 % der Nennleistung.

Wie nach jeder Leistungsabsenkung erhöhte sich vorübergehend die Konzentration des Isotops 135Xe im Reaktorkern („Xenonvergiftung“).

Da 135Xe als Neutronengift die für die nukleare Kettenreaktion benötigten Neutronen sehr stark absorbiert,

nahm aufgrund der Konzentrationszunahme die Reaktivität des Reaktors immer weiter ab.

Als die Betriebsmannschaft am 26. April 1986 um 0:32 Uhr die Leistung des Reaktors durch weiteres Ausfahren von Steuerstäben wieder anheben wollte,

gelang ihr das infolge der mittlerweile aufgebauten Xe-Vergiftung nur bis zu etwa 200 MW oder 7 % der Nennleistung.

Obwohl der Betrieb auf diesem Leistungsniveau unzulässig war (laut Vorschrift durfte der Reaktor nicht unterhalb von 20 % der Nennleistung

betrieben werden, was 640 MW entspricht) und sich zu diesem Zeitpunkt außerdem viel weniger Steuerstäbe im Kern befanden,

als für einen sicheren Betrieb vorgeschrieben waren, wurde der Reaktor nicht abgeschaltet, sondern der Betrieb fortgesetzt.

26. April 1986, 1:03 Uhr bzw. 1:07 Uhr
Beim Schließen der Turbineneinlassventile läuft normalerweise das Kernnotkühlsystem an.

Dieses war jetzt jedoch ausgeschaltet.

Um dessen Stromverbrauch für den Versuch zu simulieren, wurden nacheinander zwei zusätzliche Hauptkühlmittelpumpen in Betrieb genommen.

Der dadurch erhöhte Kühlmitteldurchsatz verbesserte die Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern und reduzierte demgemäß den Dampfblasengehalt in ihm.

Der positive Dampfblasen-Koeffizient bewirkte eine Reaktivitätsabnahme,auf welche die (automatische) Reaktorregelung mit dem Herausfahren

weiterer Steuerstäbe reagierte.

Der Reaktorzustand verschob sich weiter in den unzulässigen Bereich.

26. April 1986, 1:19 Uhr
Die Wasserzufuhr in den Reaktor wurde erhöht, um so die Warnsignale zu deaktivieren.

26. April 1986, 1:22 Uhr
Es gelang, den Reaktor zu stabilisieren und den Wasserpegel im Reaktor auf zwei Drittel des vorgeschriebenen Wertes zu steigern.

26. April 1986, 1:23:04 Uhr
Der eigentliche Test begann durch Schließen der Turbinenschnellschlussventile.

Dadurch wurde die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor unterbrochen, sodass die Temperatur des Kühlmittels nun anstieg.

Infolge des positiven Dampfblasen-Koeffizienten kam es jetzt zu einem Leistungsanstieg, auf den die automatische Reaktorregelung

folgerichtig mit dem Einfahren von Steuerstäben reagierte.

Infolge der relativ langsamen Einfahrgeschwindigkeit der Steuerstäbe konnte die Leistung allerdings nicht stabilisiert werden,

sodass der Neutronenfluss weiter anstieg.

Dies bewirkte einen verstärkten Abbau der im Kern angesammelten Neutronengifte.

Dadurch stiegen Reaktivität und Reaktorleistung weiter an, wodurch immer größere Mengen an Dampfblasen entstanden,

die ihrerseits wieder die Leistung erhöhten. Die Effekte schaukelten sich so gegenseitig auf.

26. April 1986, 1:23:40 Uhr
Der Schichtleiter Aleksandr Akimow löste manuell den Knopf des Havarieschutzes, Typ 5 (Notabschaltung des Reaktors), aus.

Dazu wurden alle zuvor aus dem Kern entfernten Steuerstäbe wieder in den Reaktor abgeworfen;

doch hier zeigte sich ein weiterer Konzeptionsfehler des Reaktortyps:

Durch die an den Spitzen der Stäbe angebrachten Graphitblöcke (Graphit war der Hauptmoderator des Reaktors) wurde beim Einfahren

eines vollständig herausgezogenen Stabs die Reaktivität zunächst kurzzeitig um den Wert eines halben Betas erhöht,

bis der Stab tiefer in den Kern eingedrungen war.

Die durch das gleichzeitige Einfahren aller Stäbe massiv gesteigerte Neutronenausbeute ließ die Reaktivität so weit ansteigen,

dass schließlich (um 1:23:44) die prompten Neutronen alleine (also ohne die verzögerten Neutronen) für die Kettenreaktion ausreichten

(„prompte Kritikalität“) und die Leistung innerhalb von Sekundenbruchteilen das Hundertfache des Nennwertes überschritt.

Durch diese Leistungsexkursion im Reaktorkern erhitzten sich Wasser, Graphit, Steuerstäbe und Brennstäbe stark.

Erste Explosionen fanden möglicherweise in den Brennelementen statt.

Im Folgenden begannen Druckröhren zu bersten, so dass die Reaktorauslegung überschritten wurde,

die maximal zwei gleichzeitig zerstörte Kanäle voraussetzte.

Die einfahrenden Steuerstäbe erreichten nicht die Endposition, sondern wurden möglicherweise durch eine überdruckbedingte Verschiebung

von Reaktorbauteilen blockiert.

Das Zirconium der Brennstäbe (Ummantelung der Brennstäbe) wie auch der Graphit konnte mit dem heißen Dampf reagieren.

Wasserstoff und Kohlenmonoxid entstanden in größeren Mengen und konnten aufgrund der Beschädigungen des Reaktorkernes entweichen.

Unterhalb des Reaktorgebäudedeckels bildeten diese mit dem Sauerstoff der Luft ein explosives Gasgemisch (Knallgas + Wassergas),

das sich vermutlich entzündete und zu einer zweiten Explosion (nur Sekunden nach der „nuklearen Leistungsexkursion“) führte.

Welche Explosion zum Abheben des über 1000 Tonnen schweren Deckels des Reaktorkerns (biologischer Schild) führte, ist nicht ganz klar.

Außerdem zerstörten die Explosionen das (nur als Wetterschutz ausgebildete) Dach des Reaktorgebäudes,

sodass der Reaktorkern nun nicht mehr eingeschlossen war und direkte Verbindung zur Atmosphäre hatte.

Der glühende Graphit im Reaktorkern fing sofort Feuer.

Insgesamt verbrannten während der folgenden zehn Tage 250 Tonnen Graphit, das sind etwa 15 % des Gesamtinventars.

Große Mengen an radioaktiver Materie wurden durch die Explosionen und den anschließenden Brand des Graphits in die Umwelt freigesetzt,

wobei die hohen Temperaturen des Graphitbrandes für eine Freisetzung in große Höhen sorgten.

Insbesondere die leicht flüchtigen Isotope 131I und 137Cs bildeten gefährliche Aerosole, die in einer radioaktiven Wolke teilweise hunderte

oder gar tausende Kilometer weit getragen wurden, bevor sie der Regen aus der Atmosphäre wusch.

Radioaktive Stoffe mit höherem Siedepunkt wurden hingegen vor allem in Form von Staubpartikeln freigesetzt,

die sich in der Nähe des Reaktors niederschlugen.

26. April 1986, 4:30 Uhr
Akimow meldete einem Mitglied der Kraftwerksleitung, Nikolai Fomin, dass der Reaktor intakt geblieben sei.

Obwohl augenscheinlich überall Bruchstücke der Brennstäbe sowie Graphitelemente verstreut lagen und die Situation bei Tageslicht offensichtlich war,

beharrten die Operatoren sowie die Kraftwerksleitung noch bis zum Abend des 26. April darauf,

dass der Reaktor intakt sei und nur gekühlt werden müsse.

Entsprechende Meldungen wurden nach Moskau übermittelt.

Dieser Umstand ist nach Gregori Medwedew hauptursächlich für die späte Evakuierung der Stadt Prypjat.

26. April 1986, gegen 5:00 Uhr
Die Brände außerhalb des Reaktors waren durch die Werkfeuerwehr gelöscht. Block 3 wurde abgeschaltet.

26. April 1986, gegen 15:12 Uhr
Der Werksfotograf Anatoli Rasskasov machte von einem Hubschrauber aus die ersten Aufnahmen der radioaktiven Rauchfahne

und des zerstörten Reaktorblocks 4. Ein Großteil seiner Aufnahmen waren infolge der hohen Strahlungsaktivität geschwärzt.

Einige Abzüge behielt er für sich und die anderen Fotos mitsamt der Negative wurden dem Notfallstab und den Sicherheitsbehörden übergeben.

Einige Aufnahmen werden erst am 30. April 1986 retuschiert im sowjetischen Fernsehen gezeigt,

um das Ausmaß des Unglücks weniger dramatisch darstellen zu können.

27. April 1986
Die Blöcke 1 und 2 wurden um 1:13 bzw. 2:13 abgeschaltet.

Es wurde begonnen, den Reaktor von Block 4 mit Blei, Bor, Dolomit, Sand und Lehm zuzuschütten.

Dies verringerte die Spaltproduktfreisetzung und deckte den brennenden Graphit im Kern ab.

Insgesamt wurden ca. 40 t Borcarbid abgeworfen, um die Kettenreaktion zu unterbinden, ca. 800 t Dolomit,

um den Graphitbrand zu unterdrücken und die Wärmeentwicklung zu verringern, ca. 2400 t Blei, um die Gammastrahlung zu verringern,

wie auch eine geschlossene Schicht über den schmelzenden Kern zu bilden und ca. 1800 t Sand und Lehm, um die radioaktiven Stoffe zu filtern.

Rund 1800 Hubschrauberflüge waren hierfür nötig.

Das zur Kühlung in den Block 4 eingeleitete Wasser sammelte sich aufgrund der geborstenen Leitungen in den Räumen unter dem Reaktor,

wo es stark kontaminiert wurde und mit etwa 1000 Röntgen pro Stunde (=10 Gray pro Stunde) strahlte.

Zur gleichen Zeit begann die Evakuierung der in der Nähe liegenden Stadt Prypjat mit 48.000 Einwohnern.

28. April 1986, 9:00 Uhr
Im über 1200 Kilometer entfernten Kernkraftwerk Forsmark in Schweden wurde aufgrund erhöhter Radioaktivität auf dem Gelände automatisch

Alarm ausgelöst.

Messungen an der Arbeitsbekleidung der Angestellten ergaben erhöhte radioaktive Werte.

Nachdem die eigenen Anlagen als Verursacher ausgeschlossen werden konnten, richtete sich der Verdacht aufgrund der aktuellen Windrichtung

gegen eine kerntechnische Anlage auf dem Gebiet der Sowjetunion.

28. April 1986, 21:00 Uhr
Nachdem die sowjetischen Behörden zunächst eine Nachrichtensperre erlassen hatten, meldete die amtliche Nachrichtenagentur TASS erstmals

einen „Unfall“ im Kernkraftwerk Tschernobyl.

Um 21:30 Uhr wurde in der Nachrichtensendung Wremja eine Meldung verlesen, dass der Reaktor in Tschernobyl beschädigt sei

und man „Maßnahmen zur Beseitigung der Folgen der Havarie“ ergriffen habe.

Um 19:32 Uhr MEZ schickte die Presseagentur dpa eine erste Eilmeldung an die Nachrichtenredaktionen in der Bundesrepublik Deutschland ab.

29. April 1986
Sowjetische Quellen sprachen erstmals von einer „Katastrophe“ und von zwei Todesopfern.

Internationale Medien berichteten erstmals ausführlicher über den Unfall, verfügten aber über kein Bild- oder Filmmaterial vom Unglücksort.

US-Militärsatelliten lieferten ab dem Nachmittag erste Aufnahmen und Informationen, die allerdings der Öffentlichkeit vorenthalten wurden.

30. April 1986
Im sowjetischen Fernsehen wurde erstmals ein Foto vom Unglücksort gezeigt, das aber retuschiert wurde.

Die ARD-Nachrichtensendung Tagesschau zeigte dieses Foto ebenfalls.

1. Mai 1986
Der erst im Februar 1986 in die Erdumlaufbahn entsandte französische Erderkundungssatellit SPOT 1 lieferte den internationalen

Fernsehmedien Aufnahmen von Infrarotbildern der nuklearen Rauchfahne über dem Reaktor.

Am 3. Mai lieferten auch LANDSAT-Satelliten erstmals Aufnahmen, die allerdings sehr ungenau waren und keine Aufschlüsse über

das Ausmaß der Katastrophe zeigen konnten.

4. und 5. Mai 1986
Es wurde unterhalb der Anlage begonnen, gasförmigen Stickstoff einzublasen, um so das Feuer zu ersticken.

Zunächst bewirkte ein Nebeneffekt, dass die Wärme im Kern anstieg und so auch mehr radioaktive Partikel hinausgeblasen wurden.

6. Mai 1986
Die Freisetzung der Spaltprodukte war weitgehend unterbunden. Man begann, ein Stickstoffkühlsystem unter dem Reaktor einzubauen.

 

Besonders hervor heben möchten wir noch einmal die Menschen die sich direkt nach dem Reaktorunfall an selbigen aufhielten um

die Auswirkungen einzudämmen und das weitere, unkontrollierte Strahlen zu unterbinden.

Diese Menschen wurden nach der Katastrophe  Liquidatoren genannt.

 

Das in der obigen Chronologie erläuterte Reaktorunglück zeigt mehr als deutlich die Gefahren die unmittelbar von dieser Technologie ausgehen

aber auch die Versuche der Verantwortlichen im Falle eines Unfalls die Umstände zu verschleiern sowie die Auswirkungen zu relativieren.

Dies zeigt schon die Tatsache dass die Stadt Prypjat, die unmittelbar neben dem Kraftwerk liegt, erst 36 Stunden nach dem Unfall evakuiert wurde.

 

Zum Thema gibt es unzählige Abhandlungen, von Büchern über die Auswirkungen der jahrzehnte andauernden Strahlung auf die Natur

bis zur Ursachenforschung, sowie etliche Filme und Dokumentationen zur Thematik.

 

Es ist für uns unbegreiflich wie trotz zwei solcher extremen Ereignisse innerhalb von 30 Jahren an der Atomernergie unbeirrt festgehalten

und sogar neue Kraftwerke überall auf der Welt geplant werden können.

Die Ereignisse in Tschernobyl sind dabei allerdings keine Ausnahme, sie Reihen sich ein in eine lange Liste von Unfällen in Kerntechnischen Anlagen

auf der ganzen Welt seit es selbige gibt(INES - Internationalen Bewertungsskala für nukleare Ereignisse):

 

-NRX-Reaktor Chalk River, Kanada - 12. Dezember 1952 INES 5
-Kyschtym(Kerntechnische Anlage Majak), Russland - 29. September 1957 INES 6
-Windscale bzw. Sellafield Kernreaktor Pile No. 1, Großbritannien - 7. bis 12. Oktober 1957 INES 5
-Simi Valley Santa Susana Field Laboratory, Vereinigte Staaten - 26. Juli 1959 INES 5-6
-Knoxville radiologisch-chemische Fabrik Oak Ridge National Laboratory, Vereinigte Staaten - 20. November 1959 INES 3-4
-Idaho Falls National Reactor Testing Station Idaho, Vereinigte Staaten - 3. Januar 1961 INES 4
-Melekess, nahe Nischnii Nowgorod (Gorki) Atomic Reactor Research Institute Melekess, Sowjetunion - 7. Mai 1966 INES 3-4
-Monroe Enrico Fermi demonstration nuclear breeder reactor, Vereinigte Staaten - 5. Oktober 1966 INES 4
-Lucens Versuchsatomkraftwerk Lucens (VAKL), Schweiz - 21. Januar 1969 INES 4-5
-Rocky Flats, Vereinigte Staaten - 11. Mai 1969 INES 4-5
-Leningrad Leningrader KKW, Sowjetunion - 6. Februar 1974 und Oktober 1974 INES 4-5
-Belojarsk Belojarsker KKW, Sowjetunion -1964-1979 INES 4 und 1977 und 31. Dezember 1978 INES 3-5
-Jaslovské Bohunice Bohunice A-1, Tschechoslowakei - Februar 1977 INES 4
-Three Mile Island, Vereinigte Staaten - 28. März 1979 INES 5
-Saint-Laurent, Frankreich - 1980 INES 4
-Tschernobyl, Prypjat, Ukraine - September 1982 INES 5
-Tschernobyl, Prypjat, Ukraine - 26. April 1986 INES 7
-Sewersk Kerntechnische Anlage Tomsk, Russland - 6. April 1993 INES 2-4
-Tōkai-mura Brennelemente-Fabrik in Tōkai-mura, Japan - 30. September 1999 INES 4-5
-Windscale bzw. Sellafield, Großbritannien - 19. April 2005 INES 3
-Fleurus Institut des Radioéléments (IRE), Belgien - 11. März 2006 INES 3
-Fleurus Institut des Radioéléments (IRE), Belgien - 25. August 2008 INES 4
-KKW Fukushima 1, Fukushima, Japan - 12.März.2011 vorläufig INES 7

 

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Unf%C3%A4llen_in_kerntechnischen_...

 

Fünf ist Rechtsaußen.