Burschenschaft aus Jena kritisiert Burschenschafts-Treffen

Erstveröffentlicht: 
30.05.2012

Am Sonntag findet der Burschentag in Eisenach statt, an dem sich die Mitglieder der Deutschen Burschenschaft, bestehend aus 120 Vereinen, treffen. Kritik an der Veranstaltung wird jedoch nicht nur von außen geäußert, sondern auch von Burschen selbst.


Eisenach/Jena. Eher zufällig wurde Remo Pietrzyk ein Bursche. Er habe zu Beginn des Wintersemesters 2010 eine Wohnung in Jena gesucht. Und die Burschenschaft Teutonia habe ihm eine in ihrem Wohnheim angeboten. Am Anfang sei er skeptisch gewesen. "Ich hatte ja keine Ahnung davon. Ich hab' mir das so vorgestellt wie in amerikanischen Collegefilmen. Ich dachte, es sei so ein Eskalationsverein mit komischen Ritualen", sagt der 24-Jährige. Dass die Realität ganz anders sei, habe er allerdings schnell gemerkt. Inzwischen hat der FH-Student das Sprecheramt bei Teutonia Jena inne. Vom Sinn des Burschen-Daseins, in dessen Zentrum er den Gemeinschaftsgedanken sieht, ist er fest überzeugt. Trotzdem nehmen weder er noch sonst ein Vertreter von Teutonia an dem Burschentag in Eisenach teil. Die Veranstaltung wird auch von vielen Burschen kritisch gesehen. Bis zu 800 Burschen aus Deutschland und Österreich werden sich nach Angaben der Deutschen Burschenschaft (DB) bis Sonntag auf der Wartburg zu dem traditionellen Treffen versammeln. Der Verband mit seinen 120 Mitgliedsvereinen ist die größte Burschenvereinigung im deutschsprachigen Raum.

Der Burschentag ist seit Jahren umstritten. 2011 war es vor allem die Forderung aus Teilen der Deutschen Burschenschaft, einen Abstammungsnachweis Kritiker sprachen von einem "Arier-Nachweis" zur Voraussetzung für die Mitgliedschaft in einer Burschenschaft zu machen, die das Treffen überschattete. Wie eine Sprecherin der Stadt Eisenach sagte, ist auch in diesem Jahr parallel zum Burschentag eine Gegendemonstration mit 300 Teilnehmern angemeldet worden. Außerdem werde kein städtischer Vertreter an dem Treffen teilnehmen.

Die Debatte um den Abstammungsnachweis bestätigt Pietrzyk in seiner Kritik an der DB. Und sie bekräftigt ihn in seiner Auffassung, es sei für Teutonia Jena richtig gewesen sei, den Verband 2006 zu verlassen. Erst am Dienstag hatten mehrere Burschenschafter innerhalb der Deutschen Burschenschaft eine Auflösung des Verbandes gefordert, wenn es keine Reformen gebe. In einer Mitteilung der Initiative Burschenschafter gegen Neonazis hieß es: "Die DB duldet, fördert und finanziert rechtsextreme Burschenschafter im Dachverband. Schlüsselstellen des Verbandes sind seit langem mit rechtsextremen Burschenschaftern besetzt."

Pietrzyk sagt, seit dem Austritt aus dem Verband lade seine Verbindung gemeinsam mit den beiden anderen Jenaer Burschenschaften Germania und Arminia jedes Jahr am 3. Oktober liberale Verbindungen innerhalb und außerhalb der DB ausdrücklich aber nicht die Burschenschaftliche Gemeinschaft zu sogenannten Deutschlandgesprächen nach Jena ein.

Dabei werde unter anderem der Stellenwert des Wahlspruchs der Burschenschaften "Ehre-Freiheit-Vaterland" in der heutigen Zeit diskutiert. Traditionspflege, sagt er, sei wichtig. Aber es gehe um eine ausgewogene und an die Moderne angepasste Tradition und nicht um stures Beharren auf alten Wertvorstellungen.

Sebastian Haak/dapd / 30.05.12 / OTZ