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Aufruf der russischen Linken

Kundgebung zur Freilassung der Gefangenen

Ein Überblick über die Ereignisse in Russland, staatliche Repression und ein Aufruf der russischen Linken an ihre Genossen im Kampf. Jüngste Verhaftungen, Bedrohungen, Schläge, aggressive Medien-Attacken und diverse Versuche linke Gruppen zu illegalisieren weissen darauf hin in welche Richtung sich die Regierung bewegt. Die Strategien die sie hierfür anwendet sind um ein vieles grausamer und weit weniger vorhersehbar, als die der letzten Jahre.

 

Wir, als Vertreter der organisierten russischen Linken wenden uns heute mit einem Aufruf zur Solidarität an unsere Genossen in der ganzen Welt.
Dieser Aufruf und eure Antwort darauf ist für uns und unsere Bewegung von grosser Bedeutung.
Unsere Bewegung ist mit dubiosen Urteilssprechungen des russischen "Rechtssystems" konfrontiert und zählt immer mehr zerstörte Leben, die der Begegnung mit dem staatlichen Repressionsapparat zum Opfer fielen. Doch in diesem Moment startet die Regierung einen Feldzug der Repression, der sich jeglichem Beispiel innerhalb der Geschichte Russlands nach Beendigung der Sowjetunion entzieht und dessen Ziel es ist die Linke, als organisierte politische Kraft, auszulöschen.

Jüngste Verhaftungen, Bedrohungen, Schläge, aggressive Medien-Attacken und diverse Versuche linke Gruppen zu illegalisieren weissen darauf hin in welche Richtung sich die Regierung bewegt. Die Strategien die sie hierfür anwendet sind um ein vieles grausamer und weit weniger vorhersehbar, als die der letzten Jahre.

Die Massenproteste im Dezember 2011 brachten eine radikales Umdenken in die politische und soziale Passivität, die über die Jahre der Regierung Putin's etabliert wurde.
Zehntausende Menschen verschiedenen Alters, Herkunft und Berufes traten mit der Forderung nach Veränderung auf die Strassen Russlands. Im Dezember 2011 und Februar 2012 wurden zunächst in Moskau und dann in St. Petersburg riesige Kundgebungen abgehalten die eine neue Art der Politisierung bedeuteten.
Das von der russischen Elite innerhalb von Jahrzehnte geschaffene Modell der gelenkten Demokratie wurde binnen weniger Tage von dem Grossteil der russischen Gesellschaft in Frage gestellt und zerrissen.
Politische Manipulation konnte angesichts der realen Politik von unten nicht mehr funktionieren.
Die Bewegung, deren Forderung sich zunächst auf "ehrliche Wahlen" beschränkte wuchs schnell zu einem Protest gegen das gesamte politische System heran.

Als Wladimir Putin, sich die Wahlen des 4. März 2012, mit einer Kombination aus administrativen Druck auf die Wähler, massiven Fälschung und verlogener populistischer Rhetorik, für sich selbst sicherte, dachten viele, dass die Möglichkeiten der Mobilisierung zu weiteren Protesten erschöpft seien.

Doch am 6. Mai, ein Tag vor der erneuten Amtsaufnahme Putin' s gingen trotz der hoffnungslosen Einschätzungen 60.000 Menschen auf die Strasse um zu protestieren. Als sich der Demonstrationszug dem Kundgebungsplatz näherte, blockierte die Polizei den Demonstranten den Zugang zur Abschlusskundgebung. Menschen die versuchten die Blockade zu umgehen, wurden verprügelt und verhaftet. Die unverhältnismässige Gewalt der Polizei führte zum Widerstand einiger Demonstranten dem Platzverweis folge zu leisten solange alle Gefangenen nicht wieder freigelassen wurden. Diese Konfrontation dauerte einige Stunden, 650 Menschen wurden verhaftet, einige von ihnen verbrachten die Nacht im Gefängnis.

Am darauf folgendem Tag führte die Prozession anlässlich der Amtseinführung Putins durch ein leeres Moskau. Neben den Demonstranten "säuberte" die Polizei die Stadt vorsichtshalber auch auch von allen Fußgängern.
Die Geschehnisse im Mai gaben der Occupy-Bewegung Auftrieb, die schliesslich tausende junge Leute in das Zentrum von Moskau brachte und sie bis ende Mai dort durchhielten liessen.
Die neue Protestbewegung demonstrierte ihre Macht und zeigte eine neue Stufe der Radikalisierung.
Linke Gruppen, die sich bis dato in der Öffentlichkeit im Hintergrund hielten spielten eine offensichtlich immer wichtiger werdende Rolle.

Dies war ein Zeichen für die Obrigkeit: die Bewegung ist zu weit gegangen. Die Wahlen waren vorbei und es wurde Zeit die Zähne zu zeigen.
Sofort wurde eine strafrechtliche Untersuchung über die "Massenunruhen" gestartet und am 27. Mai kam es zur ersten Verhaftung. Die 18-jahrige Alexandra Dukhanina wurde wegen der Teilnahme an den "Unruhen" und für den Einsatz von Gewalt gegen einen Polizeibeamten angeklagt.
In den darauffolgenden Tagen kam es zu weiteren wahllosen Verhaftungen. Sowohl erfahrene Aktivisten, als auch Menschen die zum ersten mal ihren Protest auf die Strasse trugen, wurden angeklagt.

Bisher wurde neunzehn Menschen zur Last gelegt an den "Unruhen" teilgenommen zu haben, zwölf von ihnen befinden sich immer noch noch in Untersuchungshaft.
(****Details zu einigen Fällen, siehe Anhang unten)

Die Ermittler haben keine Beweise um auch nur die Schuld eines der Gefangenen zu beweisen. Dennoch bleiben sie im Gefängnis und stetig kommen neue Verdächtige hinzu.
Als letzter Protagonist in den Ereignissen des 6. Mai wurde der 51- jährige liberale Aktivist und Wissenschaftler Sergei Krivov am 18.10. verhaftet. Es gibt allen allen Anlass zu der Annahme, dass er nicht der letzte sein wird.

Während die Verhaftungen von gewöhnlichen Protestteilnehmern dazu dienen sollen, Angst innerhalb der Bewegung zu verbreiten, dient die "Jagd nach den Organisatoren der Massenunruhen" als Angriff auf die bekannten Führer der Bewegung.
Aufgrund der Ermittlungen die besagen, dass die Unruhen das Resultat einer Verschwörung gegen den russischen Staat sind, sollen "alle Verhafteten eine spezielle Zuwendung erhalten".
Dies zeigt, dass wir es nicht lediglich mit einer Serie von Verhaftungen zu tuen haben, sondern mit den Vorbereitungen auf eine grosse Bandbreite politischer Umgangsformen mit Oppositionellen.

Am 5. Oktober, zeigte NTV, einer der führenden russischen Fernsehsender, eine nach ihrer Bezeichnung "investigative Dokumentation". Mit der Ausstrahlung dieses Films im öffentlich rechtlichen Fernsehen wurde ein neues Niveau an haltlosen Angriffen gegen die Opposition, insbesondere gegen einen der bekanntesten Vertreter linker Organisationen Sergei Udaltsov, erreicht.

Die "Dokumentation", die stark an die Propagandamache Göbbels erinnert, informiert darüber, dass Udaltsov mit ausländischen Geheimdiensten kollaboriert und es wird behauptet, dass die Aktivitäten von der Gruppe Left Front der Udaltsov angehört von "ausländischen Staatsfeinden" diktiert seien.


Als entscheidenden Beweis hierfür zeigt der Film die Aufnahme eines Treffens zwischen Udalzow, Leonid Razvozhaev, einem weiteren Left Front Aktivisten, Konstantin Lebedev, einem Mitglied der sozialistischen Bewegung Russlands, sowie einem der engeren Berater des Präsidenten von Georgien, Givi Targamadse. In der Aufnahme sieht man Auszüge aus einem angeblichen Gespräch über Gelder der georgischen Regierung, die dazu dienen sollen "Russland zu destabilisieren".

Ungeachtet der Tatsache, dass besagte Aufnahmen grosse Zweifel an ihrer Echtheit aufkommen lassen, denn die Gesichter, die im Film gezeigt werden sind praktisch unkenntlich und den oben genannten Personen nicht zuzuordnen. Auch die Tonspur wurde ganz offensichtlich getrennt von dem Video geschnitten und montiert, benutzt das Untersuchungskommitee des Büros des Generalstaatsanwaltes diese zweifelhaften Beweisstücke um ein Strafverfahren zu starten.

Am 17. Oktober kam es schliesslich zur Verhaftung von Konstantin Lebedew und Sergei Udalzow.
Zwei Tage darauf versuchte Leonid Razvozhaev, der dritte Beschuldigte in der "Left Front Affäre" Asyl bei der ukrainischen Delegation der Vereinten Nationen zu beantragen.
Doch als er das Gebäude der Delegation verliess, wurde er von Unbekannten mit Gewalt gezwungen in ein Fahrzeug zu steigen mit dem er dann illegal über die ukrainische Grenze auf russisches Territorium transportiert wurde.
Schliesslich wurde er an einen unbekannten Ort verfrachtet, wo er, unter Folter und Drohungen seine Familie zu erschiessen, eine freiwillige Unterwerfung unterschrieb und seine Beziehungen zu den ausländischen Geheimdiensten sowie sein Vorhaben,  sich zusammen mit Konstantin Lebedev und Sergei Udalzow auf einen bewaffneten Aufstand vorzubereiten, gestand.
Daraufhin wurde er nach Moskau ausgeliefert und inhaftiert.
In Gesprächen mit Menschenrechtsaktivisten wies er darauf hin, dass die Geständnisse unter Folter erzwungen wurden und zog diese zurück.
Doch die "Liste des Razvozhaev", die Namen, die während der Folter aus ihm heraus geprügelt wurden, sind nun gefallen und diese Menschen müssen damit rechnen jeden Moment selbst Gegenstand der Anklage zu werden.

Der Umfang der Repression wächst weiter. Erst vor kurzem kündigte das Komitee des Staatsanwaltes eine Untersuchung innerhalb der Organisation Left Front an, deren Ziel das Verbot nach dem Extremismusgesetzen sein wird.

Gleichzeitig steigt der Druck auf die anarchistische und antifaschistische Bewegung. Die bekannten Aktivisten Aleksei Sutuga, Aleksei Olesinov, Igor Harchenko, Irina Lipskaya und Alen Volikov werden wegen erfundener Fälle verhaftet und trotz fehlender Beweise und widersprüchlicher Aussagen seit Monaten in U-Haft gehalten.

Es ist wohl kaum ein Zufall, dass die meisten Opfer dieser unvorhersehbaren Repression Teil der neuen linken Bewegung sind.
Gerade jetzt, während der Vorbereitungsphase zu den angekündigten Sparmassnahmen, wie z. bsp. die Kürzung der Rentenreform und der Arbeitsrechte, hat die Putin - Medwedew Regierung mehr Angst vor dem Bündniss zwischen demokratischer Bewegung und sozialer Proteste als jemals zuvor.
Die aktuelle Welle der Repression stellt unsere neue Protestbewegung auf die Probe. Entweder bleiben wir stark oder es erwartet uns eine neue Ära der Massenapathie und Angst.
Angesicht des beispiellosen politischen Drucks, dem wir momentan ausgesetzt sind, ist die Solidarität unserer Genosse_innen in Europa und er ganzen Welt entscheidend.


Wir wenden uns an euch mit der Bitte auch in eurem Land, in eurer Stadt, während des ----29.11 und 2.12----- Aktionen zur Solidarität gegen die politische Repression - vor der russischen Botschaft oder einer anderen Vertretung der russischen Regierung zu organisieren.
Und die sofortige Freilassung der illegal Verhafteten zu fordern, deren Gefangennahme auf Folter und Fälschungen basieren.

Wir bitten euch auch so konkrete und detaillierte Informationen, wie wir sie hier in diesem Aufruf bereitstellen, zu verwenden. Dies ist entscheidend für diejenigen die sich im Moment hinter Gittern befinden.

Kontaktaufnahme, Information und Berichterstattung der Solidaritätsaktionen bitte an:

 solidarityaction2012@gmail.com

Solidarität ist unsere stärkste Waffe


Autonomous Action, Left Front, Russian Socialist Movement



⁃ Vladimir Akimenkov, 25, communist and activist of the Left Front. Arrested on June 10th, 2012, he will be in detention until March 6th 2013. Vladimir was born with poor eyesight. In jail, it is getting even worse. In the last examination, he had 10% vision in one eye, and 20% in the other. This, however, was not a sufficient cause for the court to replace detention with house arrest. At the last court session of the court, the judge cynically commented that only total
blindness would make him reconsider his decision.
⁃ Michael Kosenko, 36, no political affiliation, arrested on June 8th. Kosenko, who suffers from psychological disorders, also asked for his stay in jail be replaced with house arrest. However, the court declared him “dangerous to society” and plans to send him for forced treatment.
⁃ Stepan Zimin, 20, anarchist and antifascist, arrested on June 8th and placed under detention until March 6th 2013, after which date his arrest can be extended. Stepan supports his single mother, yet once again the court did not consider this sufficient cause to set him free under the obligation to remain with city limits.
⁃ Nikolai Kavkazskii, 26, socialist, human rights activist and LGBT-activist. Detained on the 25th of July.