Proletariat? Klasse?? Revolution??? Eine Debatte

Initiative Sozialistisches Forum // Jour fixe // Frühjahr / Sommer 2013

Der Einleitungstext „Das Fleisch der Deutschen“
sowie das Kommentierte Programm unter: www.isf-freiburg.org

 

Mittwoch, 24. April

Proletariat? Klasse?? Revolution???

Eine Debatte

 

These: Was einmal Proletariat hieß, was sich seine linken Freunde wie seine Feinde an der Universität als einen Haufen Muskeln mit unterlaufenen Augen und schwieligen Händen vorstellten, ist futsch; Gerüchten zufolge soll es etwas primitiv gewesen sein, dafür aber in der Lage, ordentlich auf den Tisch zu hauen. Was geblieben ist, sind nichts als theoretische Flausen, mit denen die Handvoll Leute, die von sich behaupten, daß sie „eine andere, bessere Gesellschaft“ wollen, versuchen, mit diesem Verlust umzugehen. Die einen halten sich für großartige und kritische Individuen, die auf nichts in der Welt etwas halten außer auf sich selbst und ihren Kopf. Die anderen suchen, von der eigenen Ohnmacht bedrängt, nach den Kämpfen, die es angeblich überall und immer schon gibt. Gemeinsam haben sie, daß einerseits die Arbeiter immer die anderen sind, daß sie andererseits mit der Kritik der Gesellschaft so viel zu tun haben wie mit dem Arbeiter an der Aldi-Kasse, den sie entweder verachten oder agitieren wollen. Die Kritik dieser Positionen soll zeigen: wenn auch aus dem Appell an die Klasse kein revolutionärer Funke mehr zu schlagen ist, ist die Frage nach den Klassen ein unverzichtbarer Teil der materialistischen Kritik der Gesellschaft. – Philipp Schweizer, Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken/Erfurt.

 

Antithese: Begriff und Sache der Klasse sind dadurch, daß das Kapital seinen Begriff auch praktisch hat Wirklichkeit werden lassen, derart transformiert worden, daß, in der nun klassenlosen Klassengesellschaft, die Frage nach dem revolutionären Proletariat bestenfalls noch (so)zoologischen Wert hat. Denn wie die Bourgeoisie zum Gesindel sich entwickelt hat, so das Proletariat zum Pöbel. Darin kommt geschichtlich eine Entwicklung an ihr Ende, die Marx an ihrem Beginn so charakterisiert hat: „Die Produktion produziert den Menschen nicht nur als eine Ware, die Menschenware, den Menschen in der Bestimmung der Ware, sie produziert ihn als ein ebenso geistig wie körperlich entmenschtes Wesen. Ihr Produkt ist die selbstbewußte und selbsttätige Ware, die Menschenware.“ Der Nazifaschismus hat dies noch derart überboten, daß die Rede vom Proletariat, das den Wert schüfe, zur Parole der Konterrevolution geworden ist. Die materialistische Kritik muß daher einen Schritt zurücktreten, den Wert-Begriff überdenken und die Frage nach der Klasse einerseits so bestimmen, wie es einem „bewußtlosen Zustand der Menschheit“ angemessen ist, die aus einem Haufen „zersplitterter Atome ohne Gattungsbewußtsein“ (Engels) besteht, andererseits so, daß als revolutionäre Klasse nur gelten kann, was, so Marx, „in keinem einseitigen Gegensatz zu den Konsequenzen, sondern in einem allseitigen Gegensatz zu den Voraussetzungen des deutschen Staatswesens steht.“ – Joachim Bruhn, Initiative Sozialistisches Forum.

 

Um 20°° im Jos Fritz-Café, Wilhelmstr. 15 (Spechtpassage)