Burschenschafter hat Widerstandskämpfer verunglimpft

Norbert Weidner: Er soll 2400 Euro bezahlen, weil er Bonhoeffer verunglimpft hat
Erstveröffentlicht: 
01.08.2012

Amtsgericht

 

Ein hoher Burschenschaftsfunktionär hatte den Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer als "Landesverräter" bezeichnet, jetzt soll er dafür zahlen: Das Amtsgericht Bonn hat Strafbefehl gegen ihn erlassen. Der Burschenschafter will das nicht hinnehmen.

 

Das Amtsgericht Bonn hat gegen den einflussreichen Burschenschaftsfunktionär Norbert Weidner einen Strafbefehl erlassen: Wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener bestraften die Richter ihn mit 60 Tagessätzen zu je 40 Euro, insgesamt also 2400 Euro. Weidner hat dagegen bereits Einspruch eingelegt.

 

 

Weidner ist Chefredakteur der "Burschenschaftlichen Blätter" und im Vorstand der Alten Breslauer Burschenschaft der Raczeks zu Bonn. In einem Leserbrief an deren Mitgliedszeitung hatte er den Theologen und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer öffentlich als "Landesverräter" bezeichnet.

Weidner verteidigte darin zudem die Hinrichtung Bonhoeffers: "Rein juristisch halte ich die Verurteilung für gerechtfertigt." Dabei hatte damals ein nicht zuständiges SS-Standgericht Bonhoeffer in den Tod geschickt, ohne Verteidigung, ohne schriftliche Aufzeichnung, mit dem KZ-Kommandanten als Beisitzer. Bonhoeffer starb kurz vor Kriegsende durch den Strang, einen Tag nach dem Urteil.

 

Amtsgericht wird sich weiter mit Weidner beschäftigen


Der Leserbrief war im Herbst 2011 erschienen. Weidner reagiert damit auf einen Artikel, in dem Bonhoeffer als Vorbild für heutige Burschenschafter dargestellt wurde. In seinem Brief widersprach Weidner dieser Ansicht vehement: Bonhoeffer habe Pläne vor allem den Briten übermittelt und so den Tod Tausender deutscher Soldaten mitverschuldet. Deswegen sei Bonhoeffer "zweifelsfrei ein Landesverräter".

 

Anfang Juli hatte Weidner vor dem Landgericht Bonn in einem anderen Fall überwiegend verloren. Der Raczeks-Verbindungsbruder Christian J. Becker hatte Weidner als "einer der Köpfe einer rechtsextremen Bewegung aus Burschenschaften, NPD und Kameradschaften" bezeichnet. Das wollte Weidner ihm per einstweiliger Verfügung auf Unterlassung verbieten lassen. Das Gericht wertete das allerdings als vom "Grundgesetz geschützte Meinungsäußerungen, welche die Grenze zur Schmähkritik nicht überschreiten". Sie seien ein Pauschalurteil ohne konkrete Aussagen zur Tätigkeit Weidners, ihr Tatsachengehalt sei gering. Daher müssten sie auch nicht auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft werden. Gegen dieses Urteil kann Weidner noch bis Mitte August Berufung beim Oberlandesgericht Köln einlegen.

 

Das Amtsgericht Bonn muss sich nun weiter mit Weidner und dessen Bonhoeffer-Äußerung beschäftigen. Weil Weidner gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt hat, wird es eine öffentliche Hauptverhandlung geben. Damit ist wieder alles offen: Weidner kann zu einer niedrigeren oder höheren Strafe verurteilt werden - wobei die Höchststrafe bei der Verunglimpfung Verstorbener bei zwei Jahren Gefängnis liegt. Auch ein Freispruch ist möglich. Ein genauer Termin für die Verhandlung steht noch nicht fest.

 

fln