Straßburgs Zentrum steht still - Stadtmitte wird zum NATO-Gipfel größtenteils gesperrt - Händler befürchten Umsatzeinbußen

Info | Ticker
Erstveröffentlicht: 
28.02.2009

Von ddp-Korrespondent Lilian AlemagnaStraßburg (ddp).

Elsässische Puppen, Postkarten und Schlüsselanhänger des Münsters müssen Anfang April weg von den Straßen-Verkaufstischen in der City von Straßburg. Nichts darf dort bleiben, wenn US-Präsident Barack Obama und die anderen Staatschefs am 4. April zum NATOGipfel kommen.

Aus Sicherheitsgründen soll die Umgebung des Straßburger Münsters - Herz der Stadt und ihres Tourismus - eine Sperrzone werden. «Ich denke, dass wir unsere Kneipe schließen werden», sagt Michelle Klog, Kellnerin der «Bar des 12 Apôtres», die sich 50 Meter vom Münstereingang findet. Schon am 2. April nachmittags sollen zwei Drittel der Stadtmitte von der Polizei gesperrt werden - und zwei andere Stadtteile Straßburgs teilweise. Die Regelung soll bis zum 4. April abends gelten. Hinein kommen sollen nur Anwohner und Personen, die in diesen Stadtteilen arbeiten. Bereits Ende Januar hatten alle Anwohner einen Brief erhalten, um sich so bald wie möglich bei der Polizei registrieren zu lassen. Sie werden sich dann nur mit Passierschein und Personalausweis in den Sperrzonen frei bewegen können. Das heißt: Kein Tourist darf rein, um Souvenirs zu kaufen oder einen Flammkuchen zu essen. Eine Verkäuferin der Rue Mercière ist darüber empört: «Wir arbeiten doch nicht für die Anwohner!» Wenn letztlich nur Obama eine Tischdecke bei ihr kaufen könne, «warum sollte ich den Laden dann öffnen?», fragt sie. Viele Ladenbesitzer klagen jetzt schon über bevorstehende Einnahmeausfälle. «Es wird einen enormen finanziellen Verlust geben», sagt Pierre Bardet, Generaldirektor der Vitrines de Strasbourg, der Vertretung der Händler. Er weist darauf hin, dass der Umsatz eine Woche vor Ostern sehr wichtig ist. Jedes Geschäft dürfte nach Händlerangaben zwischen 2000 und 3000 Euro verlieren. Bis zu 10 000 Euro dürften es für den Tabakladen an der Rue du Vieux marché aux Poissons sein. Die Stadt hat schon klar gemacht, dass niemand entschädigt wird; den Läden wird aber erlaubt, am Sonntag nach dem Gipfel zu öffnen. «Das ist zwar nett, aber ich habe schon jeden Sonntag auf», erläutert der Tabakladen-Besitzer Gilles Trastour. Obwohl die Stadt bereits zwei öffentliche Sitzungen zum NATO-Gipfel veranstaltet hat, klagen die meisten Händler über einen Mangel an Informationen. Sie möchten wissen, warum die Zone, in der sie ihren Laden haben, gesperrt werden muss, während die Konferenzen der Staatsgäste doch in einer Kongresshalle im Norden Straßburgs stattfinden werden. Offenbar ist jedoch auch ein Essen von Delegationen beim Palais des Rohans in der Innenstadt und ein Besuch des nahegelegenen Münsters geplant. Nur die Hotels freuen sich ohne Einschränkungen auf die NATO-Veranstaltung. Beide Drei-Sterne- Häuser, die sich in der Nähe des Münsters befinden, sind voll belegt. «Meine 50 Zimmer sind alle für die Vertreter der NATO-Delegationen reserviert», erklärt Alain Cézard, Besitzer des Hotel de la Cathédrale. «Wir verstehen, dass einige Händler wegen der Nachteile verärgert sind», sagt Robert Herrmann, der stellvertretende Bürgermeister von Straßburg. Der Verantwortliche für die Organisation der NATO-Veranstaltung betont aber auch: »Mit diesem Gipfel wird das Bild Straßburgs in die ganze Welt ausstrahlen. Wir erwarten 3500 bis 4000 Journalisten. Das ist eine absolut außergewöhnliche Werbeaktion für unsere Stadt.« Jean Laurent, Leiter einer Souvenir-Boutique auf dem Münsterplatz, ist damit jedoch nicht einverstanden. Er ist sich sicher, «dass niemand Lust hat auf eine Stadt, deren Herz kein Leben zeigen wird».