Die wahrscheinlich meist bejubelte Kriegsrede ohne Worte

Kriegsleichen auf De Maizères Bühne

 (noch ein kleiner Bericht zur geplatzen Kriegspropaghanda in der HU)

Kriegsminister Thomas D[e] (weil er vor Studierenden an deutschen Unis gerne seine Armee verdteidigt wird er auch Verdeidigungsminister De Maizère genannt) erschloss gestern Abend an der Humboldt Universität in Berlin neue Wege der öffentlichen Kommunikation.
Kaum hatte die Atmosphäre seiner Anwesenheit das Audimax erreicht, brachen die Studierenden in großen Applaus aus, der sogar die einleitenden Worte des Präsidenten Jan-Hendrik Olbertz der HU überdauerten. Zumindest sahen die Lippenbewegungen des Würdenträgers nach einleitenden Worten aus). Zu hören war er nicht, denn die begeisterte Menge war nun vor Vorfreude völlig aus dem Häuschen. Sprechchöre wie "Wir woll'n den Thomas sehen!" und "Thomas wir lieben dich!" wechselten sich mit zahlreichen La-Ola-Wellen ab. Als dann der Bejubelte selbst erschien, schwappte die ganze martialische Aura vom Deutschlands oberstem Krieger auf das Publikum über, welches den ersten inhaltlichen Beitrag zur Diskussion lieferte: "Noch ein Krieg! Noch ein Krieg!" war der Vorschlag.

 

Da bis zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht ein einziges Wort von der Bühne das Publikum erreichte, hatte der geschickte Präsident zu einer List gegriffen: Der Titel "Armee der Einheit: Der Beitrag der Bundeswehr zum gesellschaftlichen Zusammenhalt", der an die Wand hinter dem Redepult projeziert wurde, wich kurzerhand einem geöffneten Schreibdokument über welches jetzt das Publikum adressiert wurde. "Ich möchte jetzt bitte etwas sagen! Lasst mich das mal bitte machen jetzt!" waren dort die wohlgewählten Worte des Präsidenten zu lesen.


Doch die kriegerische Stimmung kippte. Ob es an der Entäuschung über den mangelnden Unterhaltungswert des Ministers lag, oder daran das eine kleine Horde Menschen mit blutverschmierten T-Shirts vor und auf der Bühne scheintot zusammenbrachen ist schwer zu sagen. Sicher ist aber, dass die Stimmung (wenn auch nicht mehr kriegerisch) deutlich kämpferischer wurde: "Nie wieder Krieg! Nie wieder Deutschland!" kam aus der Menge vor der Bühne, wo unter dessen auch ein kleines Banner "Krieg dem Krieg!" entrollt wurde.


Thomas De, der es gewöhnt ist das ihm mindestens ein bis zehn Mal am Tag im Fernsehen ein Mikrofon ins Gesicht gehalten wird, musste jetzt echt dringen auch mal was sagen und endeckte ebenfalls das Schreibdokument für sich: "Ich würde gerne über das Argument 'Nie wieder Krieg' diskutieren. Aber der Slogan 'Nie wieder Deutschland' ist einer Humboldt Uni nicht würdig."

Irgendwie konnte er damit aber die anfängliche Begeisterung nicht wieder zurückgewinnen und verdrückte sich nach einiger Zeit ganz (Wahrscheinlich brauchte er erstmal eine Umarmung von seinem Mitbewohner, oder einen Fenchel-Tee oder so)

Der tapfere humboldtsche Präsident hingegen stand jetzt für "die Freiheit des Wortes und und den freien Austausch von Meinungen" weiterhin auf der Bühne, setzte dazu jetzt aber auch noch einen sehr traurigen Blick auf. Währendessen wurden die Worte immernoch sehr frei durch den Hörsaal geschleudert.

Die wenigen ordentlichen Studierenden, die sich ihrer überaus wichtigen Postition für diese Gesellschaft und ihren Zusammenhalt bewusst waren, fühlten sich durch diese symbolische Aktion unter Zugzwang und versammelten sich teils schüchtern teils kämpferisch (Einer hatte sogar mit Kulli und Blockblatt ein kleines Transpi gemalt.) auf der Bühne an der Seite ihres Hirten Olbertz.


Auch wenn ihrem freien Austausch dort oben nun eigentlich nichts mehr im Wege stand, hatten sie sich leider relativ wenig zu sagen. Vielleicht machte sie das neue Gefühl, einen ersten kleinen Schritt der Selbstbestimmung (oder optimistischer betrachtet vielleicht sogar Selbstorganisation) getan zu haben auch etwas schwindelig.


Der Abend "mit" Thomas klang jedenfalls allmählich ab und letzendlich war es wohl auch für Olbertz nicht ganz leicht gewesen.
"Ich bin in der DDR aufgewachsen. Mir macht es Angst, wenn eine Masse mich niederschreit und mir keine Chance gibt." sagte er gegenüber spiegel.de.
Ob er sich in der DDR auch bereits auf einer Bühne der SED einem feindselig-freiheitsliebenden Publikum genenüber gesehen hat, bliebe noch zu recherchhieren. Mir jedenfalls wäre das neu und ich fände es hochspannend zu erfahren was er gemeint haben könnte.