[Kirchheim] Verdacht gegen Zimmermann erhärtet sich

Erstveröffentlicht: 
08.11.2012

Karl Zimmermann gerät zusehends stärker unter Druck. Wie berichtet, strebt die Staatsanwaltschaft Stuttgart ein Ermittlungsverfahren wegen der Anstiftung oder Beihilfe zur Entziehung Minderjähriger gegen den Kirchheimer CDU-Landtagsabgeordneten an. Die Behörde wirft dem 61-jährigen Politiker vor, er habe einer Mutter geraten, mit ihrem heute fünfjährigen Sohn unterzutauchen, um sich der Vollstreckung zweier Beschlüsse des Oberlandesgerichts Stuttgart zu entziehen. Dieses hatte nach einem Sorgerechtsstreit entschieden, dass der Junge laut internationalem Gesetz nach der gescheiterten Ehe seiner Eltern wieder zu seinem Vater nach Australien zurückkehren müsse. Die Frau hat daraufhin den Petitionsausschuss des Landtags angerufen, in dem Karl Zimmermann Mitglied ist. Er hat sich in dieser Funktion über das vermeintliche Unrecht empört und für das Anliegen der Frau stark gemacht.

 

Zimmermann bestreitet Anstiftung

Der CDU-Politiker bestreitet auf Anfrage unserer Zeitung allerdings vehement, dass er der Frau, die im April im Allgäu verhaftet wurde, zum Abtauchen geraten habe. Er habe auch nie gewusst, wo sie sich aufgehalten habe. Das passt allerdings nicht zu Aussagen, die er im Vorfeld der Festnahme vor mehreren Personen geäußert haben soll. Die Kirchheimer Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker beispielsweise erinnert sich, dass Zimmermann in ihr Büro gekommen sei, um sie über den Fall der Kirchheimer Bürgerin zu informieren. Er sei sehr aufgebracht über das Schicksal der Frau und ihres Kindes gewesen und habe sich sehr für deren Belange engagiert. Dabei habe er auch erwähnt, „dass er wisse, wo sie sich versteckt hält, aber nicht daran denke, den Aufenthaltsort preiszugeben“, sagt die Rathauschefin auf Anfrage. Dies bestätigt ein anderer Amtsträger, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will. Er erinnere sich zwar nicht mehr an den genauen Wortlaut Zimmermanns, „aber es ging schon eindeutig in diese Richtung“, erklärt er auf Nachfrage unserer Zeitung.

Zimmermann bestreitet dies entschieden, bezeichnet das als „absoluten Quark“. Er habe stets behauptet, zu wissen, „wo sie definitiv nicht ist“, so seine Erklärung. Möglicherweise habe er sich dabei „bewusst unglücklich ausgedrückt, damit die Frau nicht verfolgt wird“. Aber wenn er von manchen Personen falsch verstanden worden sei, „ist das deren Problem“. Schon oft habe er „aus taktischen Gründen“ die Leute glauben lassen, „der Zimmermann weiß alles“. Der ehemalige Kriminalhauptkommissar beteuert aber, nie davon Kenntnis gehabt zu haben, wo sich die Frau befindet. Zudem habe er ihr nicht geraten, sich mit ihrem Sohn zu verstecken.

Frau in Oberstdorf festgenommen

Widerlegt würde das durch eine angebliche Einlassung der Frau, die inzwischen mit ihrem Sohn wieder in Australien lebt. Laut dem Kirchheimer Rechtsanwalt Markus Berthold – er hat Zimmermann auf Betreiben des australischen Vaters angezeigt – soll sie bei ihrer Festnahme betont haben, es sei die Idee des CDU-Politikers gewesen, sich der Vollstreckung zu entziehen. Das könne natürlich eine Schutzbehauptung der Frau sein, sagt Berthold, aber die Kriminalpolizei erachte diese Aussage unmittelbar bei der Festnahme als „ernst und authentisch“. Berthold erinnert sich zudem, dass Zimmermann ihm gegenüber erklärt habe, es gebe keine Chance, die Mutter und das Kind zu finden, wenn sie sich außerhalb Baden-Württembergs befänden. Tatsächlich ist sie im April im bayrischen Oberstdorf festgenommen worden – in einer Ferienwohnung, die laut Berthold dem Vermieter ihrer früheren Wohnung in Kirchheim gehört.

 

Immunität für Ermittlungsverfahren aufgehoben

Damit hat sich das hartnäckig in der Stadt kursierende Gerücht nicht bestätigt, wonach es Zimmermann selbst gewesen sein soll, der die Flüchtige in seiner Allgäuer Ferienwohnung beherbergt habe. Das sei „totaler Quatsch“, zumal sich sein Urlaubsdomizil mindestens 100 Kilometer von Oberstdorf entfernt befinde.

Ein Sprecher des Landtags bestätigt, die Immunität Zimmermanns sei für dieses Ermittlungsverfahren aufgehoben worden. Der CDU-Politiker ist empört, dass seinem Engagement als Abgeordneter und Mitglied des Petitionsausschusses Strafbarkeit unterstellt werde. Sollte Anklage gegen ihn erhoben werden, müsse sich künftig „jeder überlegen, ob er Abgeordneter wird, und er muss sich zweimal überlegen, ob er in den Petitionsausschuss geht“. Letztlich gerate eine eventuelle Anklage „zur Schande für die Staatsanwaltschaft“.