Nazis im Burgenlandkreis Teil 2: Weißenfels

Gegen Nazis

Weißenfels...ins rechte Licht gerückt

Ein Schwerpunkt neonazistischer Strukturen und Aktivitäten des Burgenlandkreis liegt in Weißenfels. Dies liegt nicht nur an einem Mangel an Möglichkeiten hier alternative Jugendkulturen aufzubauen, sondern auch an dem unkritischen und unsensiblen Umgang der Weißenfelser Bevölkerung und vieler öffentlicher Personen mit dem Problem.

 

NPD und AG Weißenfels

Neben der NPD, die wie überall im Burgenlandkreis eine große Rolle bei der Organisierung von Neonazis übernimmt, hat sich hier auch die „Aktionsgruppe Weißenfels“ als Akteur der rechten Szene etabliert. Während die NPD das übliche Image als „bürgernahe“ Partei pflegen möchte, macht die AG Weißenfels aus ihrer menschenverachtenden Ideologie keinen Hehl und ruft auf Facebook zur Störung von Veranstaltungen gegen Rechts auf. Den Worten folgen dabei scheinbar des öfteren Taten. So wurden an mehreren Abenden, während des „No Silent Backlands – Festival gegen rechte Gewalt“, alternative Jugendliche auf dem Heimweg abgefangen und brutal zusammengeschlagen. (1) Bereits Tage zuvor wurden rechte Schnmierereien auf dem Festivalgelände hinterlassen und am Tag selbst wurde morgens ein Glasbehälter mit Schwarzpulver gefunden.

 

Die Mitglieder der AG Weißenfels stechen in Weißenfels teilweise schon seit Jahren durch Gewaltaktionen, öffentlichen Besäufnissen und Modenschau rechter Kleidung in Erscheinung. Seit der Gründung ihrer „Aktionsgruppe“ haben sie sich jedoch von unorganisierten, gewaltbereiten „Saufnazis“ zu gewaltbereiten organisierten Neonazis gewandelt. Das heisst im Klartext: Seitdem nehmen nicht nur ihre Gewalttaten zu, sondern auch ihre Farbschmierereien in der Innenstadt, Aufkleber, Fahrten zu Rechtsrockkonzerten und Demonstrationen. Außerdem vernetzen sie sich mit ihren Demobekanntschaften, vor allem mit der „Aktionsgruppe Merseburg“ und Thüringer Nazis um die „Aktionsgruppe Weimarer Land“.

 

Auch in Weißenfels zeigt sich die Verbindung von gewalttätigen freien Kameradschaften und NPD. So sind sowohl der „Jugendbeauftragte und Beisitzer“ im Vorstand der NPD Weißenfels, Patrik Murmann, als auch der stellvertretende Vorsitzende, Steffen Schwabe, zugleich Mitglieder der AG Weißenfels.

 

Der ehemalige Vorsitzende der NPD Weißenfels Enrico Nehring wurde sogar wegen Körperverletzung verurteilt:

Er verfolgte mit einigen Kameraden, in zwei vollbesetzten Autos, einen 15-jährigen Jugendlichen, der aktiv im Bündnis gegen Rechts Weißenfels mitarbeitete. Als dieser zu sich nach Hause rannte und es nicht mehr rechtzeitig schaffte die Haustür zu öffnen packten ihn seine Peiniger und schlugen ihn unter „Scheiß Zeckenschwein“- Rufen zusammen. Als der Betroffene schreiend am Boden lag und seine Mutter sowie sein älterer Bruder herbeieilten waren die Angreifer gerade dabei ihn zu packen und Richtung Auto zu schleifen. Als Mutter und Bruder eingriffen wurde auch der Bruder geschlagen. Erst nachdem es den Angreifern zuviel Krach und Aufmerksamkeit geworden war verschwanden sie. Enrico Nehring wurde damals als einziger verurteilt. (2)

 

Brot und Spiele für Neonazis

Neben den üblichen organisierten Neonazis gibt es in Weißenfels ein kleines Kulturangebot für Neonazis. Da wäre zum einen die Kneipe „Feldschlösschen“ die mittlerweile geschlossen ist, in der man regelmäßig rassistische und offen neonazistische Menschen sehen konnte. Verirren sich Menschen in dieses Lokal die nicht ins neonazistische Weltbild passen, werden sie herausgeprügelt und herbeieilende Hilfe von den Securitys weggezogen. (3)

 

Nach Angaben des „Kronzeugen“ Thomas R., der momentan bei der Bundesanwaltschaft aussagt, soll 2002 ein Benefizkonert für den NSU in der Weißenfelser Trommelfabrik stattgefunden haben. Für die Kosten kam angeblich der Verfassungsschutz mit 3.500 Euro auf.(4)

 

Auch der Konzertveranstalter „Birkenhead Promotion“, der sich offiziell unpolitisch gibt, sorgt ab und an für das kulturelle Angebot für Neonazis. So fand am 18.06.2011 ein Konzert mit den Bands „Rampage“, „Glory Boys“ und „Schusterjungs“ mit 3-400 Besuchern statt. Während die ersten beiden Bands klar dem Neonazispektrum zugeordnet werden können, versuchen die „Schusterjungs“ sich ein Image als unpolitisch und „gegen jeden Extremismus“ zu geben. Spätestens mit dem Auftritt auf vorgenanntem Konzert dürfte endgültig klar sein, wie diese Band sich positioniert. Außerdem arbeitet der verurteile Nazischläger Patrick Victora als Security für den „Birkenhead Promotion“.

 

Zuletzt sei noch das Familienhaus der Familie K. genannt, welches sich in der Innenstadt in einem ehemaligen Bordell befindet. Dadurch hat die Familie eine ins Haus integrierte Bar, die u.a. für rechte Partys, sowie als Versammlungsraum vor Demos genutzt wird.

 

Neben Partys und Jobs für Neonazis gibt es in Weißenfels auch zwei Rechtsanwälte die regelmäßig Neonazis in Prozessen verteidigen: Hendrik Lippold und Thomas Jauch. Lippold verteidigt zur Zeit Steffen R., welcher im NSU-Prozess als Unterstützer angeklagt ist. Jauch war u.a. in den Prozess um die "Skinheads sächsische Schweiz" involviert.

 

Das Versagen der Zivilgesellschaft

In Weißenfels interessiert das nur die wenigsten. Die Konzertveranstalter hieltes es nach dem ersten Angriff nichteinmal für nötig, die restlichen Konzertbesucher zur Vorsicht anzuhalten, sondern feierten genüßlich weiter. Kein Wunder: Schon mehrfach waren Leute mit einschlägigen Nazidevotionalien und T-Shirts sogar auf dem Festivalgelände, ohne, dass dies jemanden zu stören schien. Die „Jugendinitiative Weißenfels“, welche das Festival organisiert hat bis heute auf ihrer Website weder einen Bericht über diese Vorfälle veröffentlicht, noch die Polizei kritisiert welche von der Gefahr spätestens nach den Onlinedrohungen und Schmierereien hätte wissen können.(5) Auch das Weißenfelser Bündnis „Für Toleranz – gegen Rechtsextremismus und jede Gewalt“, welches natürlich „gegen jeden Extremismus“ ist, hat sich bis heute nicht zu dem Vorfall geäußert. (6) Die sogenannte „Zivilgesellschaft“ in Weißenfels will garnicht der kritische Stachel sein, der den Staat regelmäßig auf sein Versagen hinweist – sie ist ja auch schon personell aufs engste mit Stadtverwaltung, Staatsschutz, Polizei etc. verbunden - ,sondern ein Imagemotor, der immer dann aktiv wird, wenn es prestigeträchtige Veranstaltungen zu organisieren gilt. Der nächste Weltfriedenstag, Gedenktag, das nächste No-Silent-Backlands oder der Besuch des Refugee-Protestmarsches scheinen vielversprechender zu sein, um öffentliche Aufmerksamkeit zu bekommen, als die Kritik am alltäglichen Normalzustand. Es ist schon paradox, wie das Bündnis auf der einen Seite Interesse und Solidarität mit dem Flüchtlingsmarsch bekundet und gleichzeitig zu dem nahegelegenen Asylbewerberheim in Zeitz schweigt. Kein Wunder auch, dass linke Strukturen wie das ehamlige absas (alternatives Bündnis Sachsen-Anhalt Süd), die regelmäßig Solikundgebungen für die Betroffenen rechter Angriffe organisiert hatten, keine Lust mehr haben der Weißenfelser Zivilgesellschaft den kritischen Schein zu verleihen, den sie nicht verdient.

 

Akzeptanz gegenüber Nazis – bürgerliche „Mitte“ Hand in Hand mit rechen Schlägern

Sinnbildlich offenbaren sich diese Zustände am sogenannten „Volkstrauertag“. Jedes Jahr finden sich Bundeswehrsoldaten, Neonazis, Politiker und Ordnungskräfte auf dem Weißenfelser Friedhof ein - „Zum Gedenken der gefallen deutschen Soldaten des zweiten Weltkrieges“, wie es auf dem Gedenkstein heißt. Neben den 15-20 Neonazis die sich jedes Jahr einfinden ist wie gesagt auch die selbsternannte Weißenfelser „Zivilgesellschaft“ anwesend – Rüdiger Erben (SPD, Innenstaatssekretär a.D.), Bürgermeister, Stadträte und der Staatsschutz. Geschützt wird die Veranstaltung jedes mal, vor unliebsamen linken Kritikern der Veranstaltung, von einem größeren Aufgebot der Polizei. (7)

 

  1. https://linksunten.indymedia.org/de/node/64543

  2. http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1246046608994&openMenu=1121028317612&calledPageId=1121028317612&listid=1121250412275 sowie http://www.redok.de/content/view/1521/38/

  3. Siehe Bericht in der Chronik der mobilen Opferberatung vom 07.08.2010 Weißenfels

    http://www.mobile-opferberatung.de/monitoring/chronik2010/

  4. http://www.mz-web.de/servlet/ContentServer?pagename=ksta/page&atype=ksArtikel&aid=1349164449301

  5. http://www.jugend-wsf.de/

  6. http://www.toleranzbuendnis-wsf.de/resolution.html

  7. http://absas.blogsport.de/2009/11/16/volkstrauertag-abschaffen/ sowie http://infothek.wordpress.com/2009/11/18/15-november-2009-weisenfels-%E2%80%9Eheldengedenken%E2%80%9C/

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es ist eine frechheit, wie hier manche engagierte weißenfelser dargestellt werden und was diesen unterstellt wird!

den besuch einzelner personen bei dem refugee-marsch als pr-gag darzustellen ist mehr als hohl: wessen aufmerksamkeit hätte man denn damit erregen können oder wollen?

oder den veranstaltern des no silent backlands vorzuwerfen, "genüsslich weiter gefeiert" zu haben! hätte das festival abgebrochen werden sollen? ist DAS die antwort auf nazi-stress? die veranstalter hielten es für die bessere variante, die polizei zu mehr aufwerksamkeit und engagierterem auftreten anzuregen, was nach den o.g. vorfällen glücklicher weise auch fruchtete! ebenso wurden durch sofortige intervention seitens der jugendinitiative sofort sämtliche nazisprühereien im schlossbereich durch städtische mitarbeiter entfernt! tatsächlich vorhandene personelle verbindungen zur stadtverwaltung können nämlich auch positiv sein. der hier erhobene vorwurf klingt eher nach dem jargon eines hans püschels, der äußerte sich häufiger in ähnlicher weise...

und von welchen "leuten mit einschlägigen nazidevotionalien und t-shirts" wird hier geschrieben? etwa von dem einen harmlosen wie naiven judoka, welcher die flagge des japanischen kaiserreiches auf seiner jacke trug und von manchem überdrehten desshalb gleich als nazi abgestempelt wurde? oder wer ist hier gemeint? und wenn der/die verfasser hier irgendetwas gesehen zu haben scheint/scheinen, möchte ich gern mal wissen, warum er/sie nicht während der veranstaltung den veranstalter oder seine security darauf aufmerksam gemacht hat/haben?! der veranstalter arbeitet gerade an dieser stelle seit einiger zeit mit kennern der szene zusammen und schließt unerwünschte "gäste" aus!

und zur auswertung der angriffe auf das nsb: der veranstaltende verein hat selbst einen aufruf zur demo am 03.11. verfasst und wollte hier eigentlich als multiplikator wirken, wenn aber der eine antifaschist (ihr/du) dem anderen (wir) in die suppe zu pissen müssen meint, stellt ihr / stellst du kooperation in frage, ohne vorher differenzen persönlich auszuwerten!

und jetzt nenn(t) mir bitte eine(n), der/die effektivere arbeit im blk gegen rechts betreibt!

Um nur auf einige Punkte von ihnen kurz einzugehen:

1. Den Vorwurf, dass man zum refugee-camp gegangen ist, weil dieses medial sehr stark rezipiert wurde muss man sich gefallen lassen, wenn gleichzeitig im nahegelegenen Zeitz ein Asylbewerberheim besteht, in welchem genau jene Zustände herrschen, die von den Flüchtlingen kritisiert wurden und man sich dazu bisher nicht geäußert hat. Das Weißenfelser Bündnis könnte sich dazu zu Wort melden, hat es aber bisher nicht getan. Bisher war z.B. die Forderung nach einer dezentralen Unterbringung nicht vom Bündnis zu hören.

2. Die Drohungen gegen das Festival waren bereits vor den Angriffen bekannt, dennoch gab es keinerlei Pressemitteilungen oder ähnliches dazu um es zu skandalisieren. Die Polizei hätte also von Anfang an in größerer Stärke auftreten müssen. Auch dies hätte man als Veranstalter öffentlich kritiseren und anprangern können. Außerdem wäre nach dem Angriff an dem Abend, zumindest eine Durchsage über den Vorfall und der Hinweis den Heimweg besser in größeren Gruppen zurückzulegen angebracht gewesen. Das alles ist ausgeblieben.

3. All diese Probleme liegen unser Erachtens nicht am Versagen Einzelner (im Gegenteil, im Bündnis gibt es definitiv sehr engagierte und aktive Einzelpersonen, die uns auch sehr leid tun in einem solchen Bündnis arbeiten zu müssen), sondern daran, dass schon durch die Zusammensetzung eines solchen Bündnis institutionelle Interessen bestehen die einer wirksamen Bekämpfung von Neonazismus entgegenstehen. Zivilgesellschaft sind in der Regel all jene Organisationen und Personen die jenseits von Staat, Wirtschaft und Familie liegen. Da im Bündnis selbst staatliche Institutionen sitzen (z.B. Polizei, Bürgermeister, Mitarbeiter der Stadtverwaltung) führt das den Anspruch Zivilgesellschaft zu sein ad absurdum. Von der institutionellen Logik her geht es z.B. der Polizei in erster Linie darum Ruhe und Ordnung durchzusetzen, im Klartext heißt das, Nazis werden erst dann zum Problem, wenn sie Straftaten begehen und nicht vorher. Ergo sind Nazis die sich ruhig verhalten ein geringeres Problem als Antifaschisten die rumnerven, weil sie Mißstände kritisieren oder mit ihren Solidaritätskundgebungen für Opfer rechter Gewalt jedes mal die Polizei zu Wochenendeinsätzen zwingen. (Übrigens hat das Bündnis solche Solidaritätsaktionen bisher auch nicht organisiert.)

Stadtverwaltung und Bürgermeister wiederum haben natürlich ein Interesse daran ihre Stadt als möglichst positiv darzustellen, weshalb im Zweifel stärker das Engagement gegen Rechts betont wird, als das man die realen problematischen Zustände kritisiert und zugibt wie groß das Problem mit Neonazis im Burgenlandkreis ist.