NPD-Burschen: Landtags-SPD fordert Aufklärung

Erstveröffentlicht: 
26.11.2012

Die SPD im Landtag fordert Aufklärung, warum die NPD-nahe Gießener Studentenverbindung Dresdensia-Rugia (DR) nicht mehr in den Jahresberichten des Landesamtes für Verfassungsschutz erwähnt wird. Anlass ist ein Bericht der Frankfurter Rundschau (FR) vom Samstag.

 

Gießen/Stuttgart (mö). Der Zeitung liegen nach eigenen Angaben interne Mitteilungsblätter der Burschenschaft vor, aus denen hervorgehe, dass die Nichterwähnung nach 2006 Gesprächen mit dem Verfassungsschutz zu verdanken gewesen sei.

Sollte es tatsächlich Gespräche zwischen dem Verfassungsschutz und der Burschenschaft gegeben haben, bei denen es um die Erwähnung im Jahresbericht gegangen sei, wäre dies ein »skandalöser Vorgang«, erklärte Günter Rudolph, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion am Samstag in einer Pressemitteilung. Rudolph kündigte an, dass die SPD eine Sondersitzung der Parlamentarischen Kontrollkommission beantragen werde, um diesen »ungeheuerlichen Vorgang« aufzuklären.

Die FR zitierte einen Sprecher des Landesamtes, wonach es grundsätzlich solche Gespräche geben könnte, um präventiv wirken zu können oder um demokratische Positionen innerhalb einer extremistischen Gruppe zu stärken. Auf eine Erwähnung im Verfassungsschutzbericht hätten solche Gespräche aber keinen Einfluss.

In diesem Zusammenhang hatte sich Anfang der vergangenen Woche ein Mitarbeiter des Landesamtes für Verfassungsschutz bei der Stadtredaktion der Gießener Allgemeinen Zeitung gemeldet und darauf hingewiesen, dass die Nichterwähnung im Verfassungsschutzbericht nicht automatisch bedeute, dass eine Gruppe wie die Dresdensia-Rugia für den Verfassungsschutz kein Beobachtungsgegenstand mehr sei. Grund für den Anruf war ein GAZ-Artikel vom 17. November, in dem stand, dass die Burschenschaft schon seit Jahren nicht mehr in den Jahresberichten erwähnt und mithin nicht mehr beobachtet wird.

Daraufhin richtete die Redaktion eine offizielle Anfrage an das Landesamt, ob die Burschenschaft weiterhin beobachtet wird. Ferner wurde die Behörde gebeten, eine aktuelle Äußerung der Gießener Politikwissenschaftlerin Dr. Alexandra Kurth zu bewerten. Kurth, die als ausgewiesene Expertin für das Verbindungswesen gilt, war vom Berliner »Tagesspiegel« in einem längeren Interview unter anderem gefragt worden, ob deutsche Verfassungsschutzämter rechtsextreme Studentenverbindungen beobachten. Kurth antwortete unter anderem: »In Hessen wurde das Landesamt vor einigen Jahren vermutlich aus politischer Rücksichtnahme zurückgepfiffen.« Auf die am vergangenen Mittwoch gestellte Anfrage der GAZ gibt es bislang keine Antwort.

Dass die Verbindungen zwischen der NPD und der Burschenschaft mit Sitz im Großen Steinweg derzeit wieder für Schlagzeilen sorgen, hängt mit einem Richtungsstreit innerhalb des Dachverbands Deutsche Burschenschaft zusammen, dem die DR als einzige Gießener Verbindung noch angehört. Die Auseinandersetzungen zwischen dem rechtsextremen und gemäßigten Lager erreichten am Wochenende beim außerordentlichen Burschentag in Stuttgart ihren Höhepunkt. Der Versammlung lagen etliche Anträge vor, die sich gegen rechtsextreme Bestrebungen innerhalb des Verbands richteten. Unter anderem hatte eine Burschenschaft aus Braunschweig den Ausschluss der Gießener DR aus dem Dachverband beantragt. Laut den Online-Ausgaben des Nachrichtenmagazins Der Spiegel und der Süddeutschen Zeitung scheiterten bei der nichtöffentlichen Versammlung aber sämtliche Anträge, in denen der Ausschluss rechtsextrem ausgerichteter Mitgliedsbünde gefordert worden war. Beschlossen worden sei dagegen ein Antrag, wonach eine Burschenschaft, die »nationalsozialistische Ziele« verfolge, nicht Mitglied der Deutschen Burschenschaft sein könne.