Rechtsextremismus: Razzia gegen Neonaziforum "Thiazi.net"

Erstveröffentlicht: 
14.06.2012

Das BKA ermittelt gegen "Thiazi", das bedeutendste rechtsextremistische Internetforum im deutschsprachigen Raum. Die Polizei durchsucht Wohnungen und nimmt vier Verdächtige fest.


Mit einer Großrazzia sind Beamte des Bundeskriminalamtes (BKA) und Polizisten aus elf Bundesländern am frühen Donnerstagmorgen gegen die Betreiber des wichtigsten deutschen Neonazi-Internet-Forums, Thiazi.net, vorgegangen. Vier Beschuldigte, gegen die Haftbefehlen vorlagen, wurden festgenommen. Die federführende Staatsanwaltschaft Rostock ermittelt wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung.

Die Hauptbeschuldigten sind laut BKA ein 30-jähriger Erzieher aus Mecklenburg-Vorpommern und eine 30-jährige Hausfrau und Mutter aus Baden-Württemberg, laut SWR aus Untereisesheim bei Heilbronn. Die beiden sollen seit Jahren maßgeblich für das Thiazi-Forum verantwortlich sein; die Ermittlungen begannen laut BKA bereits 2009.

Nach Informationen dieser Zeitung könnte es sich bei den Beschuldigten um die als „Thiazi-Chef“ geltende Person mit dem Benutzernamen „WPMP3“ handeln sowie um „Fjörgyn“, die für die technische Infrastruktur zuständig ist. Über mögliche Kontakte zu rechtsextremen Organisationen oder Parteien wollte das BKA nichts sagen.

Insgesamt beschuldigen die Ermittler 26 Menschen im Alter von 22 bis 64 Jahren aus ganz Deutschland, auf Thiazi.net mehr als 2400 Liedtexte und 1400 Tonträger zum Download angeboten zu haben. Darin wird laut BKA regelmäßig zu Hass und Gewalt gegen Ausländer, Juden und Menschen anderer Hautfarbe aufgestachelt. Auch Holocaust-Leugnung und Verherrlichung des Nationalsozialismus finden sich in dem Forum, das rund 20000 registrierte Nutzer hat und auf Servern in den USA läuft. Am Nachmittag war Thiazi.net zumindest zeitweise nicht mehr erreichbar.

Wer sich für die nichtöffentlichen Foren der „germanischen Weltnetzgemeinschaft“ (Thiazi über Thiazi) registriert, muss Fragen nach seinen „Wurzeln“, dem „Stammesbild“ und der „Unterrasse“ beantworten, der er oder sie sich zugehörig fühlt. Das Spektrum der ausgetauschten Informationen reicht von banalen Basteltipps für Autos bis zu Schnittmustern für Hakenkreuzflaggen, von politischen Debatten („Anleitung zur legalen Holocaustleugnung“) bis zu Terminen für konspirative Rechtsrockkonzerte.

Durchsucht wurden am Donnerstag 24 Wohnungen und Geschäftsräume, die meisten in Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg. Auch eine Wohnung in Großbritannien erhielt Polizeibesuch. Die Beamten stellten Computer, Datenträger und Unterlagen auf Papier sicher.