Zur Situation in Cauca/Kolumbien

Indígenas besetzen Militärbasis

Derzeit ist die Region Cauca, und hier insbesondere die Gemeinden im Norden der Region wie Toribio, Miranda, Jambaló, Corinto, Suarez und andere, aufgrund des bewaffneten Konflikts in den Blickpunkt der Medien geraten. Dabei haben die Indígenas eine neue Machtposition gegenüber der kolumbianischen Politik gefunden...

 

Im Norden von Cauca leben mehr als 200.000 indígene Personen, darunter die der Vöker Nasa, Paez und Guambiano, die alle der Chibcha-Zivilisation angehören. Diese haben vor mehr als 500 Jahren ind er Region von Bogotá gelebt, sind aber aufgrund der ankommenden spanischen Konquistadoren in jene heutige und weniger frei zugängliche Region verdrängt worden. Der pazifistische Aufstand der Indígenas richtet sich insbesondere gegen die Zuspitzung des bewaffneten Konflikts, denn seit mit der Verstärkung des Militärs und deren Operationen kam es in der letzten Zeit zu kämpfen, die vor allem in den letzten drei Wochen die Zivilbevölkerung in ihrem friedlichen Zusammenleben stark einschränkte. Es geht um die Würde des friedlichen Lebens und des Territoriums der indigenen Völker, um die Anerkennung ihrer Kultur und Autonomie sowie um Gerechtigkeit, die im Widerspruch zu der Politik der kolumbianischen Oligarchie steht.

 

Solche Aufstände gegenüber fremden Mächten oder der Regierung sind keine Ausnahme. Die leidvolle Geschichte von 500 Jahren der Unterdrückung und Vernichtung, angefangen von der spanischen Krone bis zur heutigen Kriegspolitik von Präsident Santos, haben seit jeher die Indígenas gezwungen, Widerstand zu leisten. Neben Santos sind es heute die korrupten lokalen Eliten, die Zwänge für das indigene Leben einführen. Es sind die Großgrundbesitzer und Viehzüchter, die noch heute Indígenas vertreiben, da sie ihren Intressen im Wege stehen. Und aktuell ist es die Kriegspolitik, die diese Region in eine Militärbasis verwandelt haben, es zu Operationen gegen die FARC-EP kommt und in der das soziale Leben für die Einheimischen stark eingeschränkt wird.

Das dieser Aufstand gerade jetzt zur vollen Entfaltung kommt, liegt neben der militärischen Situation auch an der wachsenden Unzufriedenheit in Kolumbien. Viele sehen die Politik des Staates als gescheitert an, gerade in den ländlichen Regionen und bei stigmatisierten Bevölkerungsgruppen wie den Indígenas, sind die sozio-politischen Errungenschaften relativ gering. Mitbestimmung, auch auf lokaler Ebene, ist sehr schwierig, und der Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen wie Trinkwasser und Elektrizität, zum Gesundheits- und Bildungssystem und zur finanziellen Förderung von speziellen und lokalen Wirtschaftsprojekten kaum der Rede wehrt. Stattdessen werden die natürlichen Ressourcen ausgebeutet, ohne das die finanziellen Gewinne der Unternehmen in die Region investiert werden. Die über die letzten Jahre forcierte Militarisierung der Region hat aktuell ihren Höhepunkt erreicht. Neben Schikanen gegen die Bevölkerung, denn die Armee sieht in den Indígenas potentielle UnterstützerInnen für die Guerilla, sind es vor allem die Landinbesitznahme durch Militärs für neue Kontrollstellen und Stützpunkte. Teilweise ist die Vertreibung zielgerichtet, um Landstriche zu entvölkern und somit der Guerilla die Überlebensgrundlage zu entziehen.

Die Region Cauca ist eine Region, in der die soziale, politische und wirtschaftliche Krise zugenommen hat. Durch jahrzehntelange systematische Vernachlässigung in der Regierungspolitik, als Hort der Unbequemlichkeit und des Widerstandes bekannt, ist die Armut und sie soziale Ungleichheit hier besonders groß. Mangelnde Möglichkeiten in der Bildung, fehlende Gesundheitseinrichtungen und Probleme in der Wohnungsbaupolitik verdeutlichen die Misere. Gerade hier in Cauca zeigt sich deutlich, wie wichtig eine Agrarreform zugunsten der ärmeren Bevölkerungsschichten wäre. Doch Großgrundbesitzer, Viehzüchter und Politiker wehren sich dagegen mit den Waffen des Paramilitarismus und der Korruption. Während der Reichtum in den Händen weniger konzentriert ist, lebt die große Mehrheit in Armut. In 33von insgesamt 43 Gemeinden der Region Cauca haben mehr als 50 Prozent der Bevölkerung fehlende Grundbedürfnisse, also kaum oder keinen Zugang zu den öffentlichen Dienstleistungen. Statistiken besagen, dass Cauca und die Hauptstadt Popayan die Region ist, mit dem höchsten Prozentsatz der Bevölkerung , die in extremer Armut lebt. Und bei dem Aspekt der sozialen Ungleichheit folgt es den Regionen Chocó, La Guajira und Huila.

Im Norden und Osten von Cauca finden wir, wie in den Gebieten Catatumbo, La Macarena, San Vicente del Caguán, aber auch in Montes de María, Tumaco, in den Zentral-Kordilleren oder in Putumayo Gebiete, die sich der kolumbianischen neokolonialen Politik nicht unterordnen wollen und die seit Jahrzehnten die Basis für die Aufständischen der FARC-EP bilden. Seit Februar können wir in Cauca eine neue militärische Offensive des Militärs beobachten, mit dem Ziel, die Guerilla zu besiegen. Cauca ist eine von zehn Schwerpunktregionen, in der die Operation „Sword of Honour“ mit dem Ziel die Guerilla-Basen zu vernichten, durchgeführt wird. Von Bogotá aus gesteuert, von den USA unterstützt und durch paramilitärische Einheiten vervollständigt, muss die Bevölkerung den Bürgerkrieg ertragen. Auf der anderen Seite gibt es die Guerilla, die ihre Gebiete verteidigen will.

 

Gepaart wird die Militäroffensive mit einem scheinbar sozialen Plan, dem „Plan Cauca“. Laut Präsident Santos sollen mehr als 500 Milliarden kolumbianische Pesos bereitgestellt werden, um soziale Projekte, Agrar- und Infrastrukturprojekte zu finanzieren. Diese Politik ist auch schon vom „Plan Colombia“ und seinen Nachfolgeplänen bekannt. Zum einen findet eine Militarisierung statt, zum anderen soll der Bevölkerung vorgegaukelt werden, man investiere zeitgleich in die Region. Das hierfür meist nur der Weg für weitere Militäreinheiten und transnationale Konzerne geebnet wird, ist hinlänglich bekannt.

 

Während die kolumbianischen Medien im Konflikt in der Region Cauca der FARC-EP die Hauptlast der Zusammenstöße andichten, geht lokal eine andere Meinung einher. Als Santos letzte Woche in Toribio eintraf, war der Ort besetzt durch Militär und Polizei. Die Indígenas, die eine Beendigung des Konfliktes fordern, fanden sich in einer durch und durch militarisierten Stadt wieder. Während Santos die Guerilleros aufforderte, die Waffen nieder zu legen und er betonte, dass die Region Cauca in der Hand der Regierung sei, gaben die Einwohner Toribios Interviews in denen sie sagten, dass die FARC-EP schon zwei Kilometer außerhalb der Stadt die Straßen und Wege kontrolliere. Am selben Tag des Propaganda-Besuchs von Santos, wurde zudem ein Militärflugzeug der Luftwaffe abgeschossen. Doch wie ist es möglich, dass die Guerilla nur wenige Kilometer außerhalb einer vollends militarisierten Region Kontrollpunkte hat? Weil die FARC-EP in der Region natürlich mehrheitlich aus Indígenas besteht. Die FARC-EP ist eine Guerilla, die sich aus der jeweiligen lokalen Bevölkerung zusammensetzt. Die Beziehungen zwischen Guerilla und Bevölkerung sind eng miteinander verknüpft. Natürlich ist die Bevölkerung die Kämpfe leid, und an den Kämpfen, die die FARC-EP als ein Akteur ebenso durchführt, gibt es ebenso zu kritisieren und deshalb wenden sich nun auch die lokalen Führer der Indígenas an die KämpferInnen der Guerilla. Doch sollte man aufgrund der eben im Artikel beschriebenen Dinge nicht Ursache und Wirkung vertauschen...

 

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