Faschistische Symbolik in Bilbao/Baskenland

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Franquistische Symbole werden nicht entfernt - die Stadtverwaltung von Bilbo verstößt gegen das “Gesetz zur Historischen Erinnnerung”

Das “Erinnnerungs-Gesetz” (Ley de Memoria Historica) ist nicht gerade das, was sich die antifaschistische Plattform LAU HAIZEETARA GOGOAN unter Vergangenheits-Bewältigung vorstellt. Im Gegenteil, als das Gesetz 2007 von den Sozialdemokraten in Madrid verabschiedet wurde, erhielt es heftige Kritik aus den Reihen von LHG, weil es nicht weit genug geht, weil den Opfern des spanischen Krieges von 1936 bis 1939 und der folgenden 40-jährigen Franco-Diktatur keine Anerkennung, keine Wiedergutmachung und keine Entschädigung garantiert.

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Bei LAU HAIZEETARA GOGOAN (baskisch: Erinnerung in alle Richtungen) ist eine Reihe von politischen Organisationen vertreten, die gemeinsam gegen das Vergessen der Opfer kämpft, sowie gegen das Amnestie-Gesetz von 1977, das den faschistischen Verantwortlichen und ihren folternden und mordenden Handlangern Straffreiheit zusichert und das von internationalen Menschenrechts-Gerichtshöfen stark in Frage gestellt wird.

 

Bei aller Unzulänglichkeit hat das Gesetz zumindest das Thema faschistischer Symbolik aufgegriffen und verbietet alles, was nicht ausdrücklich unter den Begriff Kunst gefasst werden kann. Gerade das ist es, was in Bilbo nun zum Streit geführt hat. Verschiedene Orte der Stadt werden nach wie vor von faschistischen Namen oder Symbolen geziert, die das faschistische Regime verherrlichen: das Postgebäude, das Finanzministerium des spanischen Staates, Straßennamen, viele Falange-Zeichen an Hausfassaden, ein riesiges Monument auf dem Friedhof. Mehrfach hat LHG versucht, mit dem verantwortlichen Bürgermeister (von der rechtsbaskischen PNV) in Kontakt zu kommen, um den Sachverhalt zu diskutieren. Alle Anläufe wurden ignoriert, im Gegenteil, der (soeben zum besten BM der Welt gekürte (!) Azkuna sagte, er sehe keine Veranlassung, in dieser Hinsicht aktiv zu werden. Deshalb hat LHG Anzeige erstattet wegen Verstoß gegen das Erinnerungs-Gesetz und den Wortlaut in einer Pressekonferenz den Medien zugänglich gemacht.

 

Eigentlich ist das Baskenland, neben Katalonien, vorbildlich bei der Entfernung faschistischer Symbolik. In kleinen Orten (insbesondere mit linkem oder abertzalem Gemeinderat)  sind solche Zeichen  schon seit Langem fast vollständig verschwunden. Größere Orte wie Basauri haben die Mahnung von antifaschistischen Memoria-Gruppen ernst genommen und mittlerweile auf das Gesetz reagiert. Nur Bilbo tanzt aus der Reihe, und in der Hauptstadt Vitoria/Gasteiz trägt die Kathedrale über dem Eingang das faschistische Wappen.

 

Im spanischen Staat sieht es noch anders aus. Wer vom baskischen Bizkaia die Grenze übertritt und in irgendein kantabrisches Dorf kommt, wird überschwemmt mit Namen von Faschisten, Generälen, franquistischen Priestern und Falangisten. In Ramales de la Victoria (sinniger Name “das siegreiche Ramales“) zum Beispiel, ist Franco noch mit einer Straße vertreten. Vor wenigen Jahren wurde im rechtslastigen Santander eine Reiterbüste von Franco entfernt, unter heftigem Protest verschiedener Bürger der Stadt. Ähnliches im galizischen La Coruña, wo es dann definitiv die letzte Büste war, die aus dem öffentlichen Raum entfernt wurde. Dennoch bleibt viel zu tun, vor allem in den Reihen der Postfranquisten, die sich in der PP (Partido Popular - Volkspartei) gesammelt haben, hält sich das Andenken an den Führer hartnäckig. Dass Rathaus-Plätze den Namen Generalissimus Franco tragen ist keine Seltenheit, je weiter Richtung Madrid, desto wahrscheinlicher wird eine solche Begegnung der unheimlichen Art.

 

Schwarzes Schaf in der baskischen Landschaft ist Navarra, wo es nach wie vor eine Reihe von Namen und Symbolen gibt. Navarra war im spanischen Krieg direkt auf die Seite der Aufständischen übergelaufen und hatte, obwohl keine Kampfhandlungen stattfanden, die heftigste Repression zu erleiden: die politische Säuberung in Form eines Massenmords, von dem ca. 3.500 Opfer zeugen. Viele liegen bis heute in unbekannten oder unberührten Massengräbern. Doch die rechte spanisch-orientierte Regierung Navarras will nichts von Opfern des Faschismus wissen, auch nicht von der Entfernung faschistischer Symbolik, in völligem Gleichklang mit der Stadtregierung von Pamplona/Iruña.

 

Paradebeispiel für den unsäglichen Umgang mit dem Andenken der Opfer ist das nahe von Madrid gelegene Tal der Gefallenen (Valle de los Caidos). Franco selbst ließ es sich als Mausoleum errichten, von republikanischen Gefangenen, mehr als 20.000 sollen beim Bau unter KZ-Bedingungen gestorben sein. Auf Veranlassung des Diktators sind dort 34.000 Tote beider Kriegsparteien gemeinsam begraben. Von rechter Seite wird dies als Argument angeführt, dass es sich aus diesem Grund nicht um einen Ort der Verherrlichung des Faschismus handeln könne. Tatsache ist, dass Alt- und Neo-Nazis dort gerne Erinnerungsfeiern abgehalten haben. Auch dies versucht das Gesetz zur Historischen Erinnerung künftig zu verhindern, in dem jegliche Art politischer Kundgebung auf dem Gelände verboten wurde. Verwaltet wird die monumentale Grabstätte Francos von ultrarechten Benediktinern, die sich eine Einmischung durch die Politik regelmäßig energisch verbieten – allein die Existenz des Komplexes ohne jeglichen Hinweis auf seine Entstehungsgeschichte ist ein Schlag gegen jegliches humanistische Denken. 

 

Dass sich die gemeinnützige Franco-Stiftung alle Jahre wieder über großzügige Zuschüsse von Seiten der Zentralregierung freuen darf, macht deutlich, woher im Staat der Wind weht.

 

Auch die deutsche Vertretung in Madrid geht nicht gerade mit leuchtendem Beispiel voran. Am Denkmal für Gefallene aus der neonazistischen Legion Condor auf dem Friedhof Almudena waren bis in die 50er Jahre Hakenkreuze zu sehen, erst vor kurzem wurden faschistoide Parolen entfernt. Die Legion Condor ist verantwortlich für die vielfache Bombardierung ziviler Ziele sowohl im Baskenland (u.a. Bilbao, Durango, u.a.) wie in anderen Regionen des Staates, unter anderem für die völlige Zerstörung der baskischen Stadt Gernika. Für Historiker/innen steht fest, dass Franco ohne die Hilfe der Nazis, der Legion Condor und der Lufthansa den Krieg nie hätte für sich entscheiden können. (Red.Baskinfo – Fotoreihe: www.flickr.com/photos/txeng/sets/72157632661483273)