Alles falsch! Adornos Kritik der Kulturindustrie. Vortrag von Dirk Braunstein

Mittwoch, 22. Mai
Alles falsch! Adornos Kritik der Kulturindustrie
Während es üblich geworden ist, innerhalb der Kulturwaren zu differenzieren, um deren vermeintliche Freiheitspotentiale zu entdecken, läßt sich die Kulturindustrie als das kritisieren, was sie ist: Produkt und zugleich Produzentin des falschen Ganzen, als das sie Adorno verurteilte. Konnte er noch damit rechnen, durch Übertreibung ihre Wahrheit zu treffen, hat die Kulturindustrie unterdessen ihren eigenen Superlativismus übertroffen. Wenn sich die deutsche kulturschaffende Intelligenz mit dem befaßt, der die Kulturindustrie allererst auf ihren Begriff brachte, wird es finster im Lande. Mit seinem hundertsten Geburtstag im September 2003 war der billige Anlaß gefunden, die Kritische Theorie der Gesellschaft auf das eigene Niveau unverbindlichen Geschwätzes herunterzuziehen, Adorno zum »Teddie« zu machen sowie das bestehende Elend zur besten aller Welten: Kapitalismus, Barbarei, Auschwitz – alles halb so wild und Adorno ein unverbesserlicher Pessimist und Miesmacher. Das kurrente Philosophiegewerbe ist Teil gerade jener Kulturindustrie, die man hierzulande so gerne in den USA am Werke sieht. Dort allerdings wurde die deutsche »Adorno-Industrie« registriert, derweil im »Spiegel« eitel Freude darüber herrschte, daß die Feierlichkeiten »nun auch den privaten Theodor Wiesengrund-Adorno« in den Vordergund gerückt hatten. Wird dort Kritik daran geübt, daß die Apparatschiks der Kulturindustrie Adorno schlicht überrannt und gefleddert haben, wird hier Einvernehmen darüber hergestellt, daß das Private offiziell und das Offizielle, alles, was man ›Werk‹ nennen könnte, privatistische Angelegenheit spinnerter ›Adorniten‹ sei.


Der Vortrag von Dirk Braunstein (Frankfurt) zeigt, wie dieses Einvernehmen hergestellt wird und was das für die Kritik der Kulturindustrie im besonderen sowie für Gesellschaftskritik im allgemeinen bedeutet. Von Dirk Braunstein sind bisher u.a. erschienen: Adornos Kritik der politischen Ökonomie (Bielefeld 2011) sowie, als Herausgeber, Theodor W. Adorno, Philosophie und Soziologie (Bd. IV.6 der »Nachgelassenen Schriften«) (Berlin 2011) und (mit Sebastian Dittmann und Isabelle Klasen) Alles falsch. Auf verlorenem Posten gegen die Kulturindustrie (Berlin 2012)


Um 20°° im Jos Fritz-Café, Wilhelmstr. 15 (Spechtpassage)

 


 

Initiative Sozialistisches Forum
Jour fixe
Frühjahr / Sommer 2013

Der Einleitungstext „Das Fleisch der Deutschen“
sowie das Kommentierte Programm unter: www.isf-freiburg.org